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Drohende Kartellstrafe
Thyssenkrupp senkt erneut die Gewinnprognose

Die Ermittlungen des Bundeskartellamts gegen Thyssenkrupp wegen mutmaßlich rechtswidriger Absprachen in der Stahlbranche laufen noch. Doch das Unternehmen kappt schonmal vorsorglich die Gewinnprognose. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate.

Von Mischa Ehrhardt | 09.11.2018
    Die Konzernzentrale der ThyssenKrupp AG in Essen.
    Mitarbeiter von Thyssenkrupp sollen in der Vergangenheit mutmaßlich an Absprachen über die Höhe von Stahlpreisen beteiligt gewesen seien (imago )
    Es sind die Schatten der Vergangenheit, die Thyssenkrupp einmal mehr einholen. Konkret muss der Konzern nun Rückstellungen bilden wegen eines Kartellverfahrens. Das ist zwar schon länger anhängig, droht offenbar aber zu Strafzahlungen zu führen. Nach aktueller Lage der Dinge könne Thyssenkrupp durch das Kartellverfahren erhebliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns nicht ausschließen.
    In der Sache geht es darum, dass Mitarbeiter von Thyssenkrupp in der Vergangenheit mutmaßlich an Absprachen über die Höhe von Stahlpreisen beteiligt waren. Offenbar versucht der erst im Sommer ins Amt gekommene neue Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff, das Unternehmen aufzuräumen und von solchem Ballast zu befreien.
    Umbauprozess bindet Management-Kapazitäten
    "Ich glaube, dass ein Teil dieser Gewinnwarnungen darauf zurückzuführen ist, dass man versucht, einen Neuanfang zu starten, das heißt, Altlasten einmal abzuarbeiten", sagt Branchenanalyst David Varga aus dem Bankhaus Metzler. Dazu gehört auch der Aufbau einer neuen Struktur von Thyssenkrupp in der Zukunft: "Ein anderer Teil könnte darauf zurückzuführen sein, dass momentan einfach unglaubliche Management-Kapazitäten in diesem ganzen Restrukturierungsprozess gebunden sind".
    Vor wenigen Wochen erst hat die Konzernführung angekündigt, den Konzern in zwei Teile spalten zu wollen: In einen Industriegüterkonzern auf der einen und die Werkstoffsparte mit beispielsweise den Stahlaktivitäten auf der anderen Seite. Die Stahlsparte soll zudem in einem gemeinsamen Unternehmen mit dem europäischen Ableger des indischen Stahlriesen Tata Steel organisiert werden. Ob das Stahlgeschäft auf lange Sicht noch bei Thyssenkrupp bleibe, wurde Thyssenkruppchef Kerkhoff in diesem Zusammenhang in einer Telefonkonferenz gefragt. Seine Antwort: "Lassen Sie uns das erst mal machen und dann sehen. Doch ich denke, es gibt hier mehr Möglichkeiten, mehr Optionen als viele denken".
    Auch Thyssenkrupp leidet unter schwächerer Nachfrage
    Dass Thyssenkrupp nun die Prognose noch einmal senken muss, hat aber auch mit dem Industriegeschäft von Thyssenkrupp, etwa der Aufzugsparte und dem Bereich der Industriekomponenten wie Autoteilen zu tun. Und das hängt auch mit konjunkturellem Gegenwind zusammen, sprich: stockender Nachfrage. "Man hat in den vergangenen Jahren sehr sehr viel in den Bereich investiert, man hat stark expandiert, neue Werke gebaut, neue Produktionsanlagen. Und man ist jetzt sukzessive dabei, die Auslastung hochzufahren. Und seit einigen Quartalen zeigt sich dort eine etwas schwächer als erwartete Nachfrage seitens der Kunden, was dann in der Folge eine niedriger als erwartete Auslastung nach sich zieht", sagt Analyst David Varga.
    Sollte sich das konjunkturelle Umfeld weiter eintrüben, wird das die Lage von Thyssenkrupp ebenfalls verschlechtern. Die gestrige Senkung der Prognosen des Unternehmens war bereits die zweite seit dem Amtsantritt von Guido Kerkhoff im Juli.