Donnerstag, 28. März 2024

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Dlf-Sportgespräch mit Sandro Schwarz
"Wir müssen alle vorangehen und klar Haltung beziehen"

Schlagzeilen machte Sandro Schwarz als er vor Kurzem im Fanblock rassistische Rufe unterband. Er wolle sich aber nicht als "politischer Trainer" positionieren, sagte Schwarz im Dlf-Sportgespräch. In seine dritte Saison mit Mainz 05 geht er mit dem Anspruch, "keinen typischen Underdog-Fußball" spielen zu wollen.

Sandro Schwarz im Gespräch mit Matthias Friebe | 18.08.2019
Der Fußball-Trainer Sandro Schwarz am Spielfeldrand
Der Fußball-Trainer Sandro Schwarz am Spielfeldrand (picture alliance / dpa / Revierfoto)
Elf Jahre in Folge spielen die Mainzer nun in der obersten deutschen Spielklasse – nicht nur deshalb würden die Ansprüche täglich wachsen, betont Trainer Sandro Schwarz. Den Mainzer Fußball zeichne vor allem die Art und Weise aus, wie man in den vergangenen Jahren auch schwierige Situationen gemeistert habe.
"Klassenerhalt nie eine Selbstverständlichkeit"
"Es ist selbstverständlich, dass wir immer wieder Dinge reflektieren: Was wir besser machen können, aber auch, was wir schon an Entwicklung genommen haben. Und wir setzen uns dann auch immer wieder die höchsten Ansprüche", sagte der FSV-Coach. Und dennoch dürfen man nie vergessen, "dass ein Klassenerhalt nie eine Selbstverständlichkeit sein darf für uns als Mainz 05".
Trotzdem peile man nicht eine bestimmte Punkte-Zielmarke für das Saisonende an – und erst recht nicht höhere Ziele, wie etwa den internationalen Wettbewerb. "Wir denken jede Woche an das nächste Spiel, dass wir dort unabhängig vom Gegner unsere Qualität auf den Platz bekommen. So ist das Trainerdenken bei uns – und nicht irgendwelche Träumereien anzufangen, was den Europapokal betrifft."
"Nicht typischen Underdog-Fußball spielen"
Auch in der kommenden Saison will Schwarz wieder auf den Fußball setzen, der sich im Laufe der Jahre in Mainz herausgebildet hat: eine aggressive Vorwärtsverteidigung mit der Umschaltsituationen erzwungen werden sollen. Gleichzeitig hat der FSV-Trainer den Anspruch "nicht diesen typischen Underdog-Fußball" spielen zu wollen. "Alle Phasen, die im Spiel vorkommen, wollen wir mit unseren Prinzipien umsetzen", erläuterte er selbstbewusst. "Wir müssen unseren Weg immer weiter fortsetzen. Und wir haben ganz klar den Anspruch, dass man das unserem Spiel ansieht."
Trotz der Erfahrung von nun zwei vollen Bundesliga-Spielzeiten auf der Mainzer Trainerbank – gelassen sei er auch vor seiner dritten Saison nicht, so Schwarz: "Du hast nie eine Gelassenheit, was diesen Beruf betrifft", meinte der 40-Jährige, aber: "Du hast immer Spaß daran, weil es immer wieder herausfordernd ist, jede einzelne Bundesligasaison."
Begleiter und Förderer der Spieler
Seine Rolle als Trainer begreift Sandro Schwarz vor allem als Begleiter und Förderer der Spieler. Dazu sei neben Fachkompetenz vor allem die Menschenführung wichtig: "Es war früher eminent wichtig und ist es auch heute noch, Leute mitzunehmen, von deiner Idee zu begeistern. Aber natürlich auch eine Bindung mit den Menschen herzustellen, mit denen du jeden Tag in der Kabine zusammen bist, um dann auch die bestmögliche Leistung zu produzieren am Wochenende."
Man dürfe den Trainerberuf nicht als Geschäft begreifen: "Es geht um Menschen, um Menschen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben." Das menschliche Miteinander ist dem Fußballlehrer sehr wichtig, deshalb erzähle er potenziellen neuen Spielern auch private Dinge über sich selbst. Der Spieler solle ein Vorstellung bekommen, ob er jeden Tag mit ihm als Trainer zusammenarbeiten kann und will.
"Es geht nur über eine sehr gute Bindung"
"Du möchtest die Spieler bestmöglich führen, um auch eine bestmögliche Leistung zu erzielen. Das geht nur über eine sehr gute Bindung. Mit Lob, aber auch mit einer Konsequenz, wenn Dinge nicht so funktionieren, mit einer Ehrlichkeit, mit einer Offenheit die Dinge anzugehen. Das ist der entscheidende Weg", erläuterte Schwarz seine Philosophie.
Auch was seine eigene Person betrifft hat der FSV-Coach ganz klare Vorstellungen: "Du musst so sein wie du bist. Und dennoch immer wieder Erfahrungen machen, über sich selbst reflektieren, um Dinge zu erkennen, wo man sich verbessern kann oder sich besser verhalten kann." Deshalb war es Schwarz auch gar nicht so recht, dass sein Einschreiten gegen rassistische Rufe bei einem Testspiel öffentlich wurden. "Das ist normal", so der Trainer. "Das muss normal sein. Wenn Grenzen überschritten werde, dass es als normal für uns angesehen wird, das wird dort eingreifen." Es gehe aber nicht darum, sich selbst "ein Plakat auf die Stirn zu kleben", um sich als öffentliche Person sichtbar zu äußern. "Da müssen wir alle vorangehen und eine ganz klare Haltung beziehen", so Schwarz.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.