Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


DNA von Darmbakterien ermittelt

US-amerikanische Forscher haben die DNA-Sequenz von mehr als 500 Darmbakterienarten ermittelt. Damit lässt sich die Zusammensetzung der Bakterien im Darm viel schneller analysieren. Vielleicht bietet dieser Ansatz eines Tages auch neue Therapieansätze für Darmkrankheiten.

Von Lucian Haas | 05.07.2013
    Im menschlichen Darm wimmelt es nur so von Bakterien. Es sind Hunderte unterschiedlicher Arten. Diese Vielfalt zusammen auf Nährmedien im Labor zu kultivieren, um sie weiter zu untersuchen, ist nahezu unmöglich. Der Biologe Rob Knight von der Universität von Colorado und Forscherkollegen entwickelten deshalb eine andere Lösung.

    "Wir trennen die Bakterien physikalisch. Das heißt, wir nehmen einzelne Mikroben und halten sie getrennt von anderen Arten, sodass sie sich nicht gegenseitig stören können. So können wir viel mehr davon erfolgreich kultivieren. Und wenn wir sie dann in Reinkultur haben, können wir auch ihr Erbgut sequenzieren."

    Aus den Därmen von 37 Probanden isolierten die Forscher mehr als 500 unterschiedliche Bakterienarten und ermittelten deren komplette DNA-Sequenz. Diese breite Datengrundlage ermöglichte ihnen fortan viel schnellere Analysen. Denn nun konnten sie direkt aus Stuhlproben Bakterien-DNA extrahieren und kleinste Gen-Schnipsel durch Sequenzvergleiche den einzelnen Bakterienarten zuordnen. So zeigte sich, welcher Proband welche Mikrobengemeinschaft in seinem Darm beherbergt. Durch wiederholte Analysen über mehrere Wochen - und dank tiefgefrorener Stuhlproben teilweise sogar über fünf Jahre hinweg - konnten die Forscher erstmals genauer verfolgen, ob und wie sich die Darmflora mit der Zeit verändert.

    "Die Stabilität der Darmflora ist eine sehr interessante Frage. Zumindest ein Anteil der Mikroben ist sehr beständig. Er verändert sich nicht im Verhältnis zu unserer Ernährung, der Gesundheit und anderen Faktoren. Diese stabile Komponente der Darmflora herauszufinden ist sehr wichtig, um Bakterien identifizieren zu können, die mit Krankheiten zusammenhängen, vor allem chronischen Krankheiten wie Asthma, Allergien und so weiter. Wir konnten mit unserer Studie ein viel besseres Verständnis dafür gewinnen, wie lange die Verbindung mit einzelnen Bakterienarten hält - welche Bakterien uns nur vorübergehend und welche uns möglicherweise ein Leben lang begleiten."

    Insgesamt zeigte sich, dass jeder der Probanden eine einzigartige Zusammensetzung der Mikroben im Darm besaß. Bei allen waren aber jene Bakterienarten, die in der Regel auch mengenmäßig jeweils den größten Anteil der Darmflora ausmachten, erstaunlich stabil. Nach Ansicht der Forscher dürften einige Mikroben uns ein Leben lang begleiten und prägen. Umso interessanter ist der variable Teil der Darmflora. Hier fanden die Forscher überraschende Zusammenhänge. Rob Knight:

    "Es gibt eine starke Verbindung zwischen der Bakterienvielfalt und dem Körpergewicht. Dünnere Menschen haben eine deutlich vielfältigere Darmflora als Menschen mit Übergewicht. Allgemein scheint eine vielfältige Mikrobengemeinschaft im Darm förderlich für die Gesundheit zu sein. Das passt zu Studienergebnissen aus anderen Ökosystemen. Bei einer hohen Diversität erweisen sie sich häufig als stabiler und belastbarer bei Störungen."

    Von den neuen Analysemöglichkeiten verspricht sich Rob Knight in Zukunft auch neue Therapieansätze. Es wäre denkbar, den Zustand der Darmflora eines Patienten regelmäßig anhand von Stuhlproben zu checken und daran den allgemeinen Gesundheitsstatus abzulesen. Eines Tages könnten vielleicht sogar Mangelzustände durch Zufuhr passender Bakterien gezielt ausgeglichen werden.

    "Das wäre interessant für Menschen, deren Darmflora aus dem Tritt geraten ist. Entweder im Zusammenhang mit einer Krankheit, als Folge der Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika oder zum Beispiel durch verschiedene Ernährungsweisen im Rahmen einer Diät. Die Bakteriengemeinschaften im Darm gezielt zu verändern, könnte in Zukunft ein bedeutender Weg sein, unsere Gesundheit zu beeinflussen."