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Die Unterdrückung der Pressefreiheit in Simbabwe

In Simbabwe vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Journalist verhaftet wird - so beschreibt Maxwell Sibanda die Lage der Pressefreiheit in seiner Heimat. Der 36-jährige hat bis September letzten Jahres als Kulturredakteur bei der bisher einzigen privaten Tageszeitung in Simbabwe gearbeitet, der Daily News.

Von Thomas Mösch | 07.06.2004
    Du schickst Reporter raus zum Recherchieren und sie kommen nicht wieder. Dann rufen sie dich an: "Wir sind verhaftet worden und sitzen auf der Polizeiwache". Dann muss du dich um einen Anwalt kümmern. Mehrfach hat die Polizei Kollegen auch aus der Redaktion abgeholt.

    Am 12. September rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an, beschlagnahmte die Computer und schickte die Redakteure nach Hause. Der Oberste Gerichtshof hatte entschieden, dass die Daily News illegal arbeitete. Die Eigentümer wollten keine Lizenz beantragen, weil sie das seit 2002 geltende repressive Pressegesetz ablehnten. Demnach muss sich jede Zeitung und jeder Journalist bei der staatlichen Medienkommission registrieren lassen.

    Neben dem Pressegesetz nutze die Regierung vor allem das Gesetz über die öffentliche Sicherheit, um Journalisten zu drangsalieren, berichtet Maxwell Sibanda.

    Meistens werden Journalisten verhaftet, wenn sie über Kundgebungen der Oppositionsparteien berichten wollen. Dann werden sie nach dem Sicherheitsgesetz verhaftet. Es heißt dann, sie hätten sich an einer nicht genehmigten Versammlung beteiligt.

    Meistens behält die Polizei Journalisten nur kurz in Haft, erzählt Sibanda. Auf der Wache würden sie bedroht, eingeschüchtert und dann wieder freigelassen. Zum Prozess komme es fast nie.

    Goswin Baumhögger vom Institut für Afrikakunde in Hamburg will die Regierung trotzdem nicht allein für die Situation verantwortlich machen. Seit der Unabhängigkeit 1980 habe die Presse dort immer relativ frei von Einschränkungen arbeiten können. Diese Freiheit hätten einige Zeitungen in der sich seit Ende der 90er Jahre zuspitzenden innenpolitischen Konfrontation genutzt, um die Regierung über jedes erträgliche Maß hinaus zu diffamieren. Es sei notwendig gewesen, diesen Wildwuchs zu beschneiden.

    Was da raus gekommen ist, ist ein haarsträubendes Gesetz mit sehr vielen Paragrafen, die zum Teil auch wieder geändert worden sind, wo keiner so richtig weiß, welcher nun gilt, was sehr, sehr viele Restriktionen hat, was aber erklärbar ist durch diesen außerordentlich scharfen Kampf gegen eine - ich sag es in aller Deutlichkeit - unverantwortliche Presse, die mit schluderhaft recherchierten Berichten jahrelang Falschmeldungen verbreitet hat - ob nun vorsätzlich oder nicht, sei mal dahingestellt - und das Image des Landes nachhaltigst beschädigt hat.

    Regierungspropaganda hier - Kritik um jeden Preis dort: Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans Büttner, selbst Journalist und seit langem Beobachter der Region, war bei seinem letzten Besuch erschrocken darüber, wie sehr die Presse in Simbabwe zum Teil des politischen Machtkampfes geworden sei. Er habe sich an die Weimarer Republik erinnert gefühlt.
    Maxwell Sibanda hingegen wirbt um Verständnis für seine Kollegen. Sie hätten oft keinen Zugang zu offiziellen Informationsquellen.

    Die Zeitung muss sich ja verkaufen. Man braucht heiße Stories, Enthüllungen. Aber jede Story hat ihre Quelle. Eine solche Quelle kann einen auch mal täuschen. Man muss natürlich bedenken, dass sich eine Geschichte als falsch herausstellen kann. Aber das sind Einzelfälle. Und ohne diese Quellen können wir nicht arbeiten.

    Korruption und Menschenrechtsverstöße seien überall in Afrika wichtige Themen. Natürlich stünde die Regierung da meist im Zentrum der Kritik.

    Reporter ohne Grenzen und Amnesty International werten die Schließung der Daily News als traurigen Höhepunkt einer gegen die gesamte kritische Presse gerichteten Kampagne der Regierung von Präsident Robert Mugabe. Der Afrikawissenschaftler Baumhögger wirft dem Verleger der Daily News dagegen vor, seine Entscheidung, das Blatt nicht zu registrieren, sei eine bewusste Provokation gewesen - auf Kosten der Angestellten. Dabei habe das Land eine regierungsunabhängige Tageszeitung dringend nötig.

    Man wollte auf Biegen und Brechen vorführen, wie schlimm diese Regierung ist, ist jetzt aber am anderen Ende angelangt, dass es selbst an die Substanz dieses Konzerns und dieser Zeitung gegangen ist; sie haben ja ihre Leute entlassen müssen.

    In der Folge wurde auch Maxwell Sibanda arbeitslos. Seit kurzem lebt der Kulturjournalist nun auf Einladung von Reporter ohne Grenzen und der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte in Deutschland. Er hat ein Stipendium für 12 Monate und will die Zeit nutzen, um ein Buch darüber zu schreiben, wie die Regierung Mugabe die Musik für ihre Propaganda-Zwecke einsetzt.