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Douglas Fairbanks
Held der großen Stummfilmabenteuer

Er schlug Purzelbäume in Serie, enterte mit einer Hand Piratenschiffe oder kraxelte orientalische Palastmauern hoch. Der Hollywood-Schauspieler Douglas Fairbanks spielte seine Figuren mit der Leichtigkeit eines Artisten in der Manege. Vor 75 Jahren starb er in Santa Monica.

Von Katja Nicodemus | 12.12.2014
    Der Hollywoodschauspieler als mutiger Degenfechter in einer Szene des Stummfilms "Die drei Musketiere"; undatierte Aufnahme
    Der Hollywoodschauspieler als mutiger Degenfechter in einer Szene des Stummfilms "Die drei Musketiere"; undatierte Aufnahme (ure-alliance / dpa)
    In den Auftritten von Douglas Fairbanks wurden Fantasien zu Fleisch und Blut. Er gab dem Kino einen Körper. Und machte Märchen zu geturnten Träumen.
    Fairbanks war der Held der großen Stummfilmabenteuer der zwanziger Jahre. "Der Dieb von Bagdad", "Robin Hood", "Das Zeichen des Zorro", hießen die Filme, mit denen er zum Weltstar einer Dekade wurde. Als stets fröhlicher Held im Kampf mit durchtriebenen Schurken. Mit athletisch bebender Physis. In Douglas Fairbanks' Filmen gab es kein Problem, das sich nicht durch einen Felgaufschwung lösen ließ.
    Douglas Fairbanks, geboren im Mai 1883 in Denver, Colorado, prägt das Kino nicht nur auf der Leinwand. 1919, als sich mehrere große Hollywoodstudios zu einem Kartell zusammenschließen, um die Gagen ihrer Stars zu drücken, schlägt Fairbanks zurück. Er gründet eine eigene Produktionsfirma, gemeinsam mit dem Regisseur David Wark Griffith, dem Komödianten Charlie Chaplin und der Schauspielerin Mary Pickford: United Artists. Die geballte Finanzkraft der Stars im Verein mit der eigenen Firma gibt Fairbanks endlich die Möglichkeit, Filme nach seinen eigenen künstlerischen Vorstellungen zu verwirklichen.
    Am Set arbeitet er mit versteckten Trampolinen
    Von nun an werden die gigantomanischen Filmsets ganz entsprechend seiner physischen Fähigkeiten gebaut. Versteckte Trampoline und Rutschbahnen verstärken die Leichtigkeit seiner Bewegungen. Seine Mitspieler werden so besetzt, dass sie seinem athletischen Erscheinungsbild nicht die Show stehlen.
    Es ist die Zeit, in der Douglas Fairbanks nicht nur Film- sondern auch Glamour- und Celebritygeschichte schreibt: 1921 heiratet er das damals achtundzwanzigjährige Jungmädchenidol Mary Pickford und bezieht mit ihr das märchenhaft luxuriöse Anwesen Pickfair. Liest man zeitgenössische Zeitungsartikel, fühlt man sich an den Rummel um heutige Hollywoodpaare erinnert. Und die Scheidung von Pickford und Fairbanks war der Washington Post dann 1933 tatsächlich einen Leitartikel wert:
    "Niemand wird bestreiten, dass es Liebe gab auf Pickfair. Aber es war eine Liebe, die ständig vorgeführt werden musste. Der Herr und die Herrin des 500.000-Dollar-Anwesens waren immer im Rampenlicht, wo sie nicht nur einander ihre Zuneigung demonstrieren mussten, sondern vor der ganzen Welt."
    Er begeistert als D'Artagnan in "Die drei Musketiere"
    Derweil läuft die Traummaschine United Artists auf der Leinwand heiß. Mit artistischer Körperbeherrschung kämpfen Fairbanks' Helden eine Dekade lang in verwunschenen Ländern und fernen Landschaften. Fairbanks entert Piratenschiffe mit einer Hand, kraxelt orientalische Palastmauern hoch, bezirzt Prinzessinnen, schlägt Purzelbäume in Serie, trotzt alleine ganzen Armeen. Seine Waffen sind Degen, Schwert, Messer, Peitsche und alles, was noch so herumliegt. Über Fairbanks’ elegant-verwegene Darbietung des Mantel-und-Degen-Helden D'Artagnan in "Die drei Musketiere" schwärmt die damalige Kritiker-Legende Robert E. Sherwood 1921 im Life Magazine:
    "Nie zuvor wurde eine berühmte Figur aus einem berühmten Roman auf der Leinwand besser dargestellt. D'Artagnan lebt in Fairbanks, Fairbanks lebt in d' Artagnan. Hier erlebt man nicht nur physische Grazie und einen superben Schwebezustand - sondern auch das lodernde innere Feuer, den vitalen Geist von Dumas' herrlichem Helden."
    Dreißig Jahre später, zu Beginn der fünfziger Jahre, versucht Fairbanks’ Sohn, Douglas Fairbanks junior, den Stummfilm "Die eiserne Maske" in die Ära des Tonfilms zu überführen, indem er die Texteinblendungen durch eigene Erzählerauftritte ersetzt. Mit wenig überzeugendem, hochpathetischem Ergebnis.
    Die Originalfassung von "Die eiserne Maske", 1929 unter der Regie von Allan Dwan entstanden, ist Fairbanks' bewegendster Film. Er spielt D'Artagnan als gealterten Haudegen, immer noch athletisch, aber doch ein wenig langsamer und schwerfälliger als in früheren Zeiten. Am Ende tödlich verwundet, begegnet D'Artagnan seinen toten Kameraden im Himmel wieder. Es ist Fairbanks letzter großer Abenteuerfilm. Und auch eine Art augenzwinkernder Abschied des Hollywoodhelden, der am 12. Dezember 1939 mit sechsundfünfzig Jahren in Santa Monica stirbt. Seine letzten Worte hätten auch zu einem seiner ewig vitalen Filmhelden gepasst: "Ich habe mich nie besser gefühlt."