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Dortmund
Nach Kirchen-Besetzung mehr Geld für Kampf gegen Rechts gefordert

Neonazis haben kurzzeitig ein Gotteshaus in Dortmund besetzt. Die evangelische Kirche lässt sich von der Aktion nicht einschüchtern: Die Pforten bleiben offen. Dortmunder Sonderbeauftragter fordert mehr Mittel vom Bundesfamilienministerium für den Kampf gegen Rechts.

17.12.2016
    Der beleuchtete Turm der Reinoldikirche in Dortmund bei Nacht.
    Neonazis verschafften sich Zugang zu der Empore des Turms und brachten dort Spruchbänder an und zündeten Feuerwerkskörper (dpa)
    Der evangelische Kirchenkreis Dortmund will auch nach der Kirchenbesetzung durch Neonazis seine Stadtkirchen weiterhin täglich für die Bevölkerung offen halten. "Alle Menschen, die in friedlicher Absicht kommen, sind uns jederzeit willkommen", erklärte Superintendent Ulf Schlüter: "Die Aktion belegt einmal mehr, dass den Rechtsextremisten nichts heilig ist - eine Kirche so wenig wie das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Stadt." Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus hätten keinerlei Raum bei der evangelischen Kirche in Dortmund, führte Schlüter aus. Man werde weiter am Dialog mit Menschen anderer Religionen und Kulturen festhalten.
    Der Dortmunder Sonderbeauftragte für Toleranz und Demokratie, Hartmut Anders-Hoepgen, forderte mehr Bundesmittel für das Neonazi-Aussteigerprogramm "Comeback". "Das Geld der Stadt, die jährlich 50.000 Euro bereitstellt, reicht nicht mehr aus", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Er appellierte an das Bundesfamilienministerium, 200.000 Euro für den Ausbau der Beratungsarbeit bereitzustellen.
    Neonazis mit Glockengeläut übertönt
    Am Freitagabend hatten Rechtsextremisten aus dem Umfeld der Partei "Die Rechte", die in Dortmund seit Jahren für Probleme sorgt, den Turm der Reinoldikirche vorübergehend besetzt. Nach Polizeiangaben verbarrikadierten sie sich, hängten ein Transparent an die Brüstung mit der Aufschrift "Islamisierung stoppen" und zündeten Feuerwerkskörper. Im Umfeld der Kirche wurden Flugblätter verteilt. Die Polizei nahm acht Personen fest und leitete Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole ein.
    Nach Angaben des Dortmunder Pfarrers Friedrich Stiller hatten die Rechtsextremisten zudem über ein Megafon Parolen skandiert. Gemeindevertreter hätten daraufhin die Kirchenglocken eingeschaltet und die Neonazis damit übertönt. "Ich wusste nicht, wie ich das sonst stoppen sollte", sagte Pfarrerin Susanne Karmeier dem Internetportal "Der Westen". "Politische Propaganda hat hier einfach keinen Platz." (tgs/copi)