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Donau-Oder-Elbe-Kanal
„Geldverschwendung und Naturzerstörung“

Ein Kanal soll Donau, Oder und Elbe verbinden. Dafür würden auch Flüsse umgebaut - das würde zum Absterben von Feuchtgebieten an deren Rändern führen, sagte Olaf Bandt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Dlf. Auch streng geschützte Arten wie Weißstorch und Rotmilan würden gefährdet.

Olaf Bandt im Gespräch mit Britta Fecke | 17.03.2020
Das Foto zeigt einen Schwarzstorch. Er jagt in einem Bach nach Fischen.
400.000 Hektar Schutzgebiete könnten von dem Umbau betroffen sein, sagte Umweltexperte Olaf Bandt im Dlf (picture-alliance / dpa / Klaus-Dietmar Gabbert)
Britta Fecke: Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman hält den Kanal zwischen Donau, Oder und Elbe für eine lukrative Transportroute vom Schwarzen Meer bis in die Nord- und Ostsee. Gegner halten die geplante Wasserstraße für ein Milliardengrab, deren Bau zudem noch Naturschutzgebiete zerstört. 18 Umweltorganisationen aus Deutschland, Polen, der Slowakei, Tschechien und Österreich wenden sich nun mit einem Protestbrief an die Brüsseler Kommissare für Umwelt und für Verkehr - unterzeichnet unter anderem vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), dem WWF und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Olaf Bandt ist der Vorsitzende des BUND, warum stellt diese geplante Kanalverbindung einen so großen Eingriff in die Flussökosysteme dar?
Olaf Bandt: Wir haben ja in diesen Flüssen in den Gebieten, wo dieser Kanal gebaut wird, nicht nur einen Kanalbau, sondern es werden auch Flüsse umgebaut. Flüsse sind im Moment unverzichtbare Lebensadern der Natur, quer durch Europa und man würde sie umwandeln in einen Wassertrog. Da lebt nichts mehr, sondern man hat einen Wasserstrang, wo kein Fließgewässer mehr ist, wo kein natürlicher Austausch, wo keine Auen mehr da sind. Es würden die Grundwasserspiegel in den Gebieten abgesenkt. Das würde zum Absterben von Feuchtgebieten am Rande dieser Flüsse führen. Die Querverbauung, die Staustufen, die dann notwendig sind in Form von Schleusen, würden das Wandern von Fischen verhindern, was unverzichtbar zur Natur von Flüssen ist und natürlich unverzichtbar überhaupt für die biologische Vielfalt und für das Überleben der Natur.
"Es geht um das Überleben des Bibers, der Tieflandunke, der Rohrdummel"
Fecke: Das heißt, dieser Kanal stellt keine Erleichterung für die Flüsse dar, weil die entlastet werden?
Bandt: Nein, im Gegenteil. Wir hätten einmal den Kanalbau. Der würde dann wiederum anschließen an Elbe, Oder und Donau. Und wenn es denn kommen würde, müsste man diese Flüsse ja am Ende noch zusätzlich ertüchtigen und umbauen, weil im Moment kann dort diese Menge an Frachtschiffen und Güterverkehr überhaupt nicht stattfinden. Man hätte noch zusätzliche Kosten und noch weitere Umweltzerstörung an den Flüssen bei der Zu- und Abfuhr, aber auch zum Teil mitten drin. Zum Teil sind auch Flüsse verplant in diesem Kanalsystem, die dann zerstört würden.
Fecke: Welche Habitattypen, welche Ökosysteme würden denn durch den Ausbau genau zerstört?
Bandt: Zentral geht es immer wieder um den Verlust von Feuchtgebieten und Auengebieten, aber natürlich auch um das Aussterben von Flussarten. Man kann es noch nicht so ganz genau sagen, weil wir wissen alle noch nicht, welche Planungen genau damit verbunden sind, durch welche Schutzgebiete dieser Kanal gehen würde und welche Gebiete betroffen würden. Eine Planung sah mal vor, dass es insgesamt durch 61 Schutzgebiete in fünf Ländern laufen würde und 400.000 Hektar Schutzgebiete betroffen wären, und dann sieht man in den betroffenen Gebieten, da geht es um das Überleben des Biebers, des Fischotters, der Rotbauchunke, der Tieflandunke, aber auch um Weißstorch, Schwarzstorch, Rohrdummel oder Rotmilan. Alles ganz zentrale Arten, streng geschützte Arten, wo es überhaupt nicht sein kann, dass die Europäische Union Geld dafür gibt, solche Schutzgebiete wieder zu zerstören.
Teurer Kanal für kaum Verkehr?
Fecke: Wer mit dem Rad mal auf diesen schönen neuen Wegen unterwegs war, entlang der Elbe oder auch der Oder, der wird auch gesehen haben, dass da nicht mehr viel Güterverkehr ist. Wie stark wird denn die Oder oder Elbe überhaupt noch für den Transport genutzt?
Bandt: Es ist tatsächlich so, dass wir trotz vieler Ausbau-Unterhaltungsbemühungen an Elbe und Oder in den letzten Jahrzehnten feststellen, dass der Güterverkehr nicht mehr weiter anwächst, dass oft kein Interesse da ist, aber auch, dass die natürlichen Gegebenheiten nicht mehr da sind. Durch den Klimawandel, durch Dürrezeiten, aber auch Hochwasserzeiten war zum Beispiel 2018 an der Elbe an 180 Tagen die Wassertiefe, die Fahrtiefe unter ein Meter gesunken, so dass überhaupt keine Schifffahrt stattfinden könnte, und so könnte es passieren, dass man einen riesig teuren Kanal baut, aber am Ende die Verkehre gar nicht mehr ableiten könnte, und das wäre natürlich verheerend für das Geld, aber auch für die Natur, weil es würde für uns einen Ausbaudruck erzeugen, an der Elbe und Oder wieder auszubauen, und an der Donau letzten Endes auch.
Fecke: Warum ist das Interesse an dem Ausbau dennoch so groß?
Bandt: Wir wundern uns auch, weil tatsächlich, trotz vieler Flüsse, die wir in Deutschland haben und die eigentlich auch als Wasserstraßen funktionieren würden, findet keine Zunahme mehr statt. Viel Schifffahrt haben wir am Rhein. Da haben wir 80 Prozent aller deutschen Schiffsverkehre, Güterverkehre. Wir erklären uns das so, dass es ein massives Interesse der Bauindustrie gibt, überhaupt wieder große Bauprojekte anzugehen, wie diese Kanäle und Schleusen ja wären. Aber auch die Planungsbehörden und die Unterhaltsbehörden haben natürlich ein Eigeninteresse, solche Strukturen aufrecht zu erhalten, neue zu bauen. Das hat aber überhaupt nichts mehr mit verkehrlichen Verbesserungen zu tun, sondern am Ende nur mit Geldverschwendung und Naturzerstörung.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.