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Diskussion um Seenotrettung
Aufnehmen, zurückschicken oder verteilen?

Derzeit gibt es keine Lösung zur Frage, wohin Menschen geschickt werden, die aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Außenminister Heiko Maas schlägt vor, dass Deutschland ein festes Kontingent an Geretteten aufnimmt. Andere Politiker wollen nachhaltigere Lösungen - oder die Menschen zurückschicken.

Von Panajotis Gavrilis | 15.07.2019
Rettung aus Seenot von 305 Migranten durch das zivile Rettungsschiff Sea Watch 3 am 13.4.2018
Es gibt noch keine dauerhafte Lösung im Umgang mit Geretteten (dpa / ROPI)
Wie umgehen mit aus Seenot geretteten Menschen? Die aktuelle Situation ist unbefriedigend, so schätzt es der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei ein. Im Deutschlandfunk sagte er: "Dass wir bei jedem einzelnen Schiff in Europa darüber diskutieren, wie man 40, 50 Personen auf die europäischen Staaten verteilt, das ist schon ein Stück weit unwürdig."
Frei spricht von etwa 600 Menschen, die gerettet worden und in Europa im ersten Halbjahr 2019 angekommen seien – aus seiner Sicht "verhältnismäßig kleine Zahlen".
Ein "Bündnis der Hilfsbereiten" hatte der Bundesaußenminister Heiko Maas ins Spiel gebracht, um aus Seenot gerettete Menschen zu verteilen. Er hatte vorgeschlagen: Deutschland sei bereit zu garantieren, nach einer Seenotrettung "immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen."
Maas stellt sich "Bündnis der Hilfsbereiten" vor
Das sei für die Situation zwar in Ordnung, aber keine nachhaltige Lösung. Das Ziel müsse sein, sogenannte Ausschiffungsplattformen in Nordafrika zu schaffen, der CDU-Politiker Frei.
Ob diese jemals realisiert werden – unklar. Nordafrikanische Länder weigern sich und die Lage in Libyen ist katastrophal, weiß auch Frei.
"Es ist vollkommen klar, dass die Lager, die wir derzeit in Libyen sehen, völlig inakzeptabel sind und dass man dort Menschen nicht zurückschicken kann. Deswegen muss das Ziel bleiben – und ich halte das für realistisch –, dass die Europäische Union gemeinsam mit dem UNHCR und IOM solche Ausschiffungsplattformen dort betreibt." In diesen müsse es "menschenwürdig" zugehen, so Frei weiter.
In einem Bericht von 2017 hatte das Auswärtige Amt von systematischen Menschenrechtsverletzungen in Libyen gesprochen und von "KZ-ähnlichen" Verhältnissen "in den sogenannten Privatgefängnissen."
Libyen ist nicht sicher, sagt auch die Grünen-Politikerin Franziska Brantner. Heiko Maas‘ Vorschlag begrüßt sie. Im Deutschlandfunk fordert sie zudem, auf aufnahmebereite Städte zuzugehen.
"Es gibt in ganz Europa Kommunen, Städte in Polen, überall, die sagen: Wir sind bereit, Menschen aufzunehmen, wenn ihr uns finanziell dabei unterstützt. Dieses müssten wir auch mal endlich aufgreifen und zum Beispiel ermöglichen. Dass viele Städte auch in Deutschland, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen – das wir das ermöglichen, finanziell und rechtlich. Das kann man noch endlich mal mit Leben füllen. Das könnte Herr Maas auch noch mitnehmen."
AfD-Politiker lehnt Verteilmechanismus ab
Man müsse immer retten, sagt Gottfried Curio von der AfD. Einen Verteilungsmechanismus lehnt er ab.
"Aber die Leute müssen dann natürlich nach Afrika zurückgebracht werden. Es gibt zig sichere Länder in Afrika."
Der CSU-Politiker Michael Kuffer verteidigt die aktuelle Vorgehensweise mit Verweis auf die Zahlen.
"Wir haben es bisher doch auch gemacht. Wir haben schnelle Lösungen gefunden, um die Leute unterzubringen. Und bei 40 ist die Diskussion auch relativ schnell beendet. Aber wenn wir jetzt nochmal 40 und nochmal 40 und nächste Woche wieder 40 und irgendwann werden es 80 und dann sind es 120, weil sich wieder mehr auf den Weg machen. Eine ‚Koalition der Willigen‘ ist aus meiner Sicht auch die falsche Bezeichnung dafür, dass man kurzfristige Lösungen für etwas finden muss, was dauerhaft noch nicht gelöst ist."
Auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz hat sich zu Wort gemeldet. Im ZDF schlug er vor, dass die Bundesrepublik alle Flüchtlinge aufnehmen solle, die von deutschen Schiffen gerettet würden. Das sei zwar keine "Dauerlösung" aber: Man könne "nicht nichts tun, bis man die langfristige Lösung hat", so Polenz.