Freitag, 29. März 2024

Archiv


Die Woche der Ehrlichkeit

Guttenberg bereut und von Silvio Berlusconi vernimmt man liebliche Töne. Die katholischen Bischöfe empörten sich über das zu schlüpfrige Sortiment des Weltbild-Verlags und trennten sich vom Unternehmen. Schade, Berlusconi hätte hier prima seine Memoiren veröffentlichen können, findet Klaus Pokatzky.

Von Klaus Pokatzky | 25.11.2011
    Dieses war die Woche der großen Ehrlichkeit. Fangen wir bei Ihnen an. Kennen Sie die Bücher "Anwaltshure" oder "Graf Porno"? Nein? Wenigstens das "Schlampeninternat" oder das "Handbuch für Sex-Göttinnen"? Auch nicht? Dann kennen Sie wohl auch nicht die reiche katholische Verlagsgruppe Weltbild mit solchen Büchern im Angebot.

    Jetzt haben auch die Bischöfe mitbekommen, dass es keine Göttinnen gibt, auch keine Sex-Göttinnen, sondern nur den einen Gott. Deshalb wollen sie das Unternehmen nun verkaufen. Das ist doch mal richtig ehrlich. Was mit den schlüpfrigen Stellen im Alten Testament passieren soll, ist noch offen. Aber so waren die Menschen früher eben. Zum Beispiel die Höhlenmaler vor Zehntausenden Jahren. Diese kleinen Ferkel haben gerne weibliche Geschlechtsmerkmale an ihre Höhlenwände gemalt. Als so ne Art Sex-Göttinnen. So wie die Jungs von der Punkband "Sex Pistols", allein der Name ist schon eine Sünde. Die haben in den Siebzigern ihr Haus in London auch höhlenbemalt. Britische Archäologen haben das jetzt in eine Reihe gestellt mit den Steinzeitgemälden im französischen Lascaux als ein "Lascaux des Punk". Eines der archäologisch wertvollen Werke zeigt den Manager der "Sex Pistols", wie er gierig Geldscheine zusammen klaubt. So wie der reichste Mann des Universums, der Entenhausener Fantastilliardär Dagobert Duck, den es übrigens auch bei Weltbild im Angebot gibt: "Onkel Dagobert – Band 10; Eine schlüpfrige Angelegenheit; Selbst ist der Mann". Was das wohl wieder zu bedeuten hat?

    Vielleicht ist es doch schade, dass die Bischöfe Weltbild verkaufen. Nicht ganz so reich ist der Milliardär Silvio Berlusconi. Der hätte ja bei einem katholischen Weltbild-Verlag seine Memoiren veröffentlichen können – unter dem Titel: "Ich und die Sex-Göttinnen und ich". Weil das jetzt aber nicht mehr geht, hat Silvio Berlusconi zehn Liebeslieder für den Sänger Mariano Apicella geschrieben. "Die wahre Liebe" heißt die CD. Soll aber nicht minderjährig sein.

    Karl Theodor von und zu Guttenberg hätte auch besser eine CD herausbringen sollen mit dem Titel "Die wahre Reue". Dafür hätte er aber nie einen Texter oder einen Sänger gefunden. Deshalb ist er zur Wochenzeitung "Die Zeit" gegangen und hat der erzählt, dass er kein Betrüger ist, sondern sein Guttenbergiat einfach ein "ungeheuerlicher Fehler" war – und: "Ich war ein hektischer und unkoordinierter Sammler." Das waren die Höhlenmaler nicht. Die haben sehr koordiniert und gewissenhaft gesammelt und gejagt. Die Originalfassung des ZEIT-Interviews erscheint mit 208 Seiten als Buch unter dem Titel "Vorerst gescheitert". "Vorerst" gescheitert klingt wie eine Drohung. Aber auf die Justiz dürfen wir nicht hoffen. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen den katholischen Freiherrn für 20.000 Euro eingestellt – als Geldbuße. Weil der wirtschaftliche Schaden seines Guttenbergiats "marginal" war – so marginal wie 20.000 Euro für einen Multihundert-Euromillionär sind. Wie man Reue erfolgreich zelebriert, sollte der Mann mal die Schnapsbischöfin Käßmann fragen. Die gibt’s auch im Weltbild-Reich. Vielleicht ist es doch ganz gut, dass die Bischöfe das verkaufen.