Dienstag, 19. März 2024

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Ditib-Moschee in Köln
Ort zum Beten, Ort der Macht

Der Bau sollte ein Zeichen gelungener Integration sein: Doch die Eröffnung der Kölner Ditib-Zentralmoschee durch den türkischen Präsidenten Erdogan vor einem Jahr sorgte für einen Eklat. Ansprachen deutscher Politiker waren nicht vorgesehen. Die Forderung nach mehr Transparenz an den Hausherrn bleibt.

Von Moritz Küpper und Vivian Leue | 29.09.2019
DITIB-Zentralmoschee in Köln
Vor einem Jahr wurde die Kölner Zentralmoschee durch den türkischen Präsidenten Erdogan eröffnet - es kam zum Eklat. Die Stadt Köln zeigte sich enttäuscht über den Umgang der Ditib mit Vertretern der Stadtgesellschaft. (imago / Jan Tepass)
Es ist ein Freitagnachmittag Mitte September in Köln. An der Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld treffen hunderte Gläubige ein, zum traditionellen Freitagsgebet.
Frau: "Wenn ich hier in die Moschee gehe, dann mache ich das sehr bewusst, zum einen weil ich mich hier sehr wohl fühle und weil ich einfach das Gefühl habe, ganz selbstverständlich in Deutschland meinen Glauben leben zu können."
Mann: "Das ist herrlich, wunderbar. Früher war’s natürlich eben barackenmäßig, nicht nur hier, überall in Deutschland, im gesamten Europa. Also ich finde es natürlich jetzt viel schöner als vorher."
Frau: "Das ist ein architektonisches Meisterwerk. Also, Muslime sind Teil der deutschen Gesellschaft, wie jede andere Gruppe auch und das kann man dann auch zeigen. Also jeder hat was, was er zur Gesellschaft beitragen kann und das kann man damit dann auch zeigen."
03.10.2018, Nordrhein-Westfalen, Köln: Besucher stehen am Tag der offenen Moschee in der Ditib Zentralmoschee. Rund 1300 Moscheen in Deutschland öffnen für interessierte Gäste. Foto: Henning Kaiser/dpa | Verwendung weltweit
Im Oktober 2018 konnten interessierte Gäste am Tag der offenen Moschee die Räumlichkeiten besichtigen (dpa)
Pompöser Bau in Köln-Ehrenfeld
Es ist ein pompöser Bau, ein Hingucker, direkt an einer der meistbefahrensten Straßen Kölns gelegen, dem nördlichen Einfallstor in die Stadt. Die Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, besticht durch kunstvoll durchbrochene sandfarbene Betonschalen und viel Glas. Zwei Minarette ragen 55 Meter in die Höhe, durch die hohen Fenster scheint die warme Herbstsonne in den Gebetsraum. Am Fuß einer breiten Freitreppe laufen Passanten vorbei, Anwohner, die an diesem Freitagnachmittag auf dem Weg nach Hause sind.
Frau: "Sie ist sehr schön, das finde ich nach wie vor und belebt das Viertel, unbedingt."
Frau: "Ich war auch mal drin, ist auch ein schöner Ort. Da kann man sich auch was von abgucken, von dieser gelassenen Stimmung, die da drin ist und dieses Rein- und auf dem Teppich rumtollende Kinder. Hat man in der Kirche jetzt halt noch nicht gesehen."
Mann: "Das war ja am Anfang sehr stark in der Diskussion, ne? Aber so … habe ich jetzt aber auch jetzt nichts großartig, keine große Veränderung feststellen können, jetzt hier im Umfeld."
Für die Menschen in Köln-Ehrenfeld ist die Moschee Teil des täglichen Lebens geworden. Freitagnachmittags gibt es vielleicht etwas mehr Verkehr – aber sonst…
Mann: "Wir wohnen jetzt hier eins weiter, da kriegen wir gar nichts mit. Wird ja immer heißer gekocht als gegessen. … Immer miteinander, ne?"
Frau: "Sie ist halt da, ne? Gehört auch mittlerweile mit dazu."
Der Eingang zur Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld, sie dient der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) als Zentralmoschee.
Köln vermutet, dass die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) "gesteuert ist". (imago / Horst Galuschka)
Machtdemonstration oder Integrationssymbol
Auf politischer Ebene polarisiert die Kölner Zentralmoschee allerdings noch immer.
Für die einen ist sie ein Symbol der Integration, ein Zeichen dafür, dass sich die vielen türkischstämmigen Menschen, die hier im einstigen Arbeiterviertel Ehrenfeld und auch anderswo in Köln eine neue Heimat gefunden haben, dass diese Menschen nach Jahrzehnten in Deutschland angekommen sind.
Andere sehen vor allem den Hausherren der Moschee skeptisch, die Türkisch-Islamische Union Ditib. In den Augen der Kritiker ist die mit rund 1.200 Plätzen wohl größte Moschee in Europa – außerhalb der Türkei – vor allem deshalb das Symbol einer gescheiterten Integration. Eine Machtdemonstration und ein Zeichen dafür, wie viel Einfluss der türkische Staat auf die Muslime in Deutschland hat.
Reker: "Die Entfremdung war vorher da"
Rückblick – Vor einem Jahr, am 29.09.2018, wurde die Kölner Zentralmoschee offiziell eröffnet, allerdings nicht, wie einst geplant und von vielen erhofft vom deutschen Bundespräsidenten oder zumindest einem ranghohen Vertreter der Bundes- oder Landespolitik. Nein, der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan war es, der die Moschee vor tausenden begeisterten Deutsch-Türken feierlich eröffnete:
Recep Tayyip Erdogan spricht bei der Eröffnung der DITIB-Zentralmoschee. Er hebt die Hände.
Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee: "Wir erwarten, dass andere deutsche Städte ähnliche Projekte auf den Weg bringen." (dpa / Henning Kaiser)
"Mit dieser Moschee hat die türkische Gemeinde gezeigt, dass sie ein unzertrennlicher Teil dieser Gesellschaft und dieses Landes ist und wir erwarten, dass andere deutsche Städte ähnliche Projekte auf den Weg bringen", so Erdogan.
Türkischer Staatsakt auf deutschem Boden
"Ich glaube, da hat einfach eine Entfremdung stattgefunden. Kann sein, dass sie ihren Höhepunkt hatte in dem Besuch des türkischen Staatspräsidenten, aber die Entfremdung war vorher da", sagt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker heute, ein Jahr nach dem Eklat. Sie blieb der Veranstaltung damals fern.
"Ich wäre zu der Eröffnung gegangen, wenn ich dort hätte sprechen können. Ich gehe nur nicht zur Eröffnung als Staffage, das mache ich nicht."
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker 
Oberbürgermeisterin Henriette Reker fordert von Ditib Unterstützung zu "unseren Werten wie Freiheit, Vielfalt und Toleranz". (imago stock&people)
Nicht nur die Oberbürgermeisterin wurde brüskiert.
"Damit hat die Ditib das Zeichen gesetzt: Ja, wir sind vor allem türkisch", erklärt die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler. Vor allem die Kölner hatten sich für die Eröffnung ein Fest der Kulturen gewünscht, stattdessen sprechen nun manche von einem türkischen Staatsakt auf deutschem Boden. Das Ereignis hat tiefe Wunden hinterlassen.
"Das wird vielleicht etwas sein, worüber man in 20, 30 Jahren noch spricht oder was man der Ditib in 20, 30 Jahren noch vorwirft. Ich hätte mir gewünscht, dass man so ein symbolträchtiges Ereignis noch mal anders aufzieht und damit die Gelegenheit ergreift, zu zeigen: Wir sind deutsche Muslime und nicht türkische."
Dieser Wunsch, dass sich insbesondere die vielen türkischstämmigen Muslime in Deutschland mit einer repräsentativen Moschee ihrer neuen Heimat noch näher fühlen, war von Beginn an mit dem Bau verknüpft.
Menschen schwenken in der Öffentlichkeit türkische Staatsflaggen.
Erdogan-Anhänger demonstrieren an der Ditib-Zentralmoschee in Ehrenfeld. (imago/Future Image/C.Hardt)
Köln arbeitete gegen den Widerstand zur Moschee
Das zeigte sich schon 1996, als der Kölner Stadtrat entschied, einen solchen Moschee-Bau zu unterstützen. Fünf Jahre später, 2001, verschickte die Ditib eine offizielle Anfrage für den Bau an die Stadtverwaltung. Es folgte ein internationaler Architektenwettbewerb, den im Jahr 2006 der Kölner Architekt Paul Böhm und sein Vater gewannen. Ein katholischer Architekt sollte die größte Moschee Europas bauen – viele Befürworter des Projektes sahen sich in ihren Hoffnungen, die Moschee könne die Integration fördern, bestätigt.
Doch auf die öffentliche Präsentation des Entwurfs folgten jahrelange Proteste und Diskussionen. Zu groß, zu gewaltig, zu zentral – so die häufigste Kritik.
Gegner des Moschee-Projekts gab es viele, erinnert sich der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma, CDU, im Deutschlandfunk:
"Angefangen mal von der eigenen Partei. Dann bei vielen Menschen vor Ort, die damalige Gruppe ‚Pro Köln‘ an der Spitze. Aber auch viele andere, die grundsätzlich gegen alles, was mit Ausländern zu tun hat, mit Migranten zu tun hat. Ich hab da auf dem Marktplatz in Ehrenfeld viele Diskussionen geführt, die zeigten, dass da so ein grundsätzlicher Widerstand gegen war. Und da haben wir versucht gegenzuhalten."
DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld
Hort des interkulturellen Dialogs - das habe Ditib häufiger versprochen und doch wieder Hoffnungen enttäuscht, sagen Kritiker. (Geisler-Fotopress)
Ditib trennte sich vom Architekten Paul Böhm
Wir, das waren von 2007 an nicht nur Oberbürgermeister Schramma und Teile des Stadtrates, das war auch der von der Ditib eingesetzte Moschee-Beirat, eine Gruppe von Vertretern aus Politik und Stadtgesellschaft, die die Türkisch-Islamische Union bei dem Großprojekt unterstützen sollte. Unter ihnen: Der Kölner Unternehmer und Vorsitzende des Ehrenfelder Karnevals-Vereins, Jochem Falkenhorst,– er erinnert sich:
"Wir waren Samstagmorgen um was weiß ich wie viel Uhr da und haben die Gegenwehr zu Pro Köln und den Rechten gemacht. Wir haben gesagt: Köln ist bunt und nicht braun. Wir haben da gestanden."
Die Aktionen zeigten Wirkung, die Akzeptanz unter den Bürgern Kölns für das Projekt wuchs. Doch währenddessen entstanden neue Probleme. 2011 stellte die Ditib Baumängel am Gebäude fest und trennte sich vom Architekten Paul Böhm. Der wehrte sich gegen diese – in seinen Worten – Rufschädigung. Letztlich begleitete Böhm die Fertigstellung des Baus als Berater.
Rückblickend sagt der Architekt heute:
"Wir wollten erreichen, dass die Menschen, die hier leben und einen bestimmten Glauben leben, dass die ein würdiges und adäquates Haus bekommen."
Ditib-Vorsitzender: "Nicht an dieser Kritik festbeißen"
Immerhin gab es in Köln wie in den meisten deutschen Städten größtenteils lediglich sogenannte Hinterhof-Moscheen: Gebetsräume in verlassenen Gewerbeeinheiten oder anderen Baracken. Der Bau einer repräsentativen Moschee war deshalb wichtig, meint Böhm.
"Das hat einen Prozess eingeleitet, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Und solche Prozesse, die haben Fortschritte und Rückschritte. Manchmal geht es auch drei Schritte zurück und nur zwei Schritte vor, manchmal geht es aber auch einen Schritt zurück und drei vor. Und bisher war es so, dass die Tendenz nach vorne ging."
Diesen Schritt nach vorne, den gab es schon kurz nach der Moschee-Eröffnung durch Erdogan. Am 3. Oktober 2018, dem traditionellen Tag der offenen Moschee, öffnete auch die Kölner Zentralmoschee ihre Pforten – und präsentierte sich, ganz anders als bei ihrer offiziellen Eröffnung vier Tage zuvor, gesprächsbereit, offen – ja, versöhnlich.
Nevzat Yasar Asikoglu, der Vorstandsvorsitzende der Ditib, spricht in Köln im Juni 2016.
Nevzat Yasar Asikoglu, der Vorstandsvorsitzende der Ditib, spricht von "positiven Signalen für die Zukunft". (AFP / Maja Hitij)
"Natürlich hat es Unzulänglichkeiten gegeben", räumte der damalige Ditib-Vorsitzende, Nevzat Yasar Asikoglu, zum Thema Moschee-Eröffnung ein.
"Wir nehmen diese Kritik an, aber man sollte sich nicht an dieser Kritik festbeißen. Man muss hier jetzt schauen, mit welchen Gemeinsamkeiten, mit welchen gemeinsamen Zielen wir in die Zukunft schauen können. Wir sollten der Stadt Köln und den Menschen hier vor Ort positive Signale für die Zukunft senden, für ein besseres Miteinander."
Wenn Herr Erdogan in Ankara hustet
Am Tag der Offenen Moschee galt das offenbar: Anders als vier Tage zuvor wurden alle Reden auf Deutsch gehalten: NRW-Integrationsminister Joachim Stamp war dabei, der Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld, Josef Wirges, und ein Vertreter der evangelischen Kirche. Integrationsminister Stamp sagte mit Blick auf die Moschee-Eröffnung kurze Zeit zuvor.
"Ich hatte auch den Eindruck, dass man möglicherweise unterschätzt, wie diese Veranstaltung hier auch wirkt. Dementsprechend müssen wir weitermachen. Aber es kann eben auch nicht so sein, dass Herr Erdogan in Ankara hustet und dann ist alles, was wir hier gemacht haben, wieder kaputt. Das haben wir oft genug gehabt. Und dann muss man sich auch ehrlich bekennen, dass man zu Deutschland gehört und das müssen wir als deutsche Politik auch unterstützen, aber dann muss man den Weg auch konsequent gehen."
Der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Wirges ergänzte:
"Politiker, die Macht und Einfluss haben, kommen und gehen, aber die Moschee bleibt. Und das ist genau der Punkt. Wir müssen jetzt an die Zukunft denken, wir müssen das Trennende versuchen zu überwinden."
Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan halten in Köln Fahnen. Einer hält ein Schild hoch mit der Aufschrift "Erdogan ist ein Held der Demokratie".
NRW-Integrationsminister Stamp: "Man muss sich auch ehrlich bekennen, dass man zu Deutschland gehört und das müssen wir als deutsche Politik auch unterstützen." (dpa picture alliance / Henning Kaiser)
Doch wofür steht die Ehrenfelder Ditib-Moschee heute, ein Jahr nach der offiziellen Eröffnung durch Erdogan? Ist sie das erhoffte Symbol der gelungenen Integration?
Was der Imam in seiner Freitagspredigt predigt
In Köln-Ehrenfeld sind sich die meisten Moschee-Besucher einig: Ihnen geht es um das Gebet, nicht um die Politik:
Mann: "Ist doch schön, dass wir den Dom in Köln haben und auch diese Moschee in Köln haben."
Mann: "Das war natürlich ein politisches Event, dass Herr Erdogan hier war, das ist natürlich das Staatsoberhaupt der Türkei. Es ist jemand Wichtiges, ob man ihn mag oder nicht. Es musste nicht unbedingt sein, aber okay."
Frau: "So eine schöne Moschee, das aus unterschiedlichen Kulturen die Menschen hierhin kommen, ist wirklich toll."
Die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, weiß, wie wichtig die Moschee in Köln-Ehrenfeld für die gläubigen Muslime ist.
"Es ist in der Tat ein Dilemma", sagt sie – denn letztlich könne die nordrhein-westfälische Landespolitik diese Moschee eben nicht abgekoppelt von ihrem Hausherren, der Ditib, sehen. Es sei wichtig, zu wissen:
"Was predigt der Imam im Rahmen seiner Freitagspredigt? Ist er deutschlandkritisch, was natürlich dazu beiträgt, dass man ein anderes Verhältnis zu Deutschland aufbaut oder anders an Deutschland herangeht, es nicht als seine Heimat betrachtet."
Einfluss der Religionsbehörde auf hiesige Gemeinden
Ein Imam in der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Berlin.
Ditib-Imamen wurde vorgeworfen, Berichte über potentielle Regierungskritiker in der Moschee an Ankara weitergegeben zu haben. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
Beispiele dafür habe es bundesweit immer wieder gegeben, sagt sie, insbesondere seit Erdogan in der Türkei das Sagen hat. So kam es zum Beispiel Anfang 2017 zur sogenannten Bespitzelungsaffäre: Ditib-Imamen wurde vorgeworfen, Berichte über potenzielle Regierungskritiker unter den Moschee-Mitgliedern in Deutschland an Ankara weitergegeben zu haben. Auch wenn der Generalbundesanwalt die Ermittlungen schließlich einstellte, Serap Güler fordert für die Zukunft mehr Transparenz:
"Ich wünsche mir von der Ditib ein klares Zeichen, bestimmte Dinge anders anzugehen. Das ist ganz klar die enge Anbindung an Ankara."
Meint Güler. Skepsis auch im Kölner Rathaus:
"Natürlich haben wir die Vermutung, dass die Ditib gesteuert ist", sagt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. "Die Vorsitzenden haben sich auch immer weiter ins Konservative verändert, sage ich mal. Ins Türkisch-Konservative."
Zentraler Kritikpunkt ist immer wieder der Einfluss der türkischen Religionsbehörde Diyanet auf hiesige Gemeinden. Die Direktorin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Uni Frankfurt, Susanne Schröter, erklärte dazu im Deutschlandfunk:
"Die Ditib hat sich unter Erdogan ganz stark zu einem politischen Instrument, der türkischen Regierung entwickelt. Wenn Sie in die Satzung schauen, dann sehen Sie, dass Diyanet-Funktionäre in allen wichtigen Gremien eine erschlagende Präsenz haben, so dass keinerlei Entscheidung getroffen werden kann, die Diyanet nicht gefällt. Dazu kommt die bekannte finanzielle Abhängigkeit. Und wir sehen es auch ideologisch: Wichtige Themen, die der türkischen Regierung jetzt am Herzen liegen, die finden Sie auch immer wieder als Themen der Freitagspredigten."
Falkenhorst: "Die Kommunikation wurde immer weniger"
Das Logo der Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ist an der Zentralmoschee in Köln zu sehen.
Das Ditib-Logo an der Zentralmoschee in Köln. (dpa / Oliver Berg)
Die Ditib sieht in ihren engen Verbindungen zum türkischen Staat keinen Konflikt. Der Verband bekenne sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands und verfolge vor allem gemeinnützige, religiöse und wohltätige Zwecke, heißt es.
Der Kölner Unternehmer und Moschee-Beirat Jochem Falkenhorst berichtet, dass es anfänglich sehr gute Kontakte zur Ditib gab:
"Wir hatten ein super tolles Verhältnis früher zu der Ditib. Wir konnten offen reden, haben Fußball zusammen geguckt, wir haben Spaß zusammen gehabt, man hat sich gegenseitig eingeladen und dann wechselte – ich weiß gar nicht, der wievielte Vorstand jetzt im Amt ist – wurde die Kommunikation immer weniger."
Viele, die leidenschaftlich für den Bau der Zentralmoschee gekämpft hatten, fühlten sich enttäuscht und hintergangen. Einige verließen deshalb den Beirat, Jochem Falkenhorst blieb, trotz eines gewissen Unbehagens.
"Man will doch eigentlich nur ein Gebetshaus haben und die Muslime wollen hier beten. Die möchten dieses politische Geplänkel hier im Grunde genommen gar nicht."
Eigenes Ditib-Ausbildungszentrum für Imame in der Eifel
Serap Güler, CDU-Landtagsabgeordnete aus NRW
Serap Güler, CDU, ist Integrations-Staatssekretärin. Sie habe ein Problem damit, dass es bei Ditib offenbar kein Interesse an einem Veränderungsprozess gibt, sagt sie. (picture alliance / Kay Nietfeld / dpa)
Integrations-Staatssekretärin Serap Güler will im Gespräch bleiben, erwartet aber Veränderungen:
"Ich räume der Ditib durchaus eine gewisse Zeit für diesen Umstrukturierungsprozess ein. Mein Problem ist, ich merke nicht, dass er begonnen hat oder dass man das Interesse hat, einen beginnen zu lassen."
Möglicherweise gibt es jetzt aber doch erste Anzeichen für einen solchen Veränderungsprozess. So lädt die Ditib mittlerweile regelmäßig zu Pressekonferenzen ein, zuletzt im Juli dieses Jahres.
"Seit unserem letzten Treffen hat sich bei Ditib einiges verändert…",
sagt der Vorstandsvorsitzende der Ditib, Kazim Türkmen.
"Wir sind als Ditib hier beheimatet und leisten hier unsere Beiträge. Es gibt natürlich immer wieder neue Herausforderungen und daher immer wieder Bedarf zu neuen Ansätzen."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Kazim Türkmen will Imame ausbilden lassen: Studiengänge in islamischer Theologie an deutschen Unis qualifizierten nicht hinreichend für eine Tätigkeit als Imam. (dpa/Oliver Berg)
So will die Ditib ihre Imame von diesem Herbst an in einem eigenen Zentrum in der Eifel ausbilden, erklärt Türkmen. Bisher werden Imame und Seelsorger für die mehr als 800 Gemeinden überwiegend von der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet nach Deutschland geschickt. Diese rund 1.000 Imame sollen nun nach und nach durch Prediger ersetzt werden, die in Deutschland aufgewachsen sind und hier ausgebildet wurden. Die Studiengänge in islamischer Theologie, die es inzwischen an einigen deutschen Universitäten gibt, qualifizieren nicht hinreichend für eine Tätigkeit als Imam. Ditib-Generalsekretär Abdurrahman Atasoy betont den Willen zur Verständigung:
"Es ist auch wichtig, dass man hier erwähnt, dass wir hier als Ditib schon seit 1984 versuchen, alles mit aufzubauen und zu gestalten, teilzuhaben. Es ist auch wichtig, dass wir als Religionsgemeinden die Gemeinsamkeiten hervorrufen möchten und dass in Deutschland die Gemeinsamkeiten gestärkt werden."
Reker fordert von Ditib Bekenntnis zu Freiheit, Toleranz
Um diese Gemeinsamkeiten zu stärken und mögliche Vorurteile abzubauen, will die Ditib an der Zentralmoschee in Ehrenfeld ein sogenanntes Moschee-Forum aufbauen.
Innenaufnahme der Kölner Zentralmoschee 
Innenraum der Ditib-Zentralmoschee in Köln (imago images / Guido Schiefer)
Es soll sich um die Besucheranfragen kümmern und Lesungen, Vorträge, Ausstellungen oder musikalische Aufführungen organisieren. Für manche Kölner, die den Moscheebau seit Beginn des Projekts begleiten, klingen diese Vorschläge nicht neu. Die Zentralmoschee als Hort des interkulturellen Dialogs - das hat die Ditib schon häufiger versprochen, und dann eben doch wieder Hoffnungen enttäuscht.
Kölns Oberbürgermeisterin Reker fordert deshalb eine klare Linie:
"Wichtig ist mir, dass sich die Ditib öffnet in die Stadtgesellschaft und damit meine ich nicht einzelne Veranstaltungen oder Straßenfeste oder Tage der offenen Moschee, sondern damit meine ich wirklich, dass unsere Werte von Freiheit, Vielfalt und Toleranz Unterstützung erfahren."
Für Gespräche mit der Ditib stehe sie bereit, sagt sie.
Mehrere Menschen blicken von einer Empore in die Zentralmoschee des muslimischen Verbandes Ditib in Köln-Ehrenfeld. Dort fand am 10. Oktober 2018 ein Tag der offenen Tür statt.
Offen zeigt sich die Ditib am "Tag der offenen Tür" in der Moschee (Imago / Guido Schiefer)
Zurück in Köln-Ehrenfeld. Ein Familienvater mit seiner einjährigen Tochter auf dem Arm und seine Frau sind auf dem Weg zum Freitagsgebet. Er komme schon seit 30 Jahren hierher, sagt der Mann – früher in die Baracke und heute in diese Moschee.
"Es ist auf jeden Fall für uns ein schöner Ausflug an so einem schönen Tag hierher zu kommen."
Er komme, um seine Religion auszuüben, um zu beten – nicht, um über Integration oder gar Politik zu diskutieren. Er sei Kölner, seine Familie auch.
"Es ist nicht nur das Gebet, wo wir hinkommen, es ist die Moschee, das ist ein Event für sich selber. Wir gehen danach Eis essen, wir gehen spazieren und deshalb kommen wir jeden Freitag hierher."