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Die Trauer der Welt um den Papst

Die Szenen auf dem Petersplatz während der Todesstunden und der Beisetzung des Papstes haben gezeigt, das Johannes Paul II. vor allem ein Papst der Jugend war. Viele junge Menschen kamen, um sich von Karol Wojtyla zu verabschieden. Vor dem Petersdom versammelten sich Menschen aus aller Welt.

Von Karl Hoffmann | 08.04.2005
    Freitag 1. April 19.00 Uhr. Die große Uhr an der linken oberen Ecke des Petersdoms schlägt die Abendsstunde. Langsam wird es dunkel, auf dem riesigen von den Kolonnaden eingerahmten Platz finden sich spontan Gläubige ein. Sie haben in den Nachrichten von einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustands von Johannes Paul II gehört. Es sind Menschen jeden Alters, einige zufällige Besucher, Schwestern Jugendliche. Sie beten den Rosenkranz. Im obersten Stockwerk des apostolischen Palastes sind das zweite und das dritte Fenster von links hell erleuchtet. Dort, so vermuten die Gläubigen, ringt der Papst mit dem Tod. Manche glauben gar, er sei bereits gestorben. Um halb neun beginnt das allgemeine Beten und Singen. Viele gehen nach Mitternacht nach Hause, andere kommen und bleiben bis in die Morgenstunden. Alle hoffen auf ein Wunder, die meisten wissen, dass es vergebens ist. Am Samstag überschlugen sich den ganzen Tag über die Gerüchte, aus dem Vatikan drangen nur wenige Einzelheiten. Die bangende Menge auf dem Petersplatz nahm beständig zu. Meistens Römer, die Erfahrung haben mit dem Ableben des Pontifex. In der Via della Conciliazione, der breiten Zufahrtsstraße vom Tiber zum Vatikan, herrschte emsiges Kommen und Gehen, als der italienische Rundfunk die Nachricht vom Tod Karol Wojtylas verbreitete. Heute, Samstag, 2. April um 21.37 hat der Herr den heiligen Vater Johannes Paul II zu sich gerufen, so lauten die wenigen Zeilen, die der Vatikan der Weltöffentlichkeit verkündet hatte. Diejenigen, die den Petersplatz gerade verlassen hatten, kehrten schleunigst wieder um.

    "Haben Sie schon gehört, dass der Papst gestorben ist? Wann wurde das bekannt gegeben? Jetzt gerade. Wir waren soeben auf der Piazza. Und ich hab noch gesagt, bevor ich nicht zu ihm gegangen bin, durfte er nicht sterben, genau so ist es. Grade habe ich’s zu meinem Mann gesagt. Bevor ich nicht bei ihm war, konnte er nicht sterben. Wir haben noch das letzte Kommunique gehört, dass es ihm immer schlechter ging. Es ist gut, dass er nicht mehr leiden muss."

    Ein paar Minuten später wird den inzwischen Zehntausenden von wartenden Menschen auf dem Petersplatz die Todesnachricht verkündet.

    Spontan klatschen die Menschen Beifall.

    Das war der Auftakt für einen immensen Strom von Pilgern, wie ihn Rom in seiner über 2000-jährigen Geschichte noch nicht erlebt hat. Am Sonntagmorgen zum Trauergottesdienst war die Menschenmenge bereits auf weit über 100.000 Personen angewachsen. Aber auch dies sollte nur ein unbedeutender Vorgeschmack auf die kommenden Tage sein. Medienvertreter aus aller Welt, die sich zum Teil bereits seit Jahren auf dieses Ereignis vorbereitet hatten, begannen hektisch mit ihrer Arbeit.

    Auf zahlreichen Terrassen rings um die Kuppel von Sankt Peter wurden Sonnendächer errichtet, Scheinwerfer installiert und Kameras aufgebaut. Die Non-Stopp-Berichterstattung über das Medienereignis des neuen Jahrtausends hatte begonnen. Der einst so fotogene Papst, der sich bis zuletzt ohne Scham, seit langem von Krankheit gezeichnet und hilflos stumm der Weltöffentlichkeit gezeigt hatte, war im Tode zur prominentesten Persönlichkeit auf Erden geworden.

    Etwa 5000 Journalisten arbeiten seither in Rom, vor allem die amerikanischen Networks sind mit einem enormen technischen und personellen Aufwand vertreten, um jede Sekunde dieses publikumsträchtigen Ereignisses so hautnah wie möglich mitzuerleben, und sind dabei doch oft sehr hilflos. Die schwierige Balance zwischen Pietät und Publicity wird nämlich weitgehend vom Vatikan gesteuert. Bilder und Töne aus dem inneren Bereich des Kirchenstaates kann kein Außenstehender bekommen.

    Der Papst auf dem Sterbebett, die letzte Ölung - dafür würden immense Summen bezahlt werden, doch der Vatikan kann auf solchen Sensationshunger verzichten. Man hat Übung darin, die allzu neugierige Weltöffentlichkeit fernzuhalten. Regeln und Rituale, oft viele Jahrhunderte alt, bestimmen den Lauf der Kirche, die sich wie ein breiter Fluss ihren Weg durch die Jahrhunderte bahnt, auch im Zeitalter der Satellitenübertragung. 26 Seiten ist das Regelwerk lang, in dem genau festgelegt ist, was in der Zeit nach dem Tod eines Papstes geschehen muss. Die so genannte Sedisvakanz – der leere Papstthron - ist ein kritischer Moment für die riesige Organisation der Katholiken. Es müssen die laufenden Geschäfte weitergeführt, der gewaltige Vermögensbestand erhalten, und vor allem ein neuer Papst gefunden werden.

    Viele alte Riten wurden abgeschafft. Die Methode, den Tod mit leichten Schlägen eines Hämmerchens auf die Stirne fest zu stellen, gehört ebenso der Vergangenheit an wie die Einbalsamierung des Leichnams, dem eine Entfernung der inneren Organe vorausging. Dem Verstorbenen wird der Fischerring abgezogen und zusammen mit dem bleiernen Siegel vernichtet, das alle seine Schreiben beglaubigt hat. Mit dem Tod des Papstes treten beinahe sämtliche Leiter der römischen Kurie zurück. Es bilden sich zwei kleine, ständig wechselnde Gruppen von Kardinälen, die die Verwaltung besorgen, die Trauerfeier ausrichten und schließlich auch die Vorbereitungen zum Konklave treffen.

    Normalerweise wird ein Papst drei bis fünf Tage nach seinem Tod beerdigt. Er wird zuvor im Petersdom aufgebahrt, damit die herbei geeilten Gläubigen Abschied nehmen. Von ihm dürfen ohne Erlaubnis keine Fotos und Filmaufnahmen gemacht werden. Der Tod Johannes Pauls II sprengte dank seiner Wirkung auf die Menschen auch das strenge kirchliche Ritual. Schon Anfang der Woche herrschte Alarmstufe Rot bei den Verantwortlichen im Vatikan, im römischen Innenministerium und in der Stadtverwaltung. Denn aus sämtlichen Regionen Italiens strömten die Menschen nach Rom, man sah auch einige Amerikaner, zahlreiche Spanier, aber vor allem Polen, die sich massenhaft auf den Weg Richtung Süden begeben hatten.

    Sebastian kommt aus Kattowitz. Er ist am Montag mit seinem Auto nach Italien gefahren, hat sich dann mühsam bis ins römische Stadtzentrum vorgekämpft und am Dienstag in die lange Menschenschlange eingereiht. 12 Stunden lang hat er dann Meter um Meter den gewunden Weg in den Petersdom hinter sich gebracht, um dann endlich am frühen Mittwochmorgen einen kurzen Blick auf den Leichnam Johannes Pauls II werfen zu dürfen. Dabei erhielt er eine Lektion zum Thema andere Länder, andere Sitten:

    "Bei uns in Polen laufen in allen Medien, zum Beispiel im Radio und so weiter, nur die traurigen Lieder. Und als wir im Vatikan angekommen sind, wir sind 18 Stunden gefahren, sind in ganz Italien und gerade im Vatikan auch, im Radio und so weiter alle froh und die Lieder sind so wie immer. Das ist witzig: Bei uns sind alle traurig und hier sind alle zufrieden. "

    Viele Regeln sind bei dieser Massenveranstaltung außer Kraft gesetzt worden. Die Beisetzung des Papstes wurde um drei Tage hinausgezögert. Die Peterskirche blieb seit Beginn der Woche bis auf eine kurze Unterbrechung in den frühen Morgenstunden rund um die Uhr geöffnet. Der nicht zu fotografierende Leichnam des Pontifex wurde dank moderner Technik und entgegen archaischer Vorschriften hunderttausende Mal von Video-Handies abgeblitzt. Und auch das ungeschriebene Gesetz, wonach ein Römer sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, kam ins Wanken. Der Chef des Krisenstabes Guido Bertolasso bekam es angesichts der Völkerwanderung ins verwinkelte Rom mit der Angst zu tun.

    "Es gab Augenblicke, da waren wir in großer Sorge, die Menschen waren unglaublich müde, manche hatten bis zu 20 Stunden in der Schlange gestanden und waren mit den Nerven am Ende, und da genügte nur wenig, dass Panik ausbrach. Ich habe mit eigenen Augen ganze Familien gesehen mit kleinen Kindern, um die haben wir uns natürlich besonders Sorgen gemacht. Fast tausend Einsätze verzeichneten die Sanitäter alleine am Mittwoch. Panikanfälle, Zusammenbrüche, Menschen am Ende ihrer Kräfte."

    Die Polizei sperrte schließlich die Zugänge zum Vatikan, da gab es zwar Unmut, aber wenigstens entspannte sich die Situation noch rechtzeitig vor dem Höhepunkt der Trauerfeierlichkeiten. Gestern waren noch Tausende von Helfern im Einsatz, um die Tonnen von Müll zu beseitigen, die der Massenansturm hinterlassen hat. Und natürlich um in aller Eile die umfassendsten Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die die Ewige Stadt je erlebt hat. Denn nicht nur für die Pilger war Johannes Paul II ein großer Mann

    "Es ist ihm gelungen, viele Religionen Ideologien und Prinzipien zu einen. Das wird man ja auch bei der Beerdigung sehen, daran wird man seine Bedeutung auf internationaler politischer Ebene ablesen können."

    Noch nie zuvor waren so viele hochrangige Politiker und Herrscher aus aller Welt vereint. Der erste war US - Präsident George Bush, der zusammen mit Vater und Vorgänger Clinton schon am Mittwoch zu einer zehnminütigen Stippvisite am Leichnam des Papstes war, eskortiert von 50 Fahrzeugen. Um den 165 Delegationen ein sicheres Geleitet von den einzelnen Residenzen in den Vatikan zu garantieren, darf heute den ganzen Tag kein einziges Privatauto fahren.

    Und weil sowieso schon alles lahm gelegt ist, bleiben auch die Schulen, die Museen und die Behörden geschlossen. Den Privatleuten empfahl der Bürgermeister ebenfalls, am besten zuhause zu bleiben. Aber für mehrere zehntausend Polen kam der Appell zu spät. Sie hatten sich bereits in Marsch gesetzt. Ein Teil von ihnen belagerte den Vatikan entlang der Absperrungen, in Schlafsäcken warteten sie Stunden, um bei Tau und Tag noch einen unter den 300.000 Zuschauerplätzen auf dem Petersplatz zu bekommen. Andere kamen nicht mal mehr in die Nähe des Vatikans. Die italienischen Behörden zeigten besonderes Verständnis für die national-religiöse Welle aus dem Norden.

    Wir werden den Polen natürlich weiterhelfen, damit sie von ihrem Aufenthalt etwas haben, leider können sie nicht mehr auf den Petersplatz. Aber wir werden sie unterbringen auf den Zeltlagern, die wir aufgebaut haben. Ganz Rom war heute eine gewaltige Kirche. Auf 27 Großbildschirmen, überall in der Stadt verteilt, wurden die über dreistündigen Trauerfeierlichkeiten übertragen. Man schätzt, dass sich heute die Bevölkerung Roms fast verdoppelt hatte.
    Was auffiel, waren die Jugendlichen, die aus dem traurigen Ereignis ein beinahe fröhliches Beisammensein gestalteten, ein Weltjugendtag aus besonderem Anlass, und kein vatikanischer Würdenträger entrüstete sich mehr über Gitarrenklänge auf dem Petersplatz, über junge Pärchen, die in Schlafsäcken zwischen den Säulen des Petersplatzes übernachteten, über Rucksäcke und Rollenkoffer, die da im Schlepptau ihrer Besitzer durch den Petersbasilika wanderten. Karol Woytila war vor allem ein Papst der Jugend – trotz aller Widersprüche.

    "Er hat seine Pflicht als Stellvertreter Christi erfüllt, er war der Garant des katholischen Glaubens. Und er hat gut daran getan, eine strenge Ordnung aufrecht zu erhalten. Für uns war er aber mehr, eine charismatische Figur. Wir waren durchaus mit allem einverstanden, was er sagte, es zu leben war dagegen oft schwierig. Aber das ist keine Frage des Papstes, sondern der Doktrin gewesen."

    Meint Gerolamo aus Cagliari. Und seine Freundin Giovanna Maria fügt hinzu:

    "Mit uns konnte er einfach gut umgehen. Er war einfach faszinierend. Und die Art und Weise, wie er seine für uns Jugendlichen manchmal schwierigen Moralvorstellungen predigte, hat niemals Schuldgefühle aufkommen lassen. Er hat uns aus dem Herzen gesprochen. Und seine Ermahnungen waren die eines Vaters gegenüber seinen Kindern. Nicht einmal die rigide Haltung gegenüber Frauen in der Kirche ist ein Stein des Anstoßes."

    "Die Rolle der Frau geht so, wie sie heute ist, völlig in Ordnung. Christus war ein Mann und deshalb sollen die Männer seine Aufgabe weiterführen. Die Frauen sollen bei ihrer Rolle als Schwestern, Nonnen oder Mütter bleiben. "

    Paola aus Pisa glaubt, dass Wojtyla die Frauenrolle gar aufgewertet hat:

    "Er hat die Bedeutung der Jungfrau Maria betont. Das ist meiner Meinung nach eine enorme Bestätigung für die Rolle der Frau. Die Jungfrau Maria ist die zentrale Frauenfigur. Im Übrigen folgt jeder Religion nach seiner eigenen Vorstellung. Und dann kann immer noch Entscheidung, ob er dabei bleibt. Wer nicht damit einverstanden ist, kann ja gehen. Die Religion ist keine ärztliche Verordnung, sondern eine Frage des Glaubens."

    Cristiana, eine junge Frau aus dem fernen Apulien, hat einen sechs Monate alten Sohn. Den hat sie zuhause bei der Schwiegermutter gelassen, um dem Papst die letzte Ehre erweisen zu können. Er sei ein guter Papst gewesen, meint sie, einen oder zwei Tage für ihn zu opfern, sei das Mindeste. Cristiana ist in vielen Dingen nicht mit dem Papst einverstanden gewesen. Zum Beispiel in Fragen der Abtreibung.
    "In meiner Generation kann man einfach nicht gegen die Abtreibung sein, zumindest in bestimmten Fällen. Oder auch die künstliche Befruchtung oder die Frage der Genforschung mit Stammzellen. Die Wissenschaft macht da wichtige Fortschritte. Das zu verbieten ist falsch. Andererseits kann ein Kirchenmann wie der Papst nicht gegen die Prinzipien der Kirche handeln, Prinzipien, die außerhalb der Ratio liegen. Wenn die religiösen Vorschriften es verbieten, Empfängnisverhütungsmittel zu benützen, dann kann der Papst doch nicht das Gegenteil verkünden."

    Und ein Verstoß gegen solche Vorschriften?

    "Das ist heute keine Todsünde mehr. Die Kirche hat eine Menge Fortschritte gemacht. Und dieser Papst hat die Horizonte enorm erweitert."

    Kein Zweifel, Papst Johannes II wurde von vielen als doppelte Figur gesehen. Einerseits als Mann der Kirche, als Hüter strenger Regeln und allmächtiger Führer einer weltumspannenden Organisation, andererseits aber auch als Partner, als verständnisvolle Vaterfigur, ja oft sogar als jemand, der, wenn er nicht Papst geworden wäre, ein toller Mann, Familienvater, Sportler, Sänger oder gar ein berühmter Schauspieler hätte werden können - kurz ein Idol. In jedem Fall ist er ein große historische Figur und das nicht nur für gläubige Katholiken. Jonathan kommt aus New York.

    "Ich bin eigentlich kein Christ, sondern gekommen, weil dies ein bedeutender historischer Augenblick ist. Er war eine der wichtigsten Persönlichkeit auf Erden. Das Christentum ist die größte Religion auf der Welt. Ein historischer Augenblick, der die ganze Welt betrifft."

    Applaus begleitet den rohen Holzsarg, als er heute morgen kurz nach zehn Uhr aus der Basilika auf den Kirchplatz getragen wurde. Wieder waren über 300.000 zusammengekommen, diesmal aber auch Staats- und Regierungschef, Majestäten und Kirchenführer aus aller Welt. Zeichen für die Welt umfassende politische Rolle, die Johannes Paul II in seiner fast 27jährigen Amtszeit gespielt hatte. Besonders stark beachtet: Georg Bush und seine beiden Vorgänger Bill Clinton und Bush Senior. Ersterer hatte nicht das beste Verhältnis zum Papst. Der Krieg im Irak war eindeutig verurteilt worden.

    Johannes Paul II hat sich gerade auch bei jungen Leuten einen Namen gemacht als Verkünder und Verteidiger des Friedens. Beweis dafür waren in all den vergangenen Tagen die vielen Friedensfahnen und nicht zuletzt die kurzen Pfiffe auf der Piazza San Pietro, als George Bush für Sekunden auf den Großbildschirmen zu sehen war.

    Den Gottesdienst leitete Joseph Kardinal Ratzinger, nicht etwa weil er als Papabile, als möglicher Nachfolger gilt, sondern wegen seiner Stellung als Dekan des Kardinalskollegiums. Auch er erntete Applaus, als er nach allen Würdenträgern dann speziell die Jugendlichen begrüßte:

    "Ich begrüße die Bischöfe, die Geistlichen Kirchenvertreter und Gläubigen aus aller Welt, die hier zusammengekommen sind. Mein besonderer Gruß gilt den Jugendlichen, die Johannes Paul II als die Zukunft und die Hoffnung der Kirche bezeichnete."

    Noch ein Applaus ertönte, als der deutsche Kurienkardinal den Gläubigen mit einem sehr einfachen Bild förmlich aus dem Herzen zu sprechen schien.

    "Wir können sicher sein, dass unser geliebter Papst jetzt am Fenster des Hauses Gottes steht, auf uns blickt und uns segnet. "

    Santo, santo rief die Menge im Chor, wie in früheren Jahrhunderten. Der Papst, der heute in der Gruft unterhalb des Kirchenschiffs von Sankt Peter beigesetzt wurde, wird nicht lange an dieser Stelle ruhen. Santo, heilig muss er sein – laut ertönten die Sprechchöre über den Petersplatz, es scheint, als sei bei so viel Volkes Wille der Vollzug eine Frage der Zeit. Im Augenblick der Beisetzung waren nur noch wenige zugegen: die Familie, wie sie genant wird, die Handvoll Kardinäle, der Sekretär und die wenigen Menschen, die Johannes Paul II im Vatikan besorgt hatten.

    Vor allem keine Fernsehkamera mehr: ein Zeichen vielleicht dafür, das nun die Ära Karol Wojtyla ein für alle mal zu Ende ist. Wird der neue ein Medienstar werden oder ist jetzt Zurückhaltung der neue Kurs des Vatikans?

    Am Montag in einer Woche beginnt das Konklave, 115 Kardinäle unter 80 wählen einen neuen Papst. Vieles hat sich verändert seit dem letzten Mal 1978. Statt wie früher in Behelfskammern in der Umgebung der Sixtinischen Kappelle zu hausen, werden die Kardinäle jetzt in dem neu erbauten Gästehaus Santa Martha im Südteil des Vatikans untergebracht. Sie müssen sich auch nicht mehr in der Sixtinischen Kapelle einsperren lassen sondern dürfen sich zumindest im Vatikan frei bewegen. Verboten ist es, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Mit Hilfe kompetenter Personen sollen, so wörtlich in den vatikanischen Vorschriften, Kontrollen durchgeführt werden, damit in jenen Räumen nicht auf heimtückische Weise audiovisuelle Hilfsmittel zur Wiedergabe und Übertragung nach außen installiert werden, in denen man um die Wahl des Nachfolgers ringt. Und wen wünschen sich die Papaboys?

    "Ich hoffe es wird einer aus Lateinamerika Ich bin für Ratzinger. Oder Scola, den Patriarchen von Venedig. Ja, Ratzinger gefällt mir ausgesprochen gut, allerdings hat er wenige Chancen, weil er schon zu alt ist. Ein Südamerikaner oder ein Afrikaner wären ideal, weil sie Ausdruck der weltweiten Verbreitung der katholischen Kirche sind."