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Dopingopfer-Entschädigung
Hat Hörmann gelogen?

Seit Monaten fordert der Dopingopferhilfe-Verein, dass der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sich finanziell an einem Opfer-Fonds beteiligt. Unterstützung bekommt er dabei vom Bundesinnenministerium. Doch der DOSB wiegelt ab - und Präsident Alfons Hörmann sieht sich dem Vorwurf der Lüge ausgesetzt.

Von Thomas Purschke | 12.12.2015
    DOSB-Präsident Alfons Hörmann
    DOSB-Präsident Alfons Hörmann (dpa / picture-alliance / Arne Dedert)
    Welchen Beitrag leistet der deutsche Sport als Hilfeleistung für die DDR-Dopingopfer? Im Jahr 25 der Wiedervereinigung sahen sich der DOSB und Alfons Hörmann immer wieder mit dieser Frage konfrontiert. Die Antwort des Präsidenten:
    "Wir im Sport haben unsere deutliche und klare Verantwortung übernommen und wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass Lösungen für die Opfer gefunden werden. Aber ich habe von Beginn an klar und deutlich gesagt, dass wir nicht in der Lage sind, aus irgendeinem laufenden Haushalt, Mittel in stattlichen Größenordnungen aufzuwenden."
    Bereits zum 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2015 hatte Staatssekretär Ole Schröder im Deutschlandfunk den DOSB aufgefordert:
    "Ich wünsche mir, dass der Sport in gleicher Höhe seiner Verantwortung gerecht wird und ebenfalls 10,5 Millionen Euro zur Verfügung stellt."
    Und auch der Sportminister Thomas de Maiziere hatte im Deutschlandfunk-Sportgespräch am vergangenen Sonntag gesagt, er hoffe, dass der deutsche Sport seinen Beitrag dazu leiste:
    "Ich habe auch ganz positive Signale aus dem Sportausschuss durch den DOSB gehört. Notfalls machen wir das auch alleine, weil das schon ein gesellschaftliches Anliegen ist."
    Es steht Aussage gegen Aussage
    Auf die Frage nach einer möglichen Beteiligung des DOSB erklärte Alfons Hörmann am 21. November 2015 gegenüber dem Deutschlandfunk:
    "Die Forderung beziehungsweise der Vorschlag von Ole Schröder kam, der ist auch in den Gesprächen mit dem BMI besprochen worden, aber nie in den Größenordnungen, die dann in irgendeiner Form publiziert wurden. Ole Schröder hat sich davon auch vollkommen distanziert in einem Gespräch vor einer Woche."
    Eine Sprecherin des BMI erklärte dazu aktuell unmissverständlich:
    "Nein, der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder hat sich nicht davon distanziert."
    Es steht Aussage gegen Aussage. Einiges deutet darauf hin, dass Hörmann in diesem Fall die Unwahrheit gesagt hat.
    Das BMI teilte weiter mit: "Der DOSB hat eine Beteiligung zuletzt mit Schreiben vom 3. September 2015 abgelehnt. Dennoch hat das Bundesinnenministerium mehrfach mit dem DOSB über eine Beteiligung an der DDR-Dopingopfer-Hilfe gesprochen, weil wir es angemessen finden, dass der organisierte Sport auch einen Beitrag übernimmt."
    Die Vorsitzende des Dopingopferhilfe-Vereines, Ines Geipel, reagiert mit klaren Worten:
    "Der DOSB hat zu Jahresbeginn das Thema zur Chefsache erklärt und am Ende des Jahres stehen für die Opfer null Cent und eine dicke Lüge von Hörmann. Dies ist die Bankrotterklärung in der Chefetage des deutschen Sports."
    Die ehemalige DDR-Sportlerin Ines Geipel auf einer Pressekonferenz im Jahr 2013
    Übt scharfe Kritik an Hörmann: Die Vorsitzende des Dopinghilfe-Vereins, Ines Geipel. (Steffen Trumpf, dpa picture-alliance)
    Bei der jährlichen Mitgliederversammlung des DOSB kürzlich in Hannover kritisierte Hörmann angesichts der aktuellen Doping- und Korruptions-Skandale im Leichtathletik-Weltverband und in der FIFA unter anderem das Verhalten bestimmter deutscher Funktionäre:
    "Welche Initiativen haben die betroffenen Verbände, der Deutsche Leichtathletikverband, der Deutsche Fußballbund an der jeweiligen Stelle unternommen. Wo sind Dinge kritisch hinterfragt oder kritisch adressiert worden. National zu referieren und auf den Podien zu parlieren, reicht nicht aus. Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden, um ganz am Ende die von Ihnen, Herr de Maiziere, zu Recht eingeforderte Glaubwürdigkeit wieder zu erhalten."
    Enge Verbundenheit mit dem LSB Thüringen
    Dabei gibt es an der Glaubwürdigkeit und moralischen Integrität des höchsten Sport-Ehrenamtlers in Deutschland, Alfons Hörmann, selbst Zweifel. Etwa was seine unkritische Haltung gegenüber dem IOC und seinem deutschen Präsidenten Thomas Bach angeht.
    Oder was seine Anti-Doping-Politik als Funktionär im Internationalen Skisport betrifft. Als Präsident des Deutschen Skiverbandes hat Alfons Hörmann zwischen 2005 bis 2013 zahlreiche belastete DDR-Dopingtrainer im Verband gehalten. Als die Dopingvergangenheit des einstigen DDR-Biathlontrainers Frank Ullrich 2009 öffentlich thematisiert wurde, sorgte der DSV unter Hörmann für Aufsehen: Er beauftragte nicht - wie vom DOSB gefordert - die Doping-Kommission des Dachverbandes mit der Prüfung der Causa Ullrich. Stattdessen setzte Hörmann eine eigene Untersuchungskommission ein, die letztlich die Weiterbeschäftigung von Frank Ullrich empfahl. Kritische Nachfragen dazu wollte Hörmann kürzlich partout nicht beantworten. Er brach das Interview ab.
    Stattdessen demonstrierte der DOSB-Präsident Ende November beim Landessportbund Thüringen ausdrücklich seine enge Verbundenheit mit Rolf Beilschmidt. Der einstige Stasi-Spitzel und Chef des dopingverseuchten DDR-Sportclubs Motor Jena ist heute Hauptgeschäftsführer des LSB Thüringen.