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Diskussion um Gesundheitsgefahr durch Nanotechnologie

Sportsocken, Tütensuppen, Medikamente - Nanopartikel sind in vielen Produkten enthalten. Studien weisen auf mögliche Gesundheitsgefahren durch die winzigsten Moleküle hin. Umwelt- und Verbraucherschutzverbände wie der BUND fordern ein Register für Nanopartikel in Produkten.

Von Daniela Siebert | 04.07.2013
    Ob Nano-Partikel gefährlich sind, ist umstritten. Derzeit laufen zahlreiche Forschungsprojekte, die das Risikopotential untersuchen. Es gebe bereits einzelne Studien, die auf Gefahren für die Gesundheit hindeuten, sagt Sarah Häuser vom BUND. Ihre Organisation – wie auch andere Umwelt- und Verbraucherschützer – misstraut den Mini-Teilchen daher und wünscht sich ein öffentliches Register für Nano-Produkte.

    "Wir möchten eben, dass da eine Transparenz für den Verbraucher hergestellt wird, weil der Verbraucher aktuell gar keinen Überblick darüber hat, wo Nano drin ist und wo nicht und dementsprechend kann er auch keine bewusste Kaufentscheidung treffen."

    Solch ein Register sollte aus Sicht der Umwelt- und Verbraucherschützer schnell geschaffen werden. Egal ob innerdeutsch oder europäisch verankert. Denn die Zahl der betroffenen Produkte steigt stetig.
    Beim Verband der Chemischen Industrie VCI hält man ein neues Nano-Register dagegen für überflüssige Bürokratie. Gerd Romanowski, Geschäftsführer beim VCI in Frankfurt am Main.

    "Ein Nano-Produktregister, was neu geschaffen wird, so was lehnen wir ab, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, weil es einfach nicht notwendig ist, weil bereits über verschiedene Mechanismen und Vorschriften in der EU Daten über die Nano-Materialien erhoben werden und zwar sowohl über die Eigenschaften als auch über die Verwendung. Das geht einmal über die Chemikalienvorschriften, z. B. REACH, aber auch über produktspezifische Regelungen wie im Lebensmittelbereich oder im Kosmetikbereich oder bei Bioziden und Pflanzenschutzmitteln und über diese Mechanismen werden schon so viele Daten und Angaben gesammelt, dass die Kommission ohne weiteres in der Lage wäre, ein Produktregister aus diesen Informationen heraus selbst zu generieren."

    Keineswegs: Die bisherigen Melderegeln für Nano-Partikel seien unzureichend, kontern die Befürworter eines neuen Nanoregisters.

    "Das Problem bei den Behörden ist: Die sollten eigentlich die Marktübersicht besitzen, aber wissen eben aktuell auch nicht, wo überall Nano drin ist und wo nicht. Es gibt verschiedene Register, die auch in Zukunft jetzt kommen werden z. B. für Kosmetika oder für Lebensmittel, das betrifft aber auch nur ganz spezifische Produktbereiche, also es gibt viel mehr Alltagsprodukte, die eben diese Materialien enthalten, abgesehen davon sind diese Produktregister auch nicht öffentlich."

    Zahlreiche Politiker sehen das inzwischen genauso. Allen voran die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken von den Grünen. Ihr Land hat eine Vorlage erarbeitet, die am Freitag im Bundesrat verabschiedet werden soll.

    "Also wir haben uns in erster Linie eingesetzt für ein EU-weites Nano-Register, weil wir natürlich finden, dass das der richtige Ort für so etwas ist und gleichzeitig haben wir vorgeschlagen, dass es auch zu nationalen Aktivitäten kommt, um einfach in dieses EU-weite Register einzuspeisen."

    Der Entschließungsantrag sieht auch ein nationales Melderegister und eine Meldepflicht für verbrauchernahe Produkte vor. Ulrike Höfken rechnet damit, dass die Vorlage am Freitag im Bundesrat angenommen wird. Konkret:

    "Dass die deutsche Bundesregierung darauf hinwirken soll, dass die ganzen Vordiskussionen in Brüssel nun zu einem Ergebnis führen und ein EU-weites Register endlich aufgebaut wird und dass Eckpunkte erarbeitet werden, um auch ein solches Register aufzubauen und entsprechende Daten einzuspeisen."

    Was das so kurz vor Ende der Legislaturperiode noch bringen soll, ist jedoch fraglich. Zumal Brüssel das Thema längst auf dem Tisch hat. Die EU-Kommission ist gerade dabei, eine wissenschaftliche Untersuchung zur Folgenabschätzung in Auftrag zu geben. Die Ergebnisse sollen 2014 vorliegen und der dann neu bestellten EU-Kommission als Entscheidungsgrundlage für oder gegen ein europäisches Nano-Register dienen. Interessanter ist da schon, was die europäischen Nachbarn einzelstaatlich machen., Frankreich hat als erstes europäisches Land in diesem Jahr ein eigenes Nano-Register eingeführt, Italien, Belgien und Dänemark denken zumindest darüber nach. Gerd Romanowski vom VCI:

    "Das größte Problem, was wir aus Frankreich hören, ist dass es mit erheblicher Rechtsunsicherheit behaftet ist. Niemand weiß genau, ob sein Produkt unter diese Regelung fällt oder nicht und dass wird also noch eine ganze Reihe von möglicherweise auch juristischen Auseinandersetzungen nach sich ziehen."

    Die französische Lösung sei ohnehin kein Vorbild für sie, sagt Ulrike Höfken.

    "In Frankreich ist das so ein bisschen ein Gefährdungsregister, das haben wir nie beabsichtigt, sondern uns geht es um Transparenz und Information. Auch Information übrigens im Bereich des Arbeitsschutzes und das ist etwas ganz anderes als ein Warnhinweis, was die Franzosen da eher im Sinn haben."

    Für die Verbraucher in Deutschland wird es auf jeden Fall noch lange dauern, bis sie sich in einem nationalen oder europäischen Register über Nanopartikel in ihrer Lebenswelt informieren können.