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Digitales Logbuch: Irrgarten QR-Code

Erinnern Sie sich noch an die ersten Website-Baukästen? So vor 10 oder 15 Jahren laborierten sogar gestandene Unternehmer nächtelang daran, dem Webauftritt ihrer Schreinerei oder des Nagelstudios ein pfiffiges Etwas zu verpassen.

Von Wolfgang Noelke | 10.12.2011
    Anschließend funkelte, blitzte und blinkte oft eine bunte Wunderwelt auf den Bildschirmen, deren Domains stolz "Meine Homepage" genannt wurden. Reste sollen angeblich noch in diversen virtuellen Computermuseen existieren, unter den Rubriken "Augenkrebs" oder "Schlimmste Websites der Welt".

    Seitdem das Statussymbol "Smartphone" längst ein Allerweltsgegenstand ist, für den es sich nicht mehr lohnt, trotz Regen und Kälte tagelang vor Computerläden zu campieren, ist das neueste Statussymbol wieder virtueller Natur: der eigene QR-Code. Was die Post kann, können jetzt alle. Mein Gefühl sagt mir zwar, dass Briefe jetzt noch länger unterwegs sind, seitdem die Post schöne Briefmarken oder Stempel durch krisselige Schachbrettmuster ersetzte – aber diese Irrgärten – diese QR-Codes, passen prima zu Smartphones.

    Smartphone draufhalten, den Code mit der Kamera scannen - und schwupp: schon blinkt zum Beispiel die bunte Website meines Friseurs auf.

    Sie würde aufblinken, wenn ich von ihm eine Visitenkarte bekommen hätte. Habe ich aber nicht. Er hat mir stolz eine E-Mail geschickt und behauptet, dass das jetzt alles ganz einfach wäre und ich die neuen Öffnungszeiten erfahre, sobald ich seinen selbstgebastelten QR-Code scanne.

    Wie denn, lieber Herr Abschittsbevollmächtigter? Wie soll ich euer neuestes Stück downloaden, liebe Musiker, wenn ihr nur den Link durch einen QR- Code ersetzt? Der QR-Code ist vorne auf dem Smartphone – die Kamera aber hinten.

    Und was soll ich mit den riesigen QR-Codes auf den Plakaten am Straßenrand anfangen? Soll ich die Warnblinkanlage einschalten, anhalten und die hupenden Wutbürger hinter mir um Geduld bitten, bis der Code gescannt und die Ampel wieder rot ist?

    Ich habe einen Plan: Vielleicht überklebe ich bei Mondfnsternis die ganzen Plakate am Straßenrand mit meinem selbstgedruckten QR-Code: Der führt auf eine Website, deren bunte, glitzernde Lettern nur einen Satz bilden:

    ERST DENKEN, DANN PROGRAMMIEREN!