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Doping oder Therapie

Sport. – Profisportlern steht ganzes Heer von Ärzten zur Seite. Wenn die Athleten aber nicht nur unter körperlichen, sondern psychischen Problemen leiden, kommen auch die Mediziner leicht in Schwierigkeiten. Denn viele der Medikamente könnten einerseits nun wieder die körperliche Leistungsfähigkeit der Sportler beeinträchtigen. Oder sie könnten die Athleten dem Verdacht des Dopings aussetzen.

Von Arndt Reuning | 08.05.2008
    Darnell Alford ist ein Bär von einem Mann. Gut einen Kopf größer als der Durchschnitt, mit breiten Schultern und kräftigen Oberarmen. Und er scheint die Ruhe in Person zu sein. So gelassen er im Moment auch dasitzt, würde man nicht vermuten, dass er schon seit seiner Kindheit mit ADHS zu tun hat, dem sogenannten Zappelphilipp-Syndrom. Das heißt: Darnell Alford hat Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, er lässt sich leicht ablenken. Alford:

    "”Ich würde das so beschreiben: Als ob ich in einer Spirale gefangen bin. Oder immer im Kreis laufe. Man bricht eine Aufgabe ab, macht mit einer anderen weiter, sieht dann schon wieder die nächste und die nächste. So habe ich immer viele Kleinigkeiten übersehen oder vergessen. Wissen Sie, das ist kein wirkliches Problem, solange man sich untersuchen und helfen lässt. Um endlich von diesem Karussell runter zu kommen.""


    Die ADHS-Symptome haben Darnell Alford nicht nur im Privatleben zu schaffen gemacht. Sondern auch seine Karriere als Sportler belastet: Sechs Jahre lang hat er in der amerikanischen Football-Profiliga NFL gespielt. Im Angriff als sogenannter Offensive Lineman. Keine Position, in der er sich Unaufmerksamkeit leisten konnte. Alford:

    "”Man ist immer unter Druck, das liegt einfach in der Natur der Sache. Es geht immer um einen Wettstreit – und um Konkurrenz. Und je besser man wird, umso mehr nimmt das zu. Da gibt es immer jemanden, der deinen Job haben will. Also wenn du dich da nicht konzentrieren kannst, dann macht sich das am Ende immer bemerkbar.""

    Also ließ sich der Football-Spieler von einem Experten behandeln, von Dr. David Conant-Norville aus Beaverton in Oregon. Neben einer Verhaltenstherapie gehört die Behandlung mit sogenannten Psychostimulantien zu den Standardmethoden bei ADHS. Conant-Norville:

    "Es gibt viele verschieden Medikamente für ADHS. Hier in den USA benutzen wir hauptsächlich die Psychostimulantien. Zum Beispiel Methylphenidat und Amphetamin-Präparate."

    Methylphenidat zum Beispiel wird unter dem Handelsnamen Ritalin verkauft. Das ist eines der am häufigsten verwendeten Präparate. Manche der Mittel wirken nur wenige Stunden lang, andere über den ganzen Tag verteilt, weil sie den Inhaltsstoff nur nach und nach abgeben. Zu den Aufgaben des Psychiaters gehört es, die Patienten individuell auf die richtige Dosis einzustellen. Bei Sportlern gilt es da dann vor allem den Trainingsplan zu beachten. Conant-Norville:

    "”Manche Athleten möchten das einfach nicht: unter dem Einfluss der Stimulantien zu spielen. Sie sagen, das nimmt ihnen ihre gesamte Kreativität, ihre Spontaneität und ihre Schnelligkeit. Andere Sportler sagen: Hey, wenn ich meine Medizin nicht nehme, dann mache ich zu viele Fehler, kann mich nicht konzentrieren, und meine Spielweise ist eher armselig.""

    Und noch ein anderes Problem gibt es mit den Stimulantien, die zum Beispiel auch häufig von Studenten missbraucht werden, um sich in den Tagen vor einer wichtigen Prüfung wach zu halten: Diese Substanzen können im Sport als Doping-Mittel verwendet werden. Conant-Norville:

    "”Stimulantien haben zu den ersten Medikamenten gehört, die verboten worden sind – bereits 1968. Und das Verbot gilt noch immer. Um Stimulantien in Wettkämpfen benutzen zu dürfen, zum Beispiel in den Profi-Ligen, muss der Arzt die ADHS-Diagnonse offiziell bestätigen. Und den Nachweis erbringen, dass erlaubte Medikamente nicht effizient genug sind, um die Störung zu behandeln und einen normalen und fairen Gesundheitszustand des Athleten wieder herzustellen.""

    Doch leider werde gerade im Leistungssport oft genug noch eine Störung wie ADHS als ein Stigma, als Zeichen der Schwäche angesehen, sagt Dr. Conant-Nerville. Und nicht als ein Zustand, der sich behandeln lässt.#