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DIW-Studie
Kohleabgabe wäre beste Lösung für Klimaziel

Die vom Bundeswirtschaftsminister geplante Abgabe für Kohlekraftwerke wäre der beste Weg, um das Klimaschutzziel bis zum Jahr 2020 zu erreichen: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die diskutierte Alternative, die Umwandlung großer Braunkohle-Kraftwerke, fällt bei der Untersuchung durch.

Von Verena Kemna | 24.06.2015
    Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerkes in Jänschwalde und spiegelt sich dabei in einem abgelassenen Fischteich. Die Kraftwerkstechnologie ist in der Klima-Debatte schon lange ein Zankapfel. Laut Greenpeace zählt Jänschwalde zu den fünf klimaschädlichsten Braunkohlekraftwerken in Europa.
    Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerkes in Jänschwalde und spiegelt sich dabei in einem abgelassenen Fischteich. (picture alliance / ZB / Patrick Pleul)
    Ob die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Klimaabgabe für ältere Kohlekraftwerke nun vom Tisch ist, oder ob das Dementi des Bundeswirtschaftsministers gilt, das Ergebnis der Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist eindeutig. Im Auftrag der Heinrich-Böll- Stiftung und der European Climate Foundation haben Wissenschaftler analysiert, wie sich CO2-Emissionen im Stromsektor bis 2020 soweit senken lassen, dass das von der Bundesregierung gesetzte 40-Prozent Klimaschutzziel erreicht werden kann. Dabei schneidet die umstrittene Klimaabgabe für besonders klimaschädliche Kohlekraftwerke am besten ab, erklärt Claudia Kemfert vom DIW. Mit diesem Instrument ließen sich, je nach Höhe der Abgabe, bis zu 18 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zusätzlich reduzieren. Eine Produktionsverlagerung von alten Braunkohlekraftwerden auf effizientere Steinkohlekraftwerke sowie eine Verlagerung von alten Steinkohle- auf Gaskraftwerke würde helfen, die Emissionen im deutschen Stromsektor deutlich zu mindern.
    "Dadurch dass die Emissionen gedeckelt werden, kann man die Klimaschutzziele tatsächlich erreichen. Es ist auch vom Strompreiseffekt überschaubar. Es entsteht ein Strukturwandel, den wir heute brauchen. Es gibt vor allem keine Verlagerungen von Emissionen ins Ausland weil man das deckelt."
    Überkapazitäten würden abgebaut, der Markt bereinigt und Stromexportüberschuss vermindert. Auch den Einfluss der Klimaabgabe auf die Haushaltsstrompreise stufen die Autoren der Studie als gering ein. So läge eine Mehrbelastung für private Haushalte bei weniger als 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Große Industrieverbraucher müssten mit einer Strompreissteigerung von etwa 0,3 Cent pro Kilowattstunde rechnen. Trotz Klimaabgabe würde das Niveau des Strompreises unterhalb der Großhandelspreise der Jahre 2010 bis 2013 liegen. Deshalb sei eine Abwanderung energieintensiver Industrie nicht zu erwarten. Weil klimaschädliche Kraftwerke nicht stillgelegt würden, sondern lediglich ihre Auslastung reduzieren müssten, sei kaum mit Arbeitsplatzverlusten in der Kohlewirtschaft zu rechnen. Vor allem aus den Braunkohleländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen kommt heftiger Widerstand gegen die Klimaabgabe. Auch die Energiewirtschaft und der Wirtschaftsflügel der Union machen sich stark gegen die Klimaabgabe. Das politische Gerangel hinter den Kulissen ist schwer zu durchschauen, meint auch Claudia Kemfert
    "Es ist ein unglaubliches Geschacher um solche Ziele, um die es hier geht. Einerseits will man die Klimaziele erreichen, andererseits will die Kohleindustrie nicht wirklich einen Beitrag leisten. Sie wollen nur Geld und nichts dafür leisten und das ist für die deutsche Volkswirtschaft nicht unbedingt die beste Lösung."
    IG-BCE-Vorschlag "ineffektiv und teuer"
    In der Studie wird neben der Klimaabgabe auch der Vorschlag der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie geprüft. Demnach ist eine Kapazitätsreserve vorgesehen, also das Stillegen von Kohlekraftwerken gegen finanzielle Entschädigung sowie eine stärkere Förderung von Kraft-Wärme-Koppelung. Wenn, wie derzeit im Gespräch, Braunkohlekraftwerke mit einer Leistungsstärke von 2,7 Gigawatt, in eine Kapazitätsreserve überführt werden, würde das nur einen sehr geringen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Dazu kommt, dass die Stromkunden am Ende die Rechnung bezahlen müssten. Ein Vorschlag also, der in der Studie nicht gut abschneidet.
    "Der ist ineffektiv und teuer. Also wir haben höhere Strompreise für den Haushaltskunden. Insofern müsste dann der Stromkunde eine Abwrackprämie zahlen für alte Kraftwerke die ohnehin vom Netz gehen würden und das sehen wir als sehr ineffektiv und teuer an."
    Die DIW Studie bewertet die Klimaabgabe als effizienten Beitrag, um die selbstgesteckten Ziele der Bundesregierung zur Reduzierung von CO2-Emissionen bis 2020 zu erreichen. Claudia Kemfert vom DIW hofft, dass sich die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel geplante Klimaabgabe doch noch durchsetzt.
    "Herr Gabriel selber hat gesagt, er will kein Hartz IV für alte Kraftwerke bezahlen. Wenn wir ihn da beim Wort nehmen, dann darf er diesem IG BCE Vorschlag nicht stattgeben."
    Auch Martin Rocholl Leiter der European Climate Foundation Deutschland setzt auf politische Vernunft.
    "Also meine Hoffnung ist nach wie vor, dass sich die Bundesregierung auf ihren ursprünglichen Vorschlag besinnt, weil das eindeutig effizienter ist, als das, was an Alternativvorschlägen auf dem Tisch liegt."