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"Dirty Computer" von Janelle Monáe
Die Pussy grabscht zurück

"Wir kommen in Frieden, aber wir meinen es ernst", tönte US-Musikerin Janelle Monáe in ihrer Rede bei den Grammys zur Rolle der Frauen im Musikgeschäft. Auf ihrem neuen Album "Dirty Computer" feiert sie nun die Weiblichkeit in all ihren Facetten - und setzt im Pop ein neues Statement für Vielfalt.

Von Elissa Hiersemann | 05.05.2018
    Janelle Monáe bei einem Festival im Jahr 2015.
    "Ich feiere die Einzigartigkeit - besonders die von afro-amerikanischen Frauen": US-Musikerin Janelle Monáe (imago/Future Image)
    Janelle Monáe hat nicht nur "all ihre Säfte" und Kräfte beisammen auf ihrem neuen, dritten Album. Die 32-jährige Afro-Amerikanerin macht auch klare Ansagen an alle, die versuchen, das berüchtigte "Pussy Grabbing" des US-Präsidenten nachzuahmen.
    Wenn du einer Frau ungefragt zwischen die Beine greifst, musst du damit rechnen, dass die "Pussy" zurückgrapscht. Was Janelle Monáe im Song "I Got The Juice" singt, kann ruhig als Kampfansage verstanden werden. Die 32-Jährige hat es satt, dass über Frauen verfügt wird und sie als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Ihr neues Album "Dirty Computer" soll auch eine Antwort darauf sein, wie es sich anfühlt, das erste Mal im Leben von einem respektlosen Mann als "Schlampe" bezeichnet zu werden, erzählt Janelle Monáe im Interview:
    "It’s a response to the sting for being called bitch for the first time by a man who does not respect you. The sting of feeling like your rights as a woman are being trampled on."
    Sexy und sophisticated
    Dieser Stachel steckt tief, wenn man auf deinen Rechten als Frau herumtrampelt, sagt Janelle Monae. Auf ihrem neuen Album "Dirty Computer" feiert sie die Weiblichkeit in all ihren Facetten. Sexy und sophisticated kommt sie daher. In ihrem Video zum Song "Pynk" tanzt sie zusammen mit anderen Frauen in rosafarbenen, aufgeplusterten Hosen, die wie eine Vulva aussehen, durch die Wüste. Das Verblüffende daran: Es wirkt zu keinem Zeitpunkt albern, sondern total normal.
    "Pink wie die Zunge, die sich den Weg nach unten bahnt / Pink wie das Paradies, das man dort findet / Wir haben Pynk", singt Janelle Monáe. Darin geht es nicht nur um das Zelebrieren weiblicher Sexualität, sondern auch um die Liebe zu sich selbst.
    Janelle Monáe: "Ich feiere die Einzigartigkeit. Besonders die von afro-amerikanischen Frauen, die lange Zeit weder geliebt noch als schön angesehen wurden. Das holen wir uns jetzt zurück. Niemand stellt sich mir mehr in den Weg, mich so zu lieben, wie ich bin."
    Feiern von Weiblichkeit - für Frauen
    Weibliche Sexualität zu feiern, ist in der Popmusik nichts Neues. Madonna hat es getan, Christina Aguilera, Britney Spears. Bei Janelle Monáe allerdings sind weniger die Männer die Adressaten ihrer Musik. Es gibt keine sexy Schuluniformen in ihren Videos, keine Frauen, die zum Objekt gemacht werden. Es geht um das Feiern von Weiblichkeit mit und für andere Frauen. Musikalisch passiert das im derzeit angesagten R'n'B-Pop-Sound, wobei Janelle Monáe gern noch eine Hommage an ihren verstorbenen Mentor Prince einbaut.
    Das Feiern von Weiblichkeit mit und für andere Frauen ist in jüngster Vergangenheit auch bei anderen Künstlerinnen zu beobachten. Beyoncé tritt live mit einer Armada von Tänzerinnen auf - beim diesjährigen Coachella Festival in Kalifornien waren es fast 100. Ihre Schwester Solange fordert auf ihrem aktuellen Album "A Seat at the Table" nicht nur einen Platz am Tisch als Afro-Amerikanerin, sondern auch als Frau ein.
    Auch für die New Yorkerin Rapperin Cardi B, die mit ihrem Album "Invasion of Privacy" Platz eins der US-Billboard-Charts erreichte, scheint es total normal zu sein, auf dem roten Teppich der diesjährigen Grammy-Verleihung über Schmetterlinge im Bauch und in ihrer Vagina zu reden:
    "I’m feeling good, I’m feeling overwhelmed, nervous. I feel it all. Butterflies in my stomach and in my vagina."
    Janelle Monáe lässt ihre Vagina auf dem neuen Album "Dirty Computer" sogar sprechen.
    "Mit dem eigenen Körper in Einklang zu sein"
    Per Knopfdruck wird das sogenannte "Mansplaining", also herablassendes oder bevormundendes Gerede von Männern gegenüber Frauen, einfach stumm geschaltet. Der Vagina-Monolog übernimmt. So stark dieses Bild auch sein mag: Für die 32-jährige Afro-Amerikanerin ist die Vagina nicht nur zum Monologisieren da:
    "Unsere Vaginas sind nicht das einzige, was uns stark macht. Ich möchte die Vagina nicht zu sehr hervorheben und zum Objekt machen. Aber sie ist stark, wunderbar und wie eine Zeitmaschine. Sie ist heilig. Es geht darum, mit dem eigenen Körper in Einklang zu sein, die Kontrolle darüber zu haben und uns nicht von irgendwelchen Männern oder Frauen abspenstig zu machen, furchtlos und frei zu sein."
    Genau darum geht es auf dem neuen Album von Janelle Monáe: Die Freiheit, das eigene Leben so zu gestalten, wie man es selber möchte. Wer andere Menschen respektiert, wird viel Spaß haben an diesem großartigen Pop-Album "Dirty Computer", dessen Sound und Botschaft überzeugen. Für alle anderen ist es eine Kampfansage.