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Dokument der Woche
Interview mit Hans-Dietrich Genscher vom 1.10.1989

Kaum war das Botschaftsdrama in Prag zu Ende gegangen, da erklärte der Hauptdarsteller, Hans-Dietrich Genscher, das Geschehen schon im Deutschlandfunk. Hören Sie noch einmal das "Interview der Woche" vom 1. Oktober 1989.

Hans-Dietrich Genscher im Gespräch mit Dettmar Cramer | 01.10.2014
Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (Mitte vor dem Fensterkreuz rechts) verkündet am 30.09.1989 kurz vor 19 Uhr auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag: "Wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise....". Der weitere Wortlaut der Ankündigung der bechlossenen Ausreise der DDR-Flüchtlinge, die im Hof der Botschaft campierten, ging in tosendem Jubel unter.
Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag am 30. September 1989. (picture alliance / dpa / Reinhard Kemmether)
Es war eine Abstimmung mit den Füßen. Während in anderen Ländern des Ostblocks sich schon politische Veränderungen Bahn brachen, versuchte die DDR-Führung noch, die Zügel in der Hand zu behalten und die lange vorbereiteten Feiern zum 40. Jahrestag der Staatsgründung durchzuziehen. Doch im Spätsommer blieben einige tausend DDR-Bürger einfach in Ungarn oder in der damaligen Tschechoslowakei. Sie wollten von dort in den Westen.
Lösung mit Hilfe Moskaus
Am frühen Abend des 30. September 1989 war Hans-Dietrich Genscher in Prag eingetroffen. Der Bundesaußenminister war, was kaum einer wusste, gesundheitlich anschlagen. Dennoch hatte er die Reise nach New York auf sich genommen, um am Rande der UNO-Vollversammlung unter anderem mit Eduard Schewardnadse, dem Außenminister der Sowjetunion, über eine Lösung zu verhandeln.
"Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen..."
In Prag richtete er um genau 18:58 Uhr das Wort an die im Garten der deutschen Botschaft ausharrenden DDR-Flüchtlinge. Er sagte: "Liebe Landsleute, wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise ..." Der Rest des Satzes ging im Jubel der Menschen unter. Wie es zu diesem Ereignis kam, was es bedeuten könnte, darüber sprach Dettmar Cramer mit Hans-Dietrich Genscher.
Zu diesem "Dokument der Woche" haben wir 25 Jahre danach folgendes Interview mit Dettmar Cramer geführt.