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Die W-Besoldung von Professoren vor dem Verfassungsgericht

Mit der Einführung der sogenannten W-Besoldung wurde ab 2005 das Grundgehalt für Hochschulprofessoren um 25 Prozent abgesenkt, der Rest sind flexible Bestandteile wie Leistungszulagen. Die deutsche Wissenschaft sollte dadurch wettbewerbsfähiger werden. Doch nun wird dagegen geklagt.

Von Michael Brandt | 11.10.2011
    Die Fronten bei diesem Verfahren vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts waren klar: auf der einen Seite der Kläger Professor Bernhard Roling von der Uni Gießen, sein Prozessbevollmächtigter, darüber hinaus aber auch Hochschulrektorenkonferenz, Hochschullehrerbund und Hochschulverband, die die W-Besoldung mindestens kritisch sehen, wenn nicht für klar verfassungswidrig halten.
    Faktisch wurde mit der Einführung dieser Besoldung ab 2005 das Grundgehalt für Hochschulprofessoren um 25 Prozent abgesenkt, der Rest sind flexible Bestandteile wie Leistungszulagen. Das Ziel sollte damals sein, so der SPS-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz, die deutsche Wissenschaft wettbewerbsfähiger zu machen.

    "Es war ein Reformgesetz. Es ging nicht darum, den Professoren Geld wegzunehmen, sondern es ging darum, de Beruf des Professors noch attraktiver zu machen. Allerdings mit einer veränderten, leistungsorientierten Besoldungsstruktur."

    Der Klagevertreter Prof. Wolfgang Löwer aber argumentiert, dass das zu einem Ungleichgewicht geführt hat. Die Hochschulen hätten ein Interesse daran, Spitzenkräfte mit guten Gehältern zu ködern. Das führe dann aber dazu, dass Mangelfächer auf der Strecke bleiben, dass viele Hochschullehrer keine Zulage bekommen. Seine Folgerung: Die W-Besoldung ist verfassungswidrig.

    "Weil damit eine Besoldungshöhe erreicht, die unterhalb dessen liegt, was mit der Wertigkeit des Amtes verbunden ist. Und die Grundvergütung - das ist die verfassungsrechtliche Zentralfrage - die Grundvergütung muss dem Alimentationsprinzip genügen und das ist bei 25 Prozent Absenkung nicht der Fall."

    Prof. Bernhard Kempen vom Hochschulverband, der die klage deutlich unterstützt, fügt hinzu:

    "Wir halten sie in ihrer jetzigen Form nicht für vereinbar mit dem Grundgesetz. Wir hoffen, dass das Gericht das feststellen wird. Und damit verbunden wäre dann die Aufforderung an de Gesetzgeber, für ein verfassungsgemäßes Besoldungssystem zu sorgen. Das bedeutet dann in erster Linie, dass die Grundvergütungen für die Professoren, die in W2 und W3 beschäftigt sind, nach oben gebracht werden."

    Auf der anderen Seite die Positionen des Landes Hessen und des Bundes. Der hessische Innenminister Boris Rhein, als Arbeitgeber aller hessischen Beamten ist der Überzeugung, dass Professoren auch mit de um 25 Prozent abgesenkten Grundgehalt noch angemessen alimentiert werden

    "Er ist nach meiner festen Überzeugung angemessen alimentiert. Er fällt nämlich, auch wenn er gar keine Zuschläge hat, auf das Grundgehalt zurück, das ein Studienrat in der Endstufe verdient. Und ich glaube, dass man das als amtsangemessen bezeichnen kann."

    Dennoch so Rhein, gehörten Leistungszulagen zu dem regelmäßig zu erwartenden Gehalt dazu, insgesamt 95 Prozent der Wissenschaftler in Hessen erhielten sie. Rhein schließt aus, dass man zur alten C-Besoldung zurückkehrt, will aber nicht ausschließen, dass man auch die W - Besoldung, wie er sagt - weiterentwickelt.

    "Die W-Besoldung ist jedenfalls eine leistungsorientierte Besoldung. Was für mich feststeht, ist, dass wir auf keinen Fall zurück zur C-Besoldung kommen können. Möglicherweise müssen Parameter verändert werden. Ich halte die W-Besoldung für eine gute Besoldung, die dafür sorgt, dass wir im Wettbewerb um die klügsten Köpfe bestehen können. Und darum geht es."

    Die acht Verfassungsrichter des Zweiten Senats ließen in ihren Fragen allerdings leichte Zweifel an dieser Auffassung erkennen,
    Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, der gleichzeitig Berichterstatter in dem Verfahren ist, fragte in seiner Einführung: "Wie weit reicht der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, dessen besoldungsrechtliche Änderungen in den letzten Jahren teils schmerzhafte Einschnitte für die Beamtenschaft zu Folge hatten?"

    Ihm geht es also nicht nur um die Alimentierung der Hochschullehrer, sondern auch um Zukunft der Beamtenbesoldung im Allgemeinen. Er sprach von einem Pilotverfahren. In der Verhandlung selbst ließ er dann Zweifel erkennen, ob die Absenkung des Grundgehalts um 25 Prozent tatsächlich angemessen sein könne, zumal die Vorbereitung eines Professors auf seinen Beruf deutlich länger dauere als bei einem anderen Beamten.

    Richter Udo di Fabio sprach die Befürchtung aus, dass der Wunsch der Universitäten, Spitzenforscher zu Spitzengehältern einzukaufen, zu einer Kannibalisierung nach unten führe. Auf gut Deutsch, dass es tatsächlich immer mehr Hochschullehrer gibt, die nur das Grundgehalt bekommen.

    Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über die Professorenbesoldung