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Diskussion um IS-Rückkehrer
Probleme bei der Feststellung der Identität

US-Präsident Donald Trump fordert Deutschland auf, die in Nordsyrien inhaftierten IS-Kämpfer zurückzunehmen. Doch was erst einmal einfach klingt, stellt die deutschen Behörden vor massive Probleme. Denn es ist schwierig, festzustellen, wer überhaupt deutscher Staatsbürger ist.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 18.02.2019
    Mutmaßliche IS-Kämpfer verlassen mit ihren Angehörigen den umkämpften Ort Baghouz
    Mutmaßliche IS-Kämpfer verlassen mit ihren Angehörigen den umkämpften Ort Baghouz im Norden Syriens (AFP/Fadel Senna)
    "Die Tatsache, dass diese Personen das Recht auf eine Rückkehr nach Deutschland haben, ergibt sich einfach daraus, dass sie deutsche Staatsbürger sind", damit bringt der Sprecher des Innenministeriums die Haltung der Bundesregierung klar zum Ausdruck.
    Doch was erst einmal einfach klingt, stellt die Behörden praktisch vor erhebliche Probleme. Denn kann man sicherstellen, dass diese Personen keine Gefahr für Deutschland darstellen?
    "Für die Gruppe der Dschihad-Rückkehrer werden in Deutschland im Falle einer bevorstehenden Wiedereinreise umfangreiche Maßnahmen des Polizei- und Strafrechts geprüft. Und für jede Person wird eine individuelle Gefährdungseinschätzung vorgenommen. Und wo immer möglich, versuchen die deutschen Behörden, Rückkehrer zu deradikalisieren."
    Konkrete Zahlen liegen nicht vor
    Doch um wie viele Personen geht es überhaupt? Die Bundesregierung hat dazu keine konkreten Zahlen. Laut Innenministerium haben sich seit 2013 etwas mehr als 1.000 deutsche Staatsbürger aufgemacht, um in Syrien und dem Irak als Teil von Daesh, dem selbsternannten islamischen Staat, zu kämpfen.
    Viele von ihnen haben dort Kinder gezeugt – potenzielle neue Staatsbürger - Schätzungen zufolge ist ein knappes Drittel der Kämpfer inzwischen tot. Doch diese Zahlen lassen sich mit Blick auf Syrien nicht überprüfen.
    Deutschland pflegt keine konsularischen Kontakte zur Regierung in Damaskus. Und auch nicht zu den Kurden, in deren Gefängnissen zahlreiche IS-Kämpfer deutscher Herkunft sitzen. Hierzu stellte der Sprecher des Auswärtigen Amtes klar:
    "Es gibt keine offiziellen Kontakte der Bundesregierung zur PYD, YPG. Das sind kurdische, nichtstaatliche Akteure und auch nicht die richtigen Ansprechpartner für eventuelle Auslieferungen."
    Unter diesen Voraussetzungen wird es auch schwierig sein, festzustellen, wer überhaupt deutscher Staatsbürger ist. Auf dieses Problem weist auch Roderich Kiesewetter, Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss am Morgen im Deutschlandfunk hin:
    "Wir wollen nicht, dass mögliche IS-Kämpfer, nur, um in ein rechtssicheres Land zu kommen, falsche Staatsbürgerschaften angeben, dazu brauchen wir Zugang zu den Betroffenen, Beschuldigten."
    Auch Außenminister Heiko Maas sieht in der Feststellung der Identität ein Problem. Darüber hinaus ist für ihn fraglich, wie man etwaigen Straftätern ihre konkreten Taten auch nachweisen könne:
    "Solange wir nicht über ausreichend Informationen verfügen, wer überhaupt deutscher Staatsbürger ist, aber auch was ihm zur Last gelegt wird in Syrien, kann nicht sichergestellt werden, dass entsprechende Ermittlungsverfahren laufen. Die Voraussetzung dafür ist ja, dass Haftbefehle ausgestellt werden können, Untersuchungshaft angeordnet wird. Das ist für uns aber existenziell bei dieser Frage. Im Moment sehe ich nicht, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen sind."
    Abschieben ja - IS-Terroristen zurücknehmen - nein?
    Regierungssprecher Steffen Seibert betont, dass sich Deutschland in dieser Frage intensiv mit den Partnern Frankreich und Großbritannien abspreche. Alle drei Länder waren am Wochenende von US-Präsident Donald Trump aufgefordert worden, ihre in Syrien gefangen genommenen Staatsbürger zurück zu nehmen.
    Aus dem Nichts kommt die Debatte für Berlin jedoch nicht. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster hatte Anfang des Monats bereits einen Aufschlag gemacht: "Wir können nicht von anderen Ländern erwarten, dass sie Gefährder aufnehmen, die wir abschieben wollen, und uns gleichzeitig weigern, deutsche IS-Terroristen aus Syrien zurückzunehmen", hatte Schuster dem Spiegel gesagt.
    Ähnlich argumentiert heute im Deutschlandfunk auch Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken: "Selbstverständlich können wir doch nicht in Deutschland Abschiebungen vornehmen, Ähnliches aber, wenn es um deutsche Staatsbürger geht, dann sagen wir, nee - da haben wir nichts mit zu tun. Nein. Verfahren: Feststellen, ob das Deutsche sind, das muss rechtsstaatlich erfolgen."
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann fordert heute gegenüber der deutschen Presseagentur, IS-Kämpfern mit mehreren Staatsbürgerschaften die deutsche einfach zu entziehen und ihre Rückkehr so unmöglich zu machen.