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Diskussion über Strafzölle
Protektionismus könnte eine verhängnisvolle Spirale in Gang setzen

Trotz weltweiter Kritik hält US-Präsident Donald Trump an der geplanten Einführung von Strafzöllen auf ausländischen Stahl und Aluminium fest. Die USA hätten ohnehin nichts zu verlieren und würden einen Handelskrieg gewinnen, sagt er. Die Geschichte lehrt aber etwas anderes.

Von Martin Ganslmeier | 07.03.2018
    Neuwagen des BMW-Konzerns stehen am 12.06.2017 auf dem Autoterminal der BLG Logistics Group in Bremerhaven (Bremen) zur Verschiffung bereit.
    Neuwagen stehen auf dem Autoterminal in Bremerhaven zur Verschiffung bereit. Trump will auch die europäischen Autoexporte eindämmen. (picture alliance / Ingo Wagner)
    Donald Trump beklagt es immer wieder: "Unser Land wurde im Handel von nahezu jedem Land der Welt abgezockt, egal ob Freund oder Feind":
    Trumps Aussage ignoriert, dass es eine Reihe von Ländern gibt, mit denen die USA eine positive Handelsbilanz haben: zum Beispiel Hongkong, Niederlande, Vereinigte Arabische Emirate, Australien, aber auch Kanada. Und ausgerechnet Kanada, der enge Freund und Nachbar, würde durch Trumps Strafzölle auf Stahl besonders hart getroffen. Denn die größten Mengen Stahl kommen aus Kanada und Mexiko in die USA.
    Generell hat der US-Präsident allerdings recht: Die USA importieren deutlich mehr als sie exportieren. Besonders hoch ist das Handelsbilanzdefizit mit China, Mexiko, Japan und Deutschland. Und obwohl es mehr EU-Bürger als US-Bürger gibt, beträgt Amerikas Handelsbilanzdefizit mit der Europäischen Union 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Dieses Ungleichgewicht wirft Trump der EU vor:
    "Sie haben Handelsbarrieren, die viel schlimmer als Strafzölle sind. Wenn sie uns jetzt drohen, dann erheben wir eine Steuer auf ihre Autos, die wie Wasser in unser Land fließen."
    Strafzöllen folgen meist Vergeltungsmaßnahmen
    Trumps Kritik wird von vielen Amerikanern geteilt: Die EU baue Handelshemmnisse auf, weil US-Produkte angeblich bestimmten Qualitätsstandards nicht genügen. Vor allem bei Agrar-Erzeugnissen herrscht in den USA Unverständnis, dass sich der EU-Markt abschottet und doppelt so hohe Zölle verlangt wie umgekehrt die USA für Landwirtschaftsprodukte aus der EU. Das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP sollte viele dieser Zölle und Barrieren abschaffen. Doch ausgerechnet TTIP lehnt Trump ab. Seine Attacken gegen europäische Autohersteller finden selbst republikanische Kongressabgeordnete nicht nachvollziehbar. Charlie Dent im Sender CNN:
    "BMW, Mercedes-Benz und VW investieren stark in den USA. BMW und Mercedes sind die größten Auto-Exporteure der USA. Mit den deutschen Autoherstellern in einen Krieg zu ziehen, macht keinen Sinn."
    Dennoch schreckt Trump auch die Aussicht auf einen Handelskrieg nicht: "Wenn man beim Handel gegenüber jedem anderen Land zurückliegt, dann sind Handelskriege nicht so schlecht", meint Trump: "Der Handelskrieg schadet ihnen, nicht uns":
    Trump geht davon aus, dass die anderen Länder im Ernstfall schnell nachgeben. Doch das widerspricht historischen Erfahrungen. Meist kommt es zu protektionistischen Gegenmaßnahmen in anderen Ländern, auf die dann weitere Vergeltungsmaßnahmen folgen: Eine verhängnisvolle Spirale, bei der am Ende alle verlieren, wie in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts. Jüngstes Beispiel sind die Stahlzölle, die der damalige Präsident George W. Bush 2002 verhängte. Zwar konnte Bush damit rund 10.000 Jobs bei amerikanischen Stahlherstellern retten. Doch als Folge der Strafzölle gingen in der stahlverarbeitenden Industrie und bei Autoherstellern in den USA 20 Mal so viele Jobs verloren.