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Einreiseverbot für US-Abgeordnete
Trump twittert, Netanjahu handelt

Die zwei muslimischen Abgeordnete des US-Kongresses Ilhan Omar und Rashida Tlaib dürfen nicht nach Israel einreisen. Präsident Donald Trump hatte dies vorher in einem Tweet indirekt gefordert. Dafür erntet er heftige Kritik von Demokraten und von jüdischen Verbände in den USA.

Von Thilo Kößler | 16.08.2019
Ilhan Omar und Rashida Tlaib sitzen nebeneinander
Ilhan Omar und Rashida Tlaib - abermals im Fokus von Trumps Tweets - sie seien anti-israelisch und anti-jüdisch, so der US-Präsident. (AP)
Ein Staats- und ein Regierungschef in der Kritik: Der eine, weil er Außenpolitik via Twitter betreibt und den israelischen Premier quasi anwies, zwei Abgeordnete des US-Kongresses nicht nach Israel einreisen zu lassen. Der andere, weil er eine Stunde nach Trumps Tweet eine politische Kehrtwende vollzog und der Order des amerikanischen Präsidenten prompt stattgab. Es sei ein Zeichen der Schwäche, falls Benjamin Netanjahu die beiden Abgeordneten ins Land ließe, hatte Trump getwittert.
Ilhan Omar und Rashida Tlaib, die ersten muslimischen Abgeordneten im US-Kongress, hassten Israel und alle Juden, erklärte Trump. Und es gebe nichts, was zu sagen oder zu tun wäre, um ihre Meinung zu ändern.
Obwohl Israels Botschafter in Washington noch im Juli erklärt hatte, dass ausnahmslos alle Mitglieder des Kongresses in Israel willkommen seien, verkündete Netanjahu jetzt: Wer für den Boykott Israels werbe, dürfe nicht ins Land. Tatsächlich gelten Omar und Tlaib als Unterstützerinnen der Boykottbewegung BDS und als Kritiker der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Doch sie hätten niemals davon gesprochen, Israel und alle Juden zu hassen, das sei schlicht eine Lüge, erklärte die demokratische Abgeordnete Madeleine Dean.
Behandlung der Palästinenser furchterregend
Doch Trump blieb bei seiner Darstellung. Gegenüber Reportern erklärte er, diese beiden Abgeordneten seien so anti-israelisch und so anti-jüdisch, dass jeder andere, der sich angeblich so geäußert habe wie sie, schwer dafür büßen müsste.
Omar und Tlaib wollten Jerusalem und das Westjordanland besuchen und sich ein Bild von der Notlage der Palästinenser dort machen. Tlaib wollte zudem ihre palästinensische Großmutter besuchen, die in der Westbank lebt. Sie schrieb in einem Tweet, ihre Enkelin daran zu hindern, zu Besuch zu kommen, sei ein Zeichen der Schwäche. In Wahrheit sei das, was mit den Palästinensern geschehe, furchterregend.
Ilhan Omar schrieb in einer Erklärung, dass das Einreiseverbot eine Beleidigung demokratischer Werte sei und eine eiskalte Antwort auf den Besuch von Offiziellen einer verbündeten Nation.
Einreisebann mache Israel schwächer, nicht stärker
Nachdem beide Abgeordnete der demokratischen Fraktion angehören, reagierten die Demokraten ausnahmslos empört. Der Abgeordnete Ro Kanna nannte den Beschluss, die beiden gleichberechtigten Mitglieder des US-Kongresses nicht einreisen zu lassen, eine Beleidigung für das ganze amerikanische Volk.
Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Amy Klobuchar erklärte, der Einreisebann mache Israel schwächer, nicht stärker. Klobuchar griff auch Trump an und erklärte, er exportiere seine Intoleranz – sie sei im übrigen froh, dass sich die großen jüdischen Verbände in den USA gegen den Beschluss Netanjahus ausgesprochen hätten.
Tatsächlich hatten sich sowohl das Simon Wiesenthal Zentrum wie die Organisation AIPAC kritisch geäußert. Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, attestierte der Regierung Netanjahu ebenfalls politische Schwäche – sie bleibe hinter der Würde des großartigen Staates Israel zurück, erklärte sie.
Debatte über Trumps Rassismus
Senator Chuck Schumer forderte die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung zu revidieren. Er äußerte die Besorgnis, dass die vorbehaltlose Unterstützung der Vereinigten Staaten für Israel Schaden nehmen könnte.
Trumps jüngste Äußerungen, so hieß es, hätten erneut auch eine rassistische Dimension. Ilhan Omar und Rashida Tlaib gehörten zu den vier Abgeordneten der Demokraten – allesamt "Women of color" - , die Donald Trump unlängst ins Visier genommen hatte und damit eine heftige Debatte über seinen persönlichen Rassismus und die Wirkung seiner Hass-Botschaften auslöste. Trump hatte den vier Demokratinnen ans Herz gelegt, dorthin zurückzukehren, wo sie hergekommen seien. Dies, obwohl alle vier amerikanische Staatsbürger sind und drei von ihnen in den USA zur Welt kamen.