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Dopen für Medaillen

Als bei den Olympischen Spielen 2004 gleich vier deutsche Pferde positiv getestet wurden, galt das als einmaliger Ausrutscher im sonst sauberen Reitsport. Doch trotz aller Aufklärung und trotz aller Mahnungen geht das Doping unverdrossen weiter.

Von Claudia Sanders | 14.07.2009
    Adolphsen: "Also, der Reitsport hat sicherlich ein massives Doping- und Manipulationsproblem."

    Haring : "Wir haben es doch vielleicht mit einer Art von Flächenbrand zu tun."
    Sagen der Jurist Jens Adolphsen und der ehemalige Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, Hanfried Haring. Was in diesen Tagen über die deutsche Reiterei zu hören ist, ist nicht erfreulich. Kein Spitzen- sondern ein "Spritzensport", soll er sein, der Reitsport.
    Rund 1,1 Millionen Pferde gibt es in Deutschland, um sie kümmern sich gut 1,8 Millionen Reiter: Ein Milliardengeschäft und florierender Wirtschaftszweig. Die meisten Pferdeliebhaber treten allerdings nicht bei Turnieren an. Dort messen sich ausschließlich die gut 90.000 aktiven Sportreiter: Vom mutigen Anfänger bis zum erfahrenen Turnierprofi.
    Das Turniergeschehen wird vom Dachverband der deutschen Reiter organisiert, der Fédération Equestre National, kurz FN: Der deutschen Reiterlichen Vereinigung. Deren Funktionäre und die deutschen Topreiter müssen sich seit gestern den Fragen einer Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes stellen. Die zentrale Frage lautet dabei: Wie dopingverseucht ist der deutsche Reitsport tatsächlich?
    Rückblende. Die Olympischen Spiele in Athen im Jahr 2004. Bei gleich vier deutschen Pferden werden positive A-Proben gefunden. Darunter auch Goldfever, das Pferd von Springreiter Ludger Beerbaum. Einzig zu therapeutischen Zwecken habe man dem Pferd eine cortisonhaltige Creme verabreicht, argumentiert Beerbaum. Die Konsequenz: Dem deutschen Springteam wird die Goldmedaille aberkannt. Spätestens seit diesem Vorfall herrscht Alarmstimmung in der FN-Zentrale in Warendorf. Sönke Lauterbach, Generalsekretär der FN:

    "Es wurden eine Vielzahl von Informationsgesprächen und von schriftlichen Informationen herausgegeben. Vor allen Championaten, nicht nur vor Hongkong, auch vor den Europameisterschaften und den Weltmeisterschaften, die wir in der Zwischenzeit hatten, da wurde eine richtige Offensive gefahren, um weitere Vorkommnisse wie in Athen zu verhindern. Das hat drei Jahre lang gut geklappt und in Hongkong dann leider nicht mehr."
    Trotz aller Aufklärung, trotz aller Mahnungen und trotz unterschriebener Verpflichtungserklärung der Olympiareiter geht das Doping indes weiter. Bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr wird das Pferd Cöster von Christian Ahlmann positiv getestet. Er wird sofort suspendiert. Und erst in diesem Frühjahr wird bekannt: Es gab noch einen weiteren Dopingfall im deutschen Springreiterteam: Marco Kutscher - der im Stall von Ludger Beerbaum arbeitet - ließ seinem Pferd Cornet Obolensky ein Aufputschmittel spritzen. Diesen Fall hielt die FN aber unter der Decke, ging den Hinweisen auch erst nicht direkt nach.
    Ende Mai dieses Jahres ein weiterer Tiefpunkt: Springreiter Ludger Beerbaum erzählt ganz nebenbei in einem Interview zum Thema Doping:

    "In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird."

    Während die Funktionäre der FN noch geradezu fassungslos das Interview lesen, werden andere aktiv. ARD und ZDF drohen damit, Reitsportturniere künftig nicht mehr zu übertragen. Die Übertragungsrechte sind jedoch eine wichtige Geldquelle und der Grund, warum so mancher Sponsor den Reitsport überhaupt unterstützt. Einen Tag nach der Ankündigung von ARD und ZDF reagiert die FN: Sie löst alle Kader auf - sprich: die Nationalmannschaften. Im Moment gibt es also keine Reiter, die auf internationalen Turnieren für Deutschland starten dürfen. Wobei das nächste wichtige internationale Turnier ohnehin erst Ende August ansteht, nämlich die Europameisterschaften, und bis dahin sollen wieder Kadermitglieder benannt sein.

    "Ich denke, dass die Reiterliche Vereinigung die richtigen Schritte gegangen ist und auch sehr entschlossen gehandelt hat, deswegen auch Maßstäbe gesetzt hat für andere Verbände, denn die Auflösung aller Kader, sozusagen um den Neuanfang deutlich zu machen, das ist schon ein schwerwiegender Schritt, aber ich denke, er war richtig","

    sagt Michael Vesper. Er ist Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, kurz DOSB. Den hat nun die FN um Hilfe gebeten: der DOSB möge eine Kommission einrichten, die die FN-Funktionäre und Spitzenreiter hinsichtlich Doping unter die Lupe nimmt. Gestern hat die Kommission nun mit den Befragungen begonnen. Ergebnisse werden nicht vor Mitte August erwartet. Angeheizt wird die Debatte noch durch eine weitere Nachricht Ende Juni 2009, die wie eine Bombe eingeschlagen hat: Die Dressurreiterin und Weltranglisten Erste, Isabell Werth, hat ebenfalls gedopt: Ihr Nachwuchspferd Whisper bekam das Mittel Modecate. Damit habe sie ihr Pferd vom so genannten Shivering, der Zitter-Krankheit, kurieren wollen, so die fünfmalige Olympiagewinnerin. Und zwar auf Anraten ihres Tierarztes. Isabell Werth versucht im ZDF-Sportstudio zu erklären,

    ""dass er dann eine Muskelverkrampfung, eine Nervenverkrampfung bekommt, und dann auch mal schnell wieder absetzen muss und dann wieder da abrutscht. Beim Bandagieren das Bein in die Luft nimmt, dann auch mal schnell wieder absetzen muss. Und dieses Syndrom und diese Symptome sollten einfach gelindert, therapiert werden."
    In der Humanmedizin wird das Medikament Modecate zum Beispiel bei schizophrenen Patienten eingesetzt. Bei Pferden findet es unerlaubterweise Verwendung, wenn ein beispielsweise aufgeregtes oder nervöses Tier lange ruhiggestellt werden soll.

    "Es ist richtig, dass es hier in Deutschland nicht für Pferde zugelassen ist, das habe ich nicht gewusst. Tut mir leid, ich habe mich nicht mit diesen Dingen beschäftigt bislang, dass ich Medikamente überprüft habe."
    Der Tierarzt Dr. Hans Stihl habe ihr versichert, dass das Mittel innerhalb von sechs Tagen abgebaut und damit nicht mehr nachweisbar sei, so Isabell Werth. Ihr nächster Turnierstart mit Whipser lag 15 Tage danach. Tatsächlich hat dieses Medikament jedoch eine Depotwirkung und eine Nachweisbarkeit von bis zu 90 Tagen. Doch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Ein Rechtsgrundsatz, den die Dressurreiterin und Juristin Isabell Werth kennt. Doch noch jemand spielt in diesen Dopingskandalen eine ganz wesentliche Rolle: Der Tierarzt. Im Fall Werth ist das Hans Stihl. Der 72-jährige Schweizer ist in der Szene einschlägig bekannt und schon in zwei weiteren Dopingfällen als behandelnder Tierarzt aufgetreten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass manche Tierärzte bereitwillig Mittelchen spritzen, damit "der Gaul läuft". Ob das auch auf Hans Stihl zutrifft, ist nicht klar zu beantworten. Isabell Werth jedenfalls wollte zunächst an Stihl als Tierarzt festhalten, trennte sich einige Tage später aber doch von ihm. In der Reiterszene ist der Arzt weiterhin akzeptiert. So besteht der Trainer des deutschen Springkaders, Otto Becker, darauf, Hans Stihl in seinem Stall auch künftig einzusetzen. Die FN beunruhigt das nicht, so Generalsekretär Sönke Lauterbach:

    "Für Otto Becker gibt es nur die Absprachen, dass er gesagt hat, wir arbeiten so zusammen, dass alles regelkonform abläuft, nur unter diesen Voraussetzungen läuft das bei mir in meinem Stall und ich bin überzeugt davon, dass er das so hinkriegt. Er hat es über viele Jahre so hingekriegt, und solange es so läuft, haben wir als Verband das auch so zu akzeptieren."
    Ganz anderer Auffassung ist hingegen Jens Adolphsen, Zivilrechtsprofessor an der Universität Giessen, früher Justiziar der FN und heute Tribunalmitglied beim internationalen Dachverband der Reiter, der FEI:

    "Ich finde es politisch katastrophal, weil es einfach in der Außendarstellung ja kaum zu vermitteln ist, warum bei einem Bundestrainer dieser Tierarzt noch im Stall ist."

    So oder so ist der Fall Werth ein Meilenstein in der Geschichte des Reitsports. Isabell Werth hat eingestanden, dass ihrem Pferd das verbotene Medikament verabreicht worden ist. Jetzt wird der Weltreiterverband, kurz FEI, entscheiden, wie lange die Dressurreiterin für Turniere gesperrt sein wird. Interessant dürfte es werden, wenn die FEI sich entschließen sollte, durch einen Tierarzt untersuchen zu lassen, ob Werths Pferd tatsächlich an der Krankheit Shivering leidet. Sollte sich dabei herausstellen, dass Werths Pferd diese Krankheit gar nicht hat, dann könnte das eine noch längere Sperre für die Dressurreiterin bedeuten. Denn dann wäre klar, dass es der Dressurreiterin nur darum ging, ihr bekanntermaßen nervöses Pferd ruhig zu stellen. Allerdings: Isabell Werth bekam unerwartete Schützenhilfe von der Präsidentin des Weltreiterverbandes FEI, der jordanischen Prinzessin Haya. Das ist um so überraschender, da die Präsidentin bisher als vehemente Dopinggegnerin galt. Sie glaube Isabell Werth, bekundete die Prinzessin. Der Generalsekretär der deutschen FN, Sönke Lauterbach:

    "Ich glaube, dass Prinzessin Haya hier einfach nicht in ihrer Funktion als FEI-Präsidentin gesprochen hat, sondern vielleicht als Mensch, vielleicht als Freundin von Isabell Werth."
    Dabei war die FEI-Präsidentin bisher alles andere als eine Freundin der Dressurreiter. Im Gegenteil: Sie plädiert dafür, nicht das Dressur-, sondern das Distanzreiten zur olympischen Disziplin zu erheben. Vielleicht erklärt sich ihr plötzliches Verständnis für Isabell Werths Dopingfall ja auch einfacher. Schließlich hat Prinzessin Haya seit Kurzem in der eigenen Familie einen Dopingfall zu verzeichnen. Ihrem Mann - einem Distanzreiter - droht wegen Dopings ebenfalls eine Sperre.

    "Also ich glaube, dass das Reglement überdacht werden muss, gerade nach diesen Fällen denke ich mal besteht auch eine Chance, nach diesem Desaster, was wir ja jetzt haben, weil ja alle Leute sagen, die Pferde sind ja doch alle manipuliert, der Spaß am Sport vergeht uns","

    sagt Klaus Balkenhol. Der Dressurreiter und Olympia Goldmedaillengewinner arbeitet heute als Trainer und ist Mitbegründer von Xenophon - einem Verein, der sich für pferdeschonende Ausbildung und ebensolches Reiten einsetzt. Dass das Dopingreglement der FN überarbeitet werden muss, darüber herrscht immerhin Einigkeit. Mit Hochdruck werde nun an neuen Regeln gearbeitet, so FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach.

    ""Für uns gilt zunächst mal der Grundsatz, dass es keine leistungsbeeinflussenden Substanzen im Körper geben soll, die noch wirksam sind. Das ist für uns die absolute Zielrichtung, und wenn wir uns mit der FEI daran halten können, darauf quasi einigen können, dann ist es durchaus auch möglich, das nationale und das internationale Reglement weiter anzugleichen, als es jetzt schon der Fall ist."
    Auf internationaler Ebene wird zwischen Doping - also Substanzen, die Pferden auf keinen Fall gegeben werden dürfen - und der sogenannten Medikation unterschieden: Medikamenten also, die das Pferd unter bestimmten Voraussetzungen erhalten darf und dessen Wirkstoffe dann auch beim Turniereinsatz bis zu gewissen Grenzwerten nachweisbar sein dürfen. In Deutschland, also auf nationaler Ebene, ist das bisher anders geregelt. Hier gilt mehr oder weniger eine Nullregelung. Zwar können auch hier die Pferde mit allen nötigen Mitteln behandelt werden, doch beim Turnierstart darf keines dieser Mittel mehr nachweisbar sein. Damit folgt die FN dem Grundsatz, dass ein krankes oder behandlungsbedürftiges Pferd nichts auf einem Turnierplatz zu suchen hat. Eben anders als auf internationaler Ebene, wo Ausnahmen zugelassen sind. Da auf der Liste verbotener Substanzen aber auch beispielsweise eher harmlose, pflanzliche Mittel stehen, ist es für die Reiter schwierig, hier eine klare Grenze zu ziehen.

    "Wann kann ich inwieweit noch behandeln zu Hause, eine Verletzung oder irgendein Problem und wann kann ich damit wieder starten? Und diese Grenze ist für uns auch schwer, klar nicht definiert, wann wie nah an einem Wettkampf kann ich mein Pferd noch behandeln? Dass es so ist, dass weiß ja jeder, das weiß auch der Verband, aber dass das keine zufriedenstellende Lösung ist, ist auch klar","

    findet Springreiter Ludger Beerbaum und weiß sich mit dieser Meinung nicht alleine. So wie er, plädieren auch andere Spitzenreiter dafür, in Deutschland eine ausführliche Medikationsliste einzuführen, wie es sie auf internationaler Ebene bereits gibt. Der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, unterstützt diesen Vorschlag.

    ""Ich halte es für richtig, da Klarheit zu schaffen, wir müssen diese Grauzone weghaben. Das heißt, wir brauchen eine Medikationsliste von zugelassenen, tierärztlichen Medikamenten zur Behandlung von Krankheiten und wir müssen klar haben, alles, was da nicht drauf steht und dennoch dem Tier zugeführt wird, ist Doping."
    In Zukunft sollen aber auch die Tierärzte stärker in die Pflicht genommen werden. Sie unterliegen als Ärzte bisher nicht den FN-Richtlinien für Reiter. Sönke Lauterbach:

    "Wie genau das am Ende aussehen kann, auch das gilt es noch zu klären, aber es ist eventuell vorstellbar, dass zum Beispiel Tierärzte, die nicht auf einer entsprechenden Liste stehen oder von einer entsprechenden Liste heruntergenommen worden sind, in Zukunft vielleicht keinen Zugang mehr zu Stallbereichen bei internationalen Turnieren mehr haben."
    Dabei ließe sich das Problem noch einfacher lösen, findet der Jurist Jens Adolphsen.

    "Man kann zumindest für die Kaderreiter vorsehen, dass die gegenüber dem Verband einen Tierarzt benennen, von mir aus auch zwei, wenn sie zwei Spezialisten für ein Top-Pferd brauchen, der ausschließlich für die Betreuung dieses Pferdes zuständig sein soll. Mit diesem Tierarzt kann man einen Vertrag schließen und dieser Vertrag kann unter anderem eine Verpflichtung enthalten, die Regeln des Reitsports zu akzeptieren. Wenn die unterzeichnet ist, unterliegt der Tierarzt wie der Reiter auch den Regeln und kann auch entsprechend sanktioniert werden. Das ist kein großer Aufwand."
    Und noch etwas sollte nach Meinung des Juristen eingeführt werden:

    "Also der Reitsport ist derzeit, ich glaube neben Handball, der einzige Sport, der gar keine Trainingskontrollen hat. Und mir fehlt jedes Argument zu sagen, warum nicht. Das Argument bisher lautet immer nur, das sei kompliziert und teuer und deshalb nicht realisierbar. Und das ist aus meiner Sicht blanker Unsinn."
    Nach Adolphsens Vorstellung sind die Dopingkontrollen jedoch nur ein kleiner Teil einer neuen nötigen Reglementierung. Denn es gibt ein weitaus größeres Problem im Reitsport als das Doping: nämlich die Frage, mit welchen Methoden Pferde überhaupt ausgebildet werden dürfen.

    "Welche Trainingsmethoden sind einfach verboten und welche sind wirklich so, dass man sagt, auch gegen den Tierschutz, wir halten diese von Verbandsseite für richtig. Und daran krankt es, glaube ich, in den letzten Jahren."
    Der Faktor Zeit spiele bei den Trainingsmethoden eine große Rolle, erklärt Olympiagewinner Klaus Balkenhol:

    "Dann werden die Pferde schnell ausgebildet, und haben hinterher Spätschäden, wenn sie sechs, sieben sind und dann bekommen sie Medikamente, damit sie dann überhaupt laufen. Und nur bei richtig guter Ausbildung, pferdegerechter Ausbildung, hat man auch die Garantie, dass ein Pferd dann lange gesund bleibt. Und die Pferde werden ja nicht krankgemacht, nur weil sie da sind, sondern sie werden ja krank geritten dann."
    Dass Pferde in viel zu kurzer Zeit ausgebildet, damit - wie Balkenhol sagt - regelrecht krank geritten werden und dann Medikamente brauchen, ist fast noch das kleinste Problem, betrachtet man die anderen Ausbildungsmethoden.

    So mancher Springreiter nutzt das sogenannte Barren: Dem Pferd wird im Sprung eine Stange gegen die Beine geknallt - damit es beim nächsten Mal noch höher springt. Oder es werden Drahtseile gespannt, Nägel benutzt, den Pferden Verbrennungen an den Beinen zugefügt, damit sie sich ja in Acht nehmen und keine Stangen berühren.
    Und auch die Fantasie der Dressurreiter ist leider sehr ausgeprägt, wenn es darum geht, dem Pferd Höchstleistungen abzuverlangen. Elektrosporen sollen das Pferd noch schneller auf die Signale des Reiters reagieren lassen. Damit die Tiere ihre Beine noch höher und ausdruckstärker bewegen, werden mit Gamaschen Gewichte an die Pferdebeine gebunden. Bei der so genannten "Rollkur" wird der Pferdekopf bis an die Pferdebrust gezogen und dort fest gehalten - eine durchaus schmerzhafte Prozedur für die Tiere. Jens Adolphsen:

    "Wir haben das Barren gehabt, das hat dazu geführt, dass diese Form des Barrens als tierquälerisch eingestuft worden ist, aber dass nach wie vor touchieren erlaubt ist mit irgendwelchen Bambusstangen durch Profis. Da ist natürlich von vorneherein die Grenze schwer zu ziehen. Wir haben diese Rollkur-Diskussion, also das tiefe Einstellen von Dressurpferden gehabt."
    Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene halten sich die Verbände mit den Bewertungen der Ausbildungsmethoden zurück. Und so praktizieren einige Spitzenreiter weltweit diese umstrittenen Methoden. Das sei ein unhaltbarer Zustand, sagt der Jurist Jens Adolphsen:

    "Wenn man das dann will und das politisch auch durchsetzbar ist, kann man in diesem Fall nach verbotenen Trainingsmethoden suchen, das heißt, die Reiter würden verpflichtet, zumindest ihren Trainingsbereich, selbstverständlich nicht ihren Lebens- und Wohnbereich, für Kontrollen zur Verfügung zu stellen und ich könnte mir vorstellen, dass man dort Stromsporen findet oder irgendwelche Stangen, die zur Manipulation eingesetzt werden oder ähnliches."
    Bis zum 1. Januar 2010 wollen sowohl die FN als auch die FEI ein neues Regelwerk verabschieden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Reglements übereinstimmen werden. Zu groß wird vermutlich auch der Widerstand gegen eine Kontrolle der Trainingsmethoden sein.

    Bis Mitte August will die Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes, die derzeit die deutschen Pferdesport-Funktionäre und Reiter befragt, ihre Ergebnisse vorlegen. Dann wird sich zeigen, wie ernst es den Verantwortlichen mit dem Tierschutz ist - trotz des Leistungssports.