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Digitaler Wahlkampf

"Von Obama lernen, heißt siegen lernen", davon träumen hierzulande Wahlkampfmanager im Superwahljahr 2009. Obama hatte durch das Einbinden neuer Technologien, wie das Internet und das Handy, einen Wahlkampf geführt, der Leute mobilisierte, die sich sonst nicht aktiv für Politik engagieren. Von dieser Kampagne inspiriert versuchen auch deutsche Parteien, einen Wahlkampf im Netz zu führen.

Von Eleni Klotsikas | 04.04.2009
    "Vielen Dank, dass Sie mich im Bundestagswahlkampf unterstützen wollen. Es lohnt sich dabei zu sein."

    Dann zückt Frank-Walter Steinmeier seinen Füllfederhalter und unterschreibt eine persönliche Unterstützerurkunde. Namentlich ausgestellt für diejenige Person, die sich gerade auf www.wahlkampf09.de, der Online-Wahlkampfcommunity der SPD, registriert hat. Das geschieht natürlich nicht real, sondern im Videopodcast:

    "Diese Urkunde ist gleich bei Ihnen."

    Schließlich bekommt man diese als PDF-Datei per E-Mail zugesandt: "Mit Ihrem Engagement kommen wir weiter! Ihr Frank Walter Steinmeier", steht darauf schwarz auf weiß geschrieben. Im Netz hat der Bundestagswahlkampf längst begonnen. Ein Teil des Wahlkampfbudgets fließt schon jetzt ins Internet: Kajo Wasserhövl, Wahlkampfmanager der SPD:

    "Natürlich geben wir im Wahlkampf 2009 mehr für den Online-Bereich aus und schichten das Budget etwas um. Aber die Frage, ob man einen kreativen Wahlkampf im Netz führt, hängt nicht davon ab, wieviel Geld man da hineinsteckt, sondern ob man die Kreativität im Netz auch anstößt, also nicht nur die eigenen Seiten aufbaut, sondern an den Plätzen, wo politische Meinungsbildung stattfindet, die Menschen auch einlädt zum Mitmachen."

    Spitzenpolitiker sowohl kleiner als auch großer Parteien tummeln sich auf "Facebook" und "Twitter". Und auch eigene Communities wollen die Parteien im Netz aufbauen. So rühmt sich die CDU schon mal mit über 6000 Mitgliedern auf ihrer Online-Community "team Deutschland", die SPD kommt bei "Wahlkampf09" auf knapp über 7000. Und auch die Grünen haben auf ihrer Interseite die Rubrik "Meine Kampagne" eingeführt, in der User mit dem Wahlkampfteam kommunizieren können.

    Damit erhoffen sie sich eine Art Graswurzelbewegung anzustoßen, wie Barack Obama in seinem Wahlkampf. Dass dies auch in Deutschland funktioniert, bezweifelt Markus Beckedahl, Blogger und Autor der Studie "Politik im Web 2.0."

    "In den USA haben wir keine Parteiorganisation wie in Deutschland: die Kreis- und Ortsverbände. Obama musste sich quasi eine virtuelle Parteistruktur aufbauen, wo Menschen sich miteinander lokal vernetzen konnten. Gleichzeitig hatte Obama aber drei Jahre Zeit gehabt diese Community aufzubauen. In Deutschland haben wir diese ganzen Parteistrukturen. Gleichzeitig fängt man in Deutschland immer ein paar Monate vor der Wahl an zu denken, man baut jetzt eine Communiy auf und das dauert aber viel länger."

    Ein gutes Webdesign und die Präsenz in Social Communitys wie "Facebook" und "myspace" bringen nicht allein den gewünschten Mobilisierungseffekt, sagt Peter Radunski, CDU-Mitglied und ehemals Berater von Helmut Kohl. Bei Obama war es neben seinem Charisma auch die Strategie der klaren Botschaften: "Change" und "Yes we can", die ihre Wirkung erzielten:

    "Es fasziniert ja an Obama, dass er tatsächlich ein strategisches Konzept hatte, dieses Konzept auch mit seiner Persönlichkeit und seinen Anhängern verbunden hat. Das sehe ich in diesem Bundestagswahlkampf bei keiner Partei."

    Welche Rolle, die Online-Aktivitäten der Parteien im Bundestagswahlkampf tatsächlich spielen werden, das wird sich in den nächsten sechs Monaten erst endgültig herauskristallisieren. Spannend bleibt auch die Frage, ob es ihnen gelingt über ihre Webseiten zusätzliche Spenden zu akquirieren oder ob der Online- letztlich auf Kosten des Offline-Wahlkampfes geht.