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Dienstwagencheck
"Schaufahren mit Klimakillern"

Laut dem Dienstwagencheck der Deutschen Umwelthilfe hält nicht ein Dienstwagen von 236 Politikerinnen und Politikern den CO2-Grenzwert der EU ein. Zudem fahre die Mehrheit weiterhin Diesel-Autos, kritisiert Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch. Die Organisation prüfte diesmal mit veränderter Bemessungsgrundlage.

Von Benjamin Dierks | 14.08.2018
    27.02.2015,Berlin,Deutschland,GER,Audi A8,der Dienstwagen vom reg. Bürgermeister der Stadt Berlin
    Macht laut Umwelthilfe keine gute Figur, wenn es um die Emissionen seines Dienstwagens geht: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (Imago / Stefan Zeitz)
    Die Deutsche Umwelthilfe wirft Regierungspolitikern aus Bund und Ländern vor, dass sie zu schmutzige Dienstwagen fahren. Unter Berücksichtigung der realen Verbrauchswerte halte kein einziger Dienstwagen der 236 Politikerinnen und Politiker den CO2-Grenzwert der Europäischen Union von 130g CO2 pro Kilometer ein, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch.
    "Leider fahren die Regierungspolitiker in Deutschland immer noch gegen den Klimaschutz. Es findet regelrecht ein Schaufahren mit Klimakillern statt."
    Neue Bemessungsgrundlage
    Die Werte fallen unter anderem deswegen so schlecht aus, weil die Umwelthilfe bei ihrem zwölften Dienstwagencheck von Regierungspolitikern nicht die CO2-Normwerte verglichen hat, die auf dem Radstand gemessen werden. Stattdessen hat die Organisation die Zahlen des International Council on Clean Transportation, kurz ICCT, genutzt. Das Forschungsinstitut misst, wie sehr die auf der Straße gemessenen Emissionen von den Laborwerten abweichen. Diese lägen im Schnitt 42 Prozent über dem Normwert. Im vergangenen Jahr hatte die Umwelthilfe noch "grüne Karten" an Politiker verteilt, die einen Normwert von 117 Gramm pro Kilometer unterschreiten. Davon gibt es im aktuellen Test auch eine Reihe an Politikern. Aber wegen der neuen Bemessungsgrundlage fallen positive Auszeichnungen diesmal aus. Geschäftsführer Jürgen Resch kritisierte, dass die Mehrheit der Politiker weiterhin Diesel-Autos fahre. Allerdings hielten auch die Wagen mit Hybrid-Antrieb nicht das, was sie versprechen.
    Realen Verbrauch des EU-Grenzwerts in Richtlinie festklopfen
    "Jetzt haben wir ein neues Problem, dass eben die Plug-in-Hybride, die komplett unabhängig von den tatsächlichen Verbrauchswerten steuerlich gefördert werden sollen mit Milliardenbeträgen für alle Dienstwagenkäufer, dass sich nun herausstellt, dass die deutschen Hersteller Supersportwagen oder hochmotorisierte Limousinen mit einem Pseudo-Plug-in-Antrieb versehen, der dann fast nie genutzt wird. Also die Fahrzeuge fahren fast nicht elektrisch, sondern nur mit Verbrennungsmotor."
    Resch fordert, dass in der geplanten Dienstwagenförderrichtlinie im realen Verbrauch der EU-Grenzwert von 130g CO2 pro Kilometer festgeschrieben wird. Er befürchtet, dass die Politiker derzeit sowohl mit ihrer Dienstwagenwahl als auch mit der Subventionierung dieser Hybridantriebe ein schlechtes Vorbild abgeben und falsche Anreize setzen.
    "Letztendlich werden mit solchen Fahrzeugen auch andere Dienstwagennutzer verleitet, die falsche Technologie einzukaufen."
    Große Unterschiede zwischen Politikern
    Von April bis August hat die Deutsche Umwelthilfe 242 deutsche Bundes- und Landespolitiker zu ihren Dienstwagen befragt. Die besonders geschützten Autos der Bundeskanzlerin und des Bundespräsidenten sowie der Finanz-, Innen- und Außenminister des Bundes wurden nicht gewertet, weil die Behörden das aus Sicherheitsgründen ablehnen. Finanziert wird der Dienstwagencheck von der EU sowie durch Spenden, unter anderem des Autoherstellers Toyota. Unter den Politikern gibt es der Umfrage nach große Unterschiede, was die Emissionen der Dienstwagen angeht.
    "Die beste Politikerin ist die Umweltsenatorin des Landes Berlin, Regine Günther, die immerhin auf einen Wert gekommen ist von etwas unter 170 Gramm CO2. Wir finden auf der anderen Seite aber Politiker wie auch in Berlin den Regierenden Bürgermeister, der bei über 400 Gramm CO2 liegt."
    Bei den Bundesministerien liegt das Innenministerium mit einem Straßenverbrauch von durchschnittlich 192g CO2 pro Kilometer vorn. Schlusslicht ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit durchschnittlich 231 Gramm. Bei den Bundesländern fährt Bremen am umweltfreundlichsten, die rote Laterne trägt hier Nordrhein-Westfahlen.