Donnerstag, 28. März 2024

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Diesel-Affäre
"Anzeichen gegen Ex-Audi-Chef Rupert Stadler verdichten sich"

Die Staatsanwaltschaft München II hat gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler Anzeige unter anderem wegen Betrugs erstattet. Dem Manager drohen bis zu fünf Jahre Haft, sagte Auto-Expertin Silke Hahne im Dlf. Neben Stadler werden drei weitere Mitarbeiter von Audi beschuldigt.

Silke Hahne im Gespräch mit Günter Hetzke | 31.07.2019
Rupert Stadler
Länger als ein Jahrzehnt führte Stadler die VW-Tochter Audi. Im Juni vergangenen Jahres wurde er verhaftet. (dpa/Armin Weigel)
Günter Hetzke: Die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals im Volkswagen-Konzern kommt einen weiteren Schritt voran. Wie die Staatsanwaltschaft in München heute mitteilte, hat sie Anklage gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und drei weitere Beschuldigte erhoben. Darüber spreche ich jetzt mit meiner Kollegin und unserer Auto-Expertin Silke Hahne, die ich hier im Studio begrüße. Frau Hahne, wie überraschend ist diese Anklage?
Anklage auf Betrug, Falschbeurkundung und strafbare Werbung
Silke Hahne: Nicht wirklich. Die Ermittlungen gegen Stadler laufen ja nun schon eine ganze Weile, seit Ende Mai 2018. Im Juni vergangenen Jahres wurde Stadler dann festgenommen und saß mehrere Monate in Untersuchungshaft. Im Oktober ist er unter Auflagen wieder entlassen worden. Eine davon war ein Kontaktverbot zu anderen Verfahrensbeteiligten, dagegen hat er sich dann mit einer Verfassungsbeschwerde gewehrt, mit der er gescheitert ist. Also die Anzeichen dafür, dass er irgendetwas mit dem Abgasskandal zu tun hat, die haben sich verdichtet.
Die Staatsanwaltschaft, die legt Stadler Betrug, mittelbare Falschbeurkundung und strafbare Werbung zur Last. Aus dem Juristen-Jargon übersetzt heißt das: Stadler soll seit spätestens Ende September 2015 von den Motor-Manipulationen gewusst haben und trotzdem den Verkauf der Autos veranlasst beziehungsweise nicht verhindert haben. Es geht um mehr als 430.000 Pkw der Marken Audi, Volkswagen und Porsche, vor allem in den USA und Europa sind die verkauft worden. Und insgesamt laufen in München ja Ermittlungen gegen 23 Beschuldigte, jetzt also die Anklage gegen vier davon. Und das Landgericht München II muss noch entscheiden, ob es die Anklagen auch zulässt, es also zum Prozess kommt.
Angeklagte sollen an Motorentwicklung beteiligt gewesen sein
Günter Hetzke: Einer von vier ist Stadler. Was ist über die anderen Angeklagten bekannt?
Hahne: Nicht besonders viel: Von Audi kam dazu heute nur die Information, dass es um zwei ehemalige, aber auch um einen aktiven Mitarbeiter geht und der ausdrückliche Hinweis, diese drei, das seien keine Personen des öffentlichen Lebens. Da schweigt man also zu den Namen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass der frühere Audi- und Porsche-Manager Wolfgang Hatz unter den Angeklagten sei sowie zwei Ingenieure. Und letzteres lässt in der Tat auch die Anklage vermuten: Denn den drei Beschuldigten wird vorgeworfen, dass sie an der Entwicklung dieser Motoren eben Schuld sind.
Günter Hetzke: Und wie sieht’s aus: Was droht Stadler?
Hahne: Nun, von den genannten Vorwürfen ist Betrug derjenige, für den die höchste Strafe droht: fünf Jahre Haft. Auch eine Geldstrafe ist möglich. Von Seiten des Konzerns verweist man auf die Unschuldsvermutung; ein Freispruch ist natürlich auch möglich. Stadler streitet ja auch alles ab. Und bis er nicht verurteilt ist, will Audi auch nichts zu möglichen weiteren Schritten sagen. Als sein Vertrag aufgelöst wurde letztes Jahr, gab es aber Berichte, dass er keine Abfindung bekommen habe, mit dem Hintergrund, dass diese für spätere, eventuelle Schadensersatz-Ansprüche einbehalten wurde. Die könnte der VW-Aufsichtsrat nach einer Verurteilung geltend machen, wenn also bewiesen wäre, dass Stadler eine Mitschuld trägt.