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Diesel-Gipfel im Kanzleramt
Mehr Geld für saubere Luft - aber noch offene Fragen zu Fahrverboten

Um Fahrverbote in den Städten zu vermeiden, hat die Bundesregierung die Mittel für das "Sofortprogramm Saubere Luft" deutlich aufgestockt. Doch beim Diesel-Gipfel zeigte sich auch, dass das Ziel wohl nur dann erreicht werden kann, wenn bereits ab 2019 Nachrüstungen für betroffene Diesel-Fahrzeuge möglich sind.

Von Nadine Lindner | 03.12.2018
    Abendlicher Berufsverkehr auf dem Kaiserdamm im Zentrum von Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa | Verwendung weltweit
    Juristisch angeordnetes Menetekel: Die Politik hat beim Dieselgipfel im Kanzleramt Anstrengungen unternommen, um drohende Fahrverbote abzuwenden (Michael Kappeler / dpa)
    Für die Städte gab es gleich zu Beginn eine gute Nachricht: Sie bekommen mehr Geld vom Bund im Kampf um saubere Luft.
    "Ich konnte heute mitteilen, dass nach den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2018/2019, dieses Programm von 2017, das ja bis 2020 laufen soll, um eine halbe Milliarde aufgestockt wird. Statt einer Milliarde, 1,5 Milliarden. Dazu wird der Bund noch 432 Millionen Euro ausgeben, um die Hardware-Nachrüstung von Kleinlastern, die in den Städten unterwegs sind, zu fördern."
    So Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Es geht um die Aufstockung des 2017 beschlossenen Sofortprogramms Saubere Luft. Das zusätzliche Geld soll unter anderem in die Anschaffung von Elektrobussen fließen, bis zu 450 E-Busse könnten bezahlt werden, so das Umweltministerium.
    Offene Fragen bei der Überwachung der Fahrverbote
    Die Regierungschefin, Umwelt- und Verkehrsministerium, Vertreter der Länder und circa 40 Bürgermeister kamen heute im Kanzleramt zusammen, unter anderem aus Stuttgart, Aachen und Hamburg. Alles Städte, die sich konkret mit gerichtlich angeordneten Fahrverboten konfrontiert sehen. Es war das dritte Treffen, in diesem Format des Diesel-Gipfels.
    Die Mittel-Aufstockung war allerdings auch die konkreteste Zusage, die die Bundesregierung den Städten geben konnte. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer verwies auf schnelleres Handeln bei den technischen Nachrüstungen von Diesel-PKW:
    "Das heißt, wir werden, anders wie noch vor ein paar Wochen, das Ziel war Anfang 2019 die technischen Vorschriften zu machen, in diesem Jahr noch fertig. So kann ab dem 2. Januar 2019 jeder Hardware-Nachrüster sofort seine Teile entwickeln."
    Wann allerdings die Nachrüstungen für die geplagten Diesel-Fahrer in den Werkstätten verfügbar sind, konnte Scheuer noch nicht sagen.
    Offene technische Fragen gibt es weiterhin bei der Überwachung der Fahrverbote, die nach dem Willen des Verkehrsministeriums digital über Kennzeichenabfrage und nicht mittels einer blauen Plakette erfolgen soll.
    "Hauptausstoß von privaten Diesel-Pkw"
    In einer ersten Reaktion drängte der grüne Oberbürgermeister von Stuttgart Fritz Kuhn auf mehr Anstrengungen – der Autoindustrie und des Verkehrsministers.
    "Worauf wir Wert legen ist, dass die Frage der technischen Nachrüstung schneller gehen müsste, als sie heute angezeigt ist für das erste Quartal 2020. Da sind viele Schwierigkeiten benannt worden, vom Verkehrsminister und von der Bundeskanzlerin. Aber wenn wir Fahrverbote verhindern wollen, dann müssten technische Nachrüstungen im Jahr 2019 kommen."
    Mit den Nachrüstungen der Kommunal- und Handwerkersfahrzeuge könne er nur 7 Prozent Stickoxid-Ausstoß senken, der Hauptteil komme einfach von Diesel-PKW, so Kuhn, der gleichzeitig auch Vize-Präsident des Städtetags ist.
    Im Vorfeld des Dieselgipfels hatte es einiges böses Blut gegeben, nachdem Verkehrsminister Andreas Scheuer den Städten Schlampigkeit bei den Luftreinhalteplänen vorgeworfen und ihnen den Entzug von Fördergeldern angedroht hatte. Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städtetages Helmut Dedy sprach sogar von einem "Schwarzer-Peter-Spiel". Diese atmosphärischen Störungen konnten auf dem Treffen ausgeräumt werden: Die Lösungen müssten mit vereinten Kräften jetzt angegangen werden, so Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher.
    Gesprächsbedarf gibt es also weiterhin. Noch vor der Sommerpause 2019 wollen Umweltministerin und Verkehrsminister ein weiteres Mal nach Berlin einladen.