Freitag, 29. März 2024

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Dlf-Sportgespräch
"Ich wollte Basketball nie als meinen Beruf sehen"

Dirk Nowitzki feiert am 19.07.2018 seinen 40. Geburtstag. Erst vor knapp einem Jahr hat der Basketballer seinen Vertrag bei den Dallas Mavericks noch einmal verlängert. Im Dlf-Sportgespräch sprach er damals über seine Pläne, seine Stiftungsarbeit und das Leben unter Donald Trump.

Dirk Nowitzki im Gespräch mit Astrid Rawohl | 09.07.2017
Dirk Nowitzki jubelt nach einem Treffer.
Dirk Nowitzki jubelt nach einem Treffer. Er hat inzwischen mehr als 30.000 Punkte erzielt. (dpa-Bildfunk / AP / LM Otero)
Astrid Rawohl: Das Sportgespräch heute Abend mit Astrid Rawohl und einem Gast, der nicht groß vorgestellt werden muss: Dirk Nowitzki, 2,13 Meter groß, Basketball-Ikone, NBA-Superstar, spielt für die Dallas Mavericks und manchmal auch Fußball, dann aber eher zum Spaß und für einen guten Zweck so wie zuletzt hier in Mainz. Da haben Sie, Herr Nowitzki, bei dem Benefiz-Fußballspiel zu Ehren des schwerverletzten Formel-I-Piloten Michael Schumacher 100.000 Euro gesammelt für dessen Stiftung "Keep on fighting" und für Ihre "Dirk Nowitzki Stiftung" in Würzburg. Was verbindet Sie mit Michael Schumacher?
Dirk Nowitzki: Ich kenne den Michael schon lange, lange Zeit. Ich habe damals öfters bei seinem Fußballspiel mitgekickt. Das hat er ja immer damals in Mannheim gemacht: Das Spiel des Herzens. Und das war eine tolle Sache immer damals. Da kam so ein bisschen die Idee letztes Jahr, mit meiner Stiftung das noch mal aufleben zu lassen, dass wir alle auch an Michael denken und ihm da ein bisschen positive Energie schicken. Da kam die Idee her und dann haben wir angefragt bei seiner Familie und bei der Sabine Kehm, die das ja schon lange, lange Jahre macht, und so haben wir das dann aufgezogen letztes Jahr. Es war ein tolles Event, wie es unterstützt worden ist von den Fans, aber auch von den Mitwirkenden, von den Persönlichkeiten, die kamen letztes Jahr, ob es ein Henry Maske war oder ein Lars Riedel. Das war eine tolle, tolle Sache und wir haben auch letztes Jahr super viel Geld eingenommen, auch dank meiner Sponsoren und Partner und Fans, die da waren. Und da haben wir gesagt, wenn es vom Zeitplan her passt, würden wir das gerne wieder machen, und dann haben wir wirklich einen Zeitpunkt gefunden und das war jetzt eine tolle Zeit wieder und war rundum gelungen, glaube ich.
Der Basketballer Dirk Nowitzki bei einer Pressekonferenz.
Dirk Nowitzki im DLF-Sportgespräch (Bauerfeind)
Rawohl: Fast 40 Persönlichkeiten, Stars, Sportidole, Showgrößen, sind Ihrer Einladung gefolgt. Ich nenne mal nur ein paar: Lukas Podolski, Serge Gnabry, der frisch gebackene Fußball-Europameister-Trainer der U21 Stefan Kuntz hat ganz kurzfristig nach dem Titelgewinn zugesagt, diverse andere Turner, Fabian Hambüchen – ich könnte die Liste fortsetzen. Wie einfach oder wie schwer ist es, diese Größen für so ein Event zu gewinnen?
Nowitzki: Ja, das ist immer wieder schwer. Im Vorfeld versuchst Du natürlich, sehr, sehr viele Leute zu fragen, weil in letzter Minute immer sehr, sehr viele doch leider noch abspringen. Das ist einfach so, das gehört zu solchen Spielen auch dazu, dass immer noch was dazwischenkommt. Klar wissen wir natürlich auch, die Persönlichkeiten werden ja auch in viele Richtungen gezogen. Jeder will was, jeder macht irgendwas. Von daher freue ich mich, dass wieder so viele Leute Zeit gemacht haben und kamen und uns unterstützt haben. Es war wieder eine rundum tolle Sache.
Rawohl: Was bedeutet Ihnen dieser Zusammenhalt genau dieser Persönlichkeiten, die ansonsten ja tatsächlich eher Markenbotschafter sind, ihre Persönlichkeit auch vermarkten, gemeinsam für einen guten Zweck einzustehen?
Nowitzki: Ich glaube, die Sportgemeinschaft hält zusammen, vor allem im kleinen Deutschland. Man kennt sich, ich kenne die meisten Fußballer und man hat sich hier und da gesehen auf Terminen, Sponsor-Terminen, irgendwelchen anderen Sachen. Ja, man unterstützt sich gegenseitig, wo es nur geht, und vor allem, eben weil viele wissen, es ist für einen guten Zweck. Dann versuchen sie natürlich, doch es zu schaffen, und deswegen waren auch wieder so viele Leute da. Hat Spaß gemacht.
Rawohl: Sind Sie insgesamt mit dem Ertrag und auch der Aufmerksamkeit zufrieden? 16.000 waren im Stadion, es wurde groß übertragen im Fernsehen, 100.000 Euro sind zusammengekommen. Sind Sie damit zufrieden?
Nowitzki: Ja, war doch schön wieder. Ich glaube, dass wir letztes Jahr ein paar Fehler gemacht haben in der Orga und dass wir das jetzt einfach versucht haben, noch zu bündeln, ein bisschen besser zu machen. Von daher glaube ich, dass es toll gelaufen ist. Das so was im Live-Fernsehen läuft, ist natürlich auch schon Wahnsinn. Hätten wir natürlich nie gedacht damals, als wir letztes Jahr angefangen haben zu überlegen, wir machen so einen Benefiz-Kick, dass so was mal live im Fernsehen übertragen wird. Das ist natürlich eine schöne Nebensache und hat natürlich auch noch eine größere Wirkung und eine bessere Nachwirkung. Von daher war es, glaube ich, gut.
Rawohl: Ein geflügeltes Wort lautet, tue Gutes und rede darüber. Sie tun viel Gutes, reden aber nicht gerne darüber. Woher kommt das?
Nowitzki: Ja, gute Frage. Ich habe jetzt meine Stiftung in Deutschland schon seit 2005. Ich habe meine Stiftung in Amerika schon seit 2001. Wir machen stiftungsmäßig schon lange, lange Zeit schöne, schöne Sachen. Wir haben viele Projekte begleitetund gefunden, die super, super sind und die so ein bisschen im Hintergrund stehen, aber durch unsere Unterstützung weitermachen können und schöne Sachen für die Kids machen können. Von daher sind das schöne Sachen, aber das muss nicht immer alles an den großen Nagel gehängt werden. Wie gesagt, das kann man auch mal so machen.
Dirk Nowitzki beim Benefiz-Fußballspiel "Champions for Charity"
Dirk Nowitzki beim Benefiz-Fußballspiel (Bauerfeind)
Rawohl: Ist es eher schwierig, als großartige Sportler-Ikone, Förderer und Stiftungsunterstützer zu gewinnen, weil die sagen, der hat doch eh genug Geld, der braucht nicht noch mehr Unterstützung? Oder ist es doch einfacher, weil man einfach so eine Persönlichkeit ist und sich jeder damit gerne ja auch schmückt?
Nowitzki: Ja, so ein bisschen beides. Bei solchen Events, wie wir gemacht haben, ist es, glaube ich, leichter. Da können sich alle mit identifizieren. Da können Fans kommen und können damit ihren Beitrag leisten und helfen. Von daher sind solche Events, glaube ich, der richtige Weg. Das ist nicht nur irgendwie ein Abendessen, wo Du sagst, hier, gib mir Geld, spende jetzt mal; das ist etwas, wo wir alle auch Spaß haben können, zusammen, Fans und alle Unterstützenden. Von daher ist das, glaube ich, gut.
Rawohl: Und es hat sich hoffentlich auch keiner verletzt.
Nowitzki: Ich glaube, einer hat sich ein bisschen den hinteren Oberschenkel gezerrt oder so. Aber ansonsten sind, glaube ich, alle ganz gut durchgekommen. Ich habe gesehen, ein paar haben richtig gekämpft, die haben gefightet, die sind da echt ein bisschen hart rangegangen für einen Benefiz-Kick. Aber trotzdem sind alle ganz gut durchgekommen.
Rawohl: Sie machen so was gerne, wenn es Spaß macht. Das hat man gesehen. Sie haben nicht nur die wunderbare Schwalbe, die zum Elfmeter führte, hingelegt, sondern anschließend auch nach einem Foul Liegestütze. Der Spaßfaktor muss dabei sein, oder?
Nowitzki: Ja. Ich glaube, das gehört so ein bisschen dazu bei so einem Kick. Ich meine, die Leute kommen ja nicht oder die Leute schauen nicht im Fernsehen zu, um da ein gutes Fußballspiel zu sehen. Die wissen ja, dass wir ein paar gute Fußballer dabei hatten, aber dass wir auch sehr, sehr schlechte Fußballer dabei hatten, und da steht der Spaßfaktor im Vordergrund. Es waren, glaube ich, ein paar tolle Aktionen dabei, auch von ein paar Nichtfußballern. Wie der Mika Häkkinen rechts außen vorgerannt ist mit Ball, war absolut Weltklasse. Da hatten alle wieder einen riesen Spaß und das steht schon auch im Vordergrund.
"Das ist jetzt einfach mal die Welt, in der wir leben."
Rawohl: Sie selbst betonen ja immer wieder, dass Ihnen Geld, Geld zu haben, Reichtum eigentlich überhaupt nicht viel bedeutet. Das sind nicht nur geflügelte Worte, sondern Sie beweisen das auch dadurch, dass Sie Ihren Vertrag selber zu Ihren Ungunsten beispielsweise bei den Dallas Mavericks gekündigt haben und wahrscheinlich auch wieder auflösen, um für andere Spieler mehr Potenzial zu schaffen. Durch den neuen Rahmentarifvertrag der NBA mit der Spielergewerkschaft und der Liga können einzelne Spieler nun Gehälter von über 200 Millionen Dollar erreichen. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Nowitzki: Ja. Wahnsinn! – Wahnsinn! – Aber man muss natürlich einfach sehen, dass es der Liga gut geht, dass es den Eigentümern gut geht, dass wir einen Riesen-Fernsehdeal unterschrieben haben, ähnlich wie hier im Fußball in der Premium League. Was da auch für Summen jetzt geflossen sind in den letzten paar Jahren und Ablösesummen, ist absolut Wahnsinn. Das ist bei uns noch ein bisschen zu vergleichen, dass wir einen Riesen-Fernsehdeal unterschrieben haben, der jetzt vor zwei Jahren reingekommen ist. Das heißt, die Gehaltsobergrenze ist nach oben geschoben worden, und dadurch hat jetzt einfach jede Mannschaft mehr Platz und mehr Geld zur Verfügung, um das auszugeben, und dadurch kommen jetzt diese Summen zustande. Das ist natürlich Wahnsinn, kann man so als normaler Mensch gar nicht richtig verstehen, was da jetzt für Summen herumgeworfen werden. Aber es ist jetzt einfach mal so und die Eigentümer müssen einfach das Geld ausgeben, weil es ihnen so gut geht von der Liga her.
Rawohl: Stephen Curry von den Golden State Warriors 201 Millionen Dollar für fünf Jahre, Rekordvertrag. Ist das denn wirklich noch gerechtfertigt und wie ist das zu vermitteln überhaupt noch?
Nowitzki: Ja, gute Frage. Gute Frage, wie das zu vermitteln ist. Aber das ist jetzt einfach mal die Welt, in der wir leben.
Rawohl: Aber nicht Ihre Welt, oder?
Nowitzki: Nicht meine Welt, aber das gehört jetzt einfach mal dazu. Wenn Du als Individuum oder als Mannschaft so viel Geld einspielst, auch für den Eigentümer – ich meine, schauen wir uns mal Golden State an. Als der Eigentümer die Mannschaft gekauft hat, hat er sie, glaube ich, für 480 Millionen gekauft. Jetzt über die vier, fünf, sechs Jahre, als er sie hat, jetzt sind sie 2,2 Milliarden wert. Also hat er ja auch seinen Wert riesig gesteigert und hat natürlich einen Riesen-Glücksfall mit dem Stephen Curry und noch ein paar anderen Spielern, die er da hat. Warum soll nur – das ist quasi die Sichtweise von den Spielern -, warum soll nur der Eigentümer reicher werden und die Spieler kriegen davon nichts ab? So ist es ein bisschen zu rechtfertigen, aber trotzdem sind die Summen natürlich astronomisch.
Rawohl: Mavs-Teambesitzer Mark Cuban, Ihr Chef sozusagen, hat sich ja Anfang des Jahres ein Twitter-Duell mit Donald Trump, dem neuen US-Präsidenten, geliefert. Viele Trainer und Spieler bezogen klar Stellung auch gegen Trump. Sie haben in Ihrer Karriere ja stets politische Statements vermieden. Inwiefern hat sich denn aus Ihrer Sicht das politische Klima in den letzten Monaten verändert in den USA?
Nowitzki: Ja. Aus Politik halte ich mich normalerweise sehr, sehr gerne raus. Das ist ein heikles Thema, vor allem auch natürlich in Texas, wo sehr, sehr viele Republikaner sind. Von daher habe ich mich da immer sehr, sehr gerne zurückgehalten. Aber es sind schon natürlich Wahnsinnszeiten, in denen wir leben, jetzt nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt. Überall passiert ständig irgendwas Neues und das ist schon Wahnsinn. Da sind solche Events, glaube ich, auch ganz gut, dass man auch zeigen kann, wir haben noch Spaß am Leben, Spaß am Zusammensein, wir bleiben nicht zuhause und tun uns einschließen, sondern wir versuchen, noch zusammen soziale Events zu haben und zu leben. Aber es wird schon manchmal schwer, gebe ich zu.
Rawohl: Das wäre meine nächste Frage gewesen. Sie haben ja nun eine enorme Strahlkraft. Wird das als Sportler Ihrer Couleur nicht immer schwerer, unpolitisch zu sein?
Nowitzki: Na ja. Ich habe es mir eigentlich schon immer vorgenommen, mich da rauszuhalten, weil Du kannst eigentlich nicht gewinnen. Wenn Du Dich auf eine Seite stark stellst, kriegst Du ganz schönen Gegenwind auch von der anderen Seite. Von daher bin ich da eigentlich immer neutral geblieben. Mark Cuban hat sehr, sehr viel Gegenwind bekommen, nachdem er sich sehr, sehr stark gegen Trump geäußert hat, dass das nicht unbedingt gut angekommen ist in Dallas und auch bei vielen Fans und Ticketholders in Dallas. Das kam nicht gut an.
Rawohl: Es ist Tradition, dass nach dem Gewinn der Meisterschaft die Sportler, die Athleten ins Weiße Haus eingeladen werden. Viele Spieler, viele Trainer auch wollten dem nicht nachkommen. Wie würden Sie sich verhalten?
Nowitzki: Ich glaube, das muss man als Mannschaft, als Organisation muss man sich zusammensetzen mit den Führungskräften, und dann machst Du zusammen eine Entscheidung. Ich glaube, da kann jeder, oder als Mannschaft setzt Du Dich einfach zusammen und machst Entscheidungen, was am besten für die Organisation und für die Mannschaft ist. Da habe ich jetzt keine Ahnung, nachdem wir jetzt nicht in der Situation sind – leider. Wir wären natürlich sehr, sehr gerne Meister und ich hätte jetzt die Situation vor mir. Aber das muss man auch mal sehen. Ich glaube, am Anfang haben gleich ein paar Spieler gesagt, dass sie auf keinen Fall fahren. Jetzt habe ich schon gesehen, dass der Steph Curry gesagt hat, wir werden auf jeden Fall noch mal darüber reden, weil auch natürlich Präsident und das Amt an sich ist schon eine Ehre. Da habe ich jetzt keine Ahnung, was da jetzt wirklich rauskommt. Aber ich glaube, dass die noch einige Diskussionen darüber haben, und dann werden sie eine Entscheidung fällen als Mannschaft.
"Natürlich will ich meine Karriere in Dallas beenden."
Rawohl: Sie haben gerade schon angedeutet: Sportlich waren Sie jetzt leider nicht so stark wie die Golden State Warriors in dieser Saison. In diesen Tagen entscheidet sich auch, wie es mit Ihnen weitergeht. Ich gehe mal davon aus, dass die Ehe anhalten wird. Sie und die Dallas Mavericks, das bleibt erst mal.
Nowitzki: Ja. Natürlich will ich meine Karriere in Dallas beenden. Ich bin jetzt 19 Jahre da, habe sehr, sehr viel erlebt, bin durch viele Höhen und Tiefen durchgegangen mit den Fans, mit der Organisation, und da ist es, glaube ich klar, dass ich jetzt bleibe.
Rawohl: Im Raum steht ja immer noch, nachdem Sie die 30.000 Punkte Marke im März geknackt haben, jetzt die 20 Jahre von Kobe Bryant bei den Los Angeles Lakers zu knacken und die zu überflügeln. Sind das die Ziele, die Sie sich vielleicht auch spaßeshalber jetzt noch ein bisschen stecken?
Nowitzki: Ziele setze ich mir eigentlich nicht. Klar: 20 Jahre bei einem Club ist schon Wahnsinn und das würde ich mir schon gerne erfüllen. Deswegen spiele ich auch auf jeden Fall noch nächstes Jahr. Ansonsten habe ich eigentlich keine Ziele. Ich versuche, einfach noch Spaß zu haben, der Mannschaft, soweit es geht, zu helfen, noch ein paar Spiele zu gewinnen, und einfach so lange es zu machen, wie es geht, wie der Körper mithält, mitspielt, und dann langt es auch irgendwann. Aber das war natürlich eine tolle, tolle Zeit. Ich werde da immer drauf zurückschauen, auf die tollen Jahre, auf die Meisterschaft, auf die vielen Austauschspiele. Das war schon ein unglaublicher Ritt, vor allem, wenn man mal überlegt, dass ich damals mit 20 rüber bin, und wusste überhaupt nicht, ob es klappt. Ich wusste nicht, was mich erwartet. Und dann war das erste Jahr auch noch so schwer. Da ging ja fast alles schief. Und dass ich mich trotzdem da durchgekämpft und durchgearbeitet habe, das werde ich schon nie vergessen.
Rawohl: Würde so eine Ausnahmekarriere heute in diesen Zeiten auch noch funktionieren können, oder war das einfach eine Zeit, wo alles gepasst hat?
Nowitzki: Ja da kam natürlich schon eine Menge zusammen, ob es der Holger Geschwindner war, der Mentor, den ich mit 15 getroffen habe, der mir quasi alles beigebracht hat, den Schuss, die Bewegungen, der mich auch außerhalb vom Spielfeld immer nach vorne gepusht hat, ob er mir wieder irgendwelche Physikbücher gegeben hat zum Lesen, Musikinstrumente geschenkt hat. Er hatte mich immer versucht, auch als Mensch weiterzupushen und weiterzubilden. Und dann natürlich die Lage, als ich nach Dallas kam. Wir hatten damals keine tolle Mannschaft, wir waren keine Play-off-Mannschaft, und da hatte ich ein bisschen Glück, weil da haben alle ein bisschen jung angefangen, da war kein Druck da und da konnte ich ein bisschen in meine Rolle reinwachsen. Ich hatte damals einen Trainer, der mich wahnsinnig unterstützt hat, ohne den es wahrscheinlich gar nicht so toll gelaufen wäre. Das war damals der Don Nelson. Mein Stil hat einfach in sein System super reingepasst. Da kam schon eine Menge Gutes für mich zusammen. Da waren die Sterne irgendwie richtig gestanden und da habe ich schon eine Menge Glück gehabt, aber das gehört, glaube ich, auch dazu.
Rawohl: Sie sind ein Familienmensch. Für Sie stehen, wenn man das von außen beobachtet, Vertrauen, Kontinuität, Zusammenarbeit, Zuverlässigkeit an erster Stelle. Ich meine, das auch bei Ihrer Sponsorenwahl oder bei Ihren Partnern feststellen zu können. Sie haben drei Hauptsponsoren, die Bank, die gerade mit Ihnen sozusagen auf lebenslänglich verlängert hat und das soziale Engagement noch verstärken möchte. Wie wichtig sind Ihnen solche Partner, für die Sie als Markenbotschafter unterwegs sind?
Nowitzki: Ich muss sagen, es war für mich immer das Ziel, nicht 10, 20, 30 Sponsoren zu haben und dann im Sommer immer hier und da Termine, sondern ich wollte ein paar haben, die wirklich gut sind, die zu mir passen, die mich auch langfristig unterstützen wollen, die zu meiner Persönlichkeit passen, zu meinem Charakter, und da habe ich drei tolle Partner gefunden, die mich bei allem immer unterstützen. Bei allem, was so in den Kopf kommt, sind sie immer dabei gewesen und hoffentlich auch für viele Jahre noch nach meiner Karriere, dass wir da noch schöne Zusammenarbeiten liefern können.
Rawohl: Zumal: Die Bandagen, das hat man gesehen, die werden auch mehr an Ihrem Körper.
Nowitzki: Die werden mehr, die werden mehr, aber helfen mir natürlich auch. Ich habe über die Jahre ein bisschen Knieprobleme gehabt und da waren die Bandagen schon Gold wert. Da hatte ich noch gar keinen Bauerfeind-Vertrag, da hatte ich die schon in der Liga teilweise an.
Rawohl: Aber 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking, da begann die Partnerschaft?
Nowitzki: Ja, da habe ich sie zum ersten Mal so richtig angehabt und gebraucht. Ein paar Jahre später hatte ich eine Knie-OP und hatte dann die Produkte an, obwohl ich noch gar nicht so richtig Bescheid wusste über die Firma. Aber bis jetzt war die Zusammenarbeit auch von ihrer Seite sehr, sehr toll, und das freut mich natürlich.
Rawohl: Sie haben gerade schon Ihre Persönlichkeit und Ihre Haltung ein bisschen angesprochen. Auf die Schiene möchte ich jetzt gegen Ende des Gespräches auch noch mal kommen. Wir hatten es vorhin schon kurz angedeutet. Was motiviert Sie? Sie sind jetzt 39 Jahre, Vater, Ehemann, haben drei tolle Kinder. Was motiviert Sie denn überhaupt noch, sich jetzt tatsächlich immer noch auf Korbjagd weiter zu begeben? Sie könnten doch eigentlich auch die Füße hochlegen.
Nowitzki: Könnte ich, ja. Aber es macht noch Spaß. Ich glaube, das steht im Vordergrund. Ich wollte Basketball nie als meinen Beruf sehen. Ich wollte Basketball immer als Hobby, als Spaß sehen, und der ist auf jeden Fall noch da, vor allem, wenn die Spiele losgehen. Klar, hier und da bei ein paar Trainingseinheiten fehlt ein bisschen die Motivation. Das ist klar. Wenn wir jetzt mal abends spielen und dann am nächsten Morgen soll ich um zehn Uhr wieder voll trainieren mit den Jungs, das ist manchmal ein bisschen schwer jetzt im Alter. Aber der Spaß ist schon noch da, wenn die Spiele losgehen, und ich habe noch den Wettbewerbswillen. Der ist schon noch da. Den Jungs noch zeigen, wo es langgeht - manche sind ja halb so alt wie ich -, dass ich da trotzdem noch meine Erfahrung einsetzen kann, irgendwie der Mannschaft helfen zu können zu gewinnen. Der Drang ist schon noch da. Deswegen mache ich das jetzt, solange es noch geht und solange es noch Spaß macht, und dann war es aber auch eine tolle, tolle Zeit, die ich nie vergessen werde.
"Ich rate ihnen immer, für die Nationalmannschaft zu spielen."
Rawohl: Verfolgen Sie auch hierzulande die deutsche Basketball-Nachwuchsszene, beispielsweise mit Isaiah Hartenstein oder auch Kostja Mushidi, Isaac Bonga? Haben Sie da ein Auge drauf?
Nowitzki: Ja das ist schwer natürlich von so weit weg. Ich habe auch in der Bundesliga hier kaum Spiele gesehen jetzt diese Saison. Von daher ist das ein bisschen schwer. Ich habe gesehen, der Isaiah ist gedraftet worden, freue mich natürlich. Ein Daniel Theis, habe ich gelesen, kommt ja jetzt rüber nach Boston. Dem wünsche ich natürlich alles, alles Gute. Er hat ja lange in Bamberg gespielt. Von daher versuche ich schon aufzupassen, was mit den Jungs passiert, und freue mich natürlich, wenn sie sich in der Liga durchsetzen so wie der Paul Zipser. Der hat ein tolles Jahr gespielt letztes Jahr in Chicago. Mit dem stehe ich auch in engem Kontakt. Von daher: Jeder Deutsche, der rüberkommt, auf den bin ich natürlich stolz und versuche, ihm auch zu helfen, soweit es geht, dass die Jungs sich durchsetzen können.
Rawohl: Das heißt, die Jungs, wie Sie sie nennen, wenden sich auch an Sie und fragen schon mal nach Unterstützung und Tipps?
Nowitzki: Ja. Ich bin da natürlich total offen. Ich habe mit dem Paul hier und da getextet. Den Dennis kannte ich ja schon vor seiner Karriere. Der hat in Dallas damals ein Probetraining gehabt und vorgespielt. Da bin ich hin und habe den Dennis kennengelernt und habe ihm damals meine Nummer gegeben.
Rawohl: Dennis Schröder von Atlanta Hawks.
Nowitzki: Genau, ja. Da folge ich so ein bisschen dem Beispiel von Detlef Schrempf. Als ich in die Liga kam am Anfang, war damals unser erstes Spiel gegen Seattle, und Detlef war super, super nett zu mir. Er hat mich unterstützt und hat mir seine Nummer gegeben, hat mir seine Familie vorgestellt, hat gesagt, wenn immer Du irgendwas brauchst, melde Dich, und das fand ich damals toll. Das war für mich eine Riesensache und eine Riesenehre, und so will ich das jetzt auch angehen. Ich gebe denen gerne meine Nummer, ich helfe, wo es geht. Wenn sie sich nicht melden, ist das auch okay. Dann finden sie ihren eigenen Weg. Man muss das sowieso irgendwie selber machen. Aber wenn es Fragen gibt, stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.
Dirk Nowitzki jubelt nach einem gelungenen Dreipunktewurf im NBA-Finalspiel seiner it den Dallas Mavericks gegen Oklahoma City Thunder.
Dirk Nowitzki jubelt nach einem gelungenen Dreipunktewurf im NBA-Finalspiel seiner it den Dallas Mavericks gegen Oklahoma City Thunder. (AP)
Rawohl: Wie sehen Sie generell die Zukunft des deutschen Basketballs?
Nowitzki: Ich glaube, Dennis ist so ein bisschen die Zukunft von uns. Er hat ja jetzt auch für die Nationalmannschaft zugesagt, die nächsten paar Jahre zu spielen. Er hat jetzt auch in der NBA sich toll durchgesetzt, hat jetzt auch einen langen Vertrag unterschrieben, und es freut mich natürlich, dass er jetzt in der Nationalmannschaft jeden Sommer spielen will. Er spielt ja jetzt auch in diesem Jahr bei der EM mit und er ist, glaube ich, ein Riesenspieler. Er hat sich auch wahnsinnig entwickelt schon die ersten paar Jahre. Er ist ein Mann, auf den man aufbauen kann die nächsten Jahre. Aber wie schon vorhin erwähnt, haben wir auch noch andere junge Talente, die mal ganz groß rauskommen können. Von daher, glaube ich, sind wir auf einem richtigen Weg. Ja, schauen wir mal, wie es läuft die nächsten paar Jahre.
Rawohl: Verstehen Sie, dass einige dieser Nachwuchsspieler, die jetzt in die NBA drängen und da auch schon ihre Chance vielleicht nutzen wollen, diese Chancen der DBB-Auswahl, also der deutschen Nationalmannschaft vorziehen, wenn es da zu Terminengpässen kommt?
Nowitzki: Das ist eine schwere Frage, ja. Ich war ja damals in der glücklichen Lage, dass ich in der Nationalmannschaft spielen konnte und musste aber auch zwei, drei Jahre Sommerliga spielen, im Juli immer. Aber die Termine damals mit der Nationalmannschaft haben sich nicht überschnitten und ich konnte dann in dem Sommer oder in den zwei Sommern immer beides machen. Das ist ein bisschen schwer, jeder muss ein bisschen seine eigenen Entscheidungen treffen und einfach sehen, was am besten für ihn ist. Ich rate ihnen immer, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das war für mich eine tolle Zeit. Wir haben da viel erlebt, viele Erfolge gefeiert, wir sind in der Welt rumgekommen. Es hat mir aber auch beim Spiel geholfen. Wenn Du im Sommer auf hohem Niveau spielen kannst, Du hast viel Spielzeit, der Ball kommt öfter zu Dir und Du bist eine der tragenden Figuren, das hat mir im Sommer immer wahnsinnig geholfen, dann im nächsten Jahr wieder besser zu spielen in der NBA. Von daher wäre das mein Ratschlag, immer für die Nationalmannschaft aufzulaufen, wenn es geht. Aber ich verstehe natürlich auch, dass die Jungs Druck bekommen von ihren Vereinen teilweise aus der NBA und dass auch andere Sachen noch dazwischen kommen. Im Endeffekt muss dann jeder seine eigenen Entscheidungen treffen. Aber mein Rat wäre immer, wenn es geht, für die Nationalmannschaft zu spielen.
Rawohl: Und was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer drei Kinder?
Nowitzki: Gesundheit natürlich steht im Vordergrund und alles andere werden wir schon irgendwie hinkriegen. Bis jetzt sind alles drei gute Kids und wir versuchen, sie dreisprachig aufwachsen zu lassen, mit Deutsch, Schwedisch und Englisch. Das macht Riesenspaß. Die Große wird ja jetzt vier in dem Monat. Die hat schon alles im Griff. Der Kleine ist jetzt zwei, rennt den ganzen Tag nur den Bällen hinterher. Und der ganz Kleine ist jetzt erst acht Monate. Aber die halten uns auf Trab, halten uns jung. Das macht Spaß, ist aber auch schon eine Menge Arbeit, wenn Du drei hast, die noch so jung sind. Aber es macht einen Riesenspaß.
Rawohl: Sie haben ja jetzt die Verantwortung für die Familie, für diese drei Kinder. Bleibt – wir haben über die Weltlage gesprochen, die politische – Amerika, Dallas auch Ihre Wahlheimat, je nachdem wie sich diese Situation weiterentwickelt?
Nowitzki: Erst mal ist, glaube ich, schon unsere nahe Zukunft in Dallas. Wie gesagt, die Kids sind alle da geboren, haben alle amerikanische Pässe. Wir sind da jetzt schon so lange. Ich bin schon 20 Jahre jetzt aus Deutschland weg. Aber wie gesagt, wenn meine Karriere vorbei ist, kann sich das auch ganz, ganz schnell ändern. Wenn irgendwas da ist, was uns nicht so passt oder was nicht so läuft, dann kann man auch ganz schnell die Zelte abbrechen. Aber wir fühlen uns da sehr, sehr wohl. Wir haben da unser Netzwerk, nicht nur ich, sondern auch meine Frau, die ja damals in der Kunstwelt gearbeitet hat. Eigentlich ist das der Plan, erst mal in Dallas zu bleiben, aber wir werden es schon auch nach meiner Karriere so machen, dass wir viel reisen im Sommer. Ich meine, im Sommer ist es in Dallas an die 40 Grad. Jeden Tag ist es wahnsinnig heiß und da werden wir das schon auch so machen, dass wir viel in Europa im Sommer sind, Oma, Opa sehen, und im Winter aber dann wahrscheinlich schon in Dallas bleiben.
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