Donnerstag, 25. April 2024

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Dimitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 7 'Leningrader'

Eins der wichtigsten Argumente beim Versuch, in der Fülle von Werken und Komponisten der verschiedenen Zeiten die Spreu vom Weizen zu trennen, ist natürlich der Nachweis von Originalität, von fortschrittlichen Ideen. Unter diesem Blickwinkel hat Dimitri Schostakowitsch Ende der zwanziger, Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts sicherlich seine besten, "avantgardistischsten" Stücke geschrieben. Große Erfolge in den Konzertsälen feiert heute weltweit jedoch eher ein Werk aus späteren, in der Wahl der Mittel weniger radikalen Zeiten wie die 7. Sinfonie. Ihr kommt in besonderem Maße zugute, was für viele Kompositionen des Russen gilt: die musikalische Phantasie entzündet sich an einem außermusikalischen Geschehen. Hier ist es ein äußerst bedrohliches und bedrückendes Kriegsereignis: Schostakowitschs Siebte entstand 1941 vor dem Hintergrund des Naziüberfalls und der Blockade seiner Heimatstadt Leningrad, sie trägt deshalb auch den Beinamen "Leningrader". "In den Arbeitspausen", so der Komponist, "ging ich hinaus auf die Straße und sah mir mit Schmerz und Stolz die geliebte Stadt an." Von dieser Siebten Schostakowitschs gibt es jetzt eine neue fulminante Aufnahme: sie stammt von den New Yorker Philharmonikern unter ihrem Chefdirigenten Kurt Masur. Und wenn ich hier noch einmal an den eingangs vorgestellten Romantiker Raff erinnere, so ist das nicht nur der Versuch, dieser kleinen Sendung einen großen Bogen zu geben. Vielmehr gibt es tatsächlich eine Verbindung, denn das Anfangsmotiv von Raffs Siebter, der "Alpensinfonie", findet sich am Anfang von Schostakowitschs Siebter wieder... * Musikbeispiel: Beginn des 1. Satzes der Sinfonie Nr. 7 "Leningrader" von Dimitri Schostakowitsch Die Neue Platte - heute mit sinfonischer Musik. Zuletzt hörten Sie den Beginn der 7. Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch in einer Neuaufnahme mit den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Kurt Masur.

Ludwig Rink | 04.02.2001