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Drohnenangriffe
Erkennung und Abwehr von unerlaubten Überflügen

Kurz vor Weihnachten 2018 legten Drohnen den Flughafen London-Gatwick lahm. Nicht erst seit diesem Ereignis überlegen Experten, wie man sich vor solchen Angriffen schützen kann. Dabei ist das rechtzeitige Erkennen von Drohnenanflügen nicht das einzige Problem.

Von Leopold Hock | 07.03.2019
Das Foto zeigt eine private Drohne, dahinter in weiter Entfernung ein Flugzeug im Anflug auf den Flughafen Düsseldorf.
Immer mehr Drohnen sind im Luftraum über Deutschland unterwegs - nicht immer mit friedlichen Absichten (dpa-Bildfunk / Julian Stratenschulte)
Unbemannte Drohnen stellen Flughafenbetreiber und Sicherheitsbehörden vor ein Problem: Nicht mal 100 Euro kosten heute Einsteigermodelle im Internet, die Verkaufszahlen wachsen stetig. Die Deutsche Flugsicherung schätzt, dass in Deutschland bald eine Million flugfähige Drohnen ihre Bahnen ziehen. Wenn sie in Flugverbotszonen eindringen oder unangemeldet auf Großveranstaltungen auftauchen, werden sie zum unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko.
"Vorfälle gibt es, Vorfälle gab es. Nicht nur bei uns, auch in anderen großen Unternehmen. Und das ist der Grund, wieso wir darauf reagiert haben."
Seit Jahren tüfteln etliche Unternehmen an Systemen, die Drohnen unschädlich machen oder zumindest frühzeitig erkennen können. Darunter sind auch das Technologieunternehmen ESG und der Automobilhersteller Volkswagen. Die beiden Firmen haben gemeinsam ein Drohnenabwehrsystem entwickelt, das jetzt in Nürnberg im Rahmen der Fachmesse U.T.Sec vorgestellt wurde. Andreas Fietze, Leiter der Abteilung für Konzernobjektschutz bei Volkswagen:
"Also sie sehen hier ein Drohnendetektionssystem, das auf Basis eines Volkswagen Crafters gemeinsam mit der Firma ESG entwickelt wurde. Wir setzen das Fahrzeug an verschiedenen Einsatzorten ein, das heißt, es muss mobil sein, hochflexibel sein."
Kombination verschiedener Sensoren nötig
Aus dem Dach des Kleinbusses ragt ein mehrere Meter hoher Antennenmast. Hinter dem Fahrzeug hängt ein Anhänger mit einer ausgefahrenen Hebebühne, ebenfalls einige Meter hoch. Darauf befindet sich ein Radarsystem. Es kann Objekte im Himmel aufspüren, während Sensoren auf dem Antennenmast nach Geräuschen lauschen, Kamerabilder aufnehmen und nach Funksignalen suchen.
"Diese ganzen Systeme sind als Sensorsystem zusammengefasst, modular aufgebaut und geben dem Werkschutzmitarbeiter, der hier drinnen seine Arbeit verrichtet, eine optimale Möglichkeit, auf den Einsatz von Drohnen zu reagieren."

Die Kombination verschiedener Sensoren sei wichtig, weil so viele verschiedene Drohnentypen auf dem Markt sind. Jede Drohne klingt anders, sieht anders aus, kommuniziert anders und manche sind so klein, dass sie vom Radar übersehen werden. Damit keine Fehlalarme ausgelöst werden, muss das System auch in der Lage sein, Drohnen zum Beispiel von Vogelschwärmen zu unterscheiden. Daniela Hildenbrandt vom Technologieunternehmen ESG:
"Die Fehlalarme liegen in sehr geringem Bereich, gerade durch die Kombination der Sensoriken."
Ein Helikopter fliegt über die leeren Rollbahnen am Londoner Flughafen Gatwick.
Nach dem Drohnenangriff - Die leere Rollbahn am Londoner Flughafen Gatwick. (dpa/Pete Summers)
Wettrüsten zwischen Herstellern und Jägern
Dass die Detektoren bei einer Drohne aber auch tatsächlich anschlagen, ist unter Realbedingungen wohl nicht immer ganz so einfach. Bei einem Test in der Schweiz hatte zum Beispiel ein anderer Detektor Schwierigkeiten, eine Drohne zu hören, weil Kuhglocken auf einer benachbarten Weide zu laut bimmelten. Die Hersteller von Drohnen könnten außerdem versuchen, ihre Fluggeräte besser zu tarnen. Dazu könnten sie zum Beispiel Modelle so bauen, dass sie von Radarsystemen nicht erfasst werden, ähnlich wie bei Tarnkappenflugzeugen. Findet da bald ein Wettrüsten statt?
"Wettrüsten ist nicht ganz falsch. Wir haben ja gerade in der Drohnenentwicklung große Geschwindigkeiten. Das ist schon der Anspruch an uns selbst, dass wir den Markt, den Drohnenmarkt und den Markt der Technologien zu ihrer Erkennung und zur Abwehr so im Blick behalten, dass das System zukunftssicher bleibt."
ESG und Volkswagen sind nicht die einzigen, die Drohnendetektoren entwickeln. Im deutsch-österreichischen Verbundprojekt AMBOS arbeitet zum Beispiel das Fraunhofer Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie an einem System, das ebenfalls mithilfe akustischer Sensoren, Kameras, Funkantennen und Radar Drohnen erkennen soll.
Geringe Reichweite der Detektoren problematisch
Neben der schwierigen Identifizierung haben solche Detektoren aber noch ein weiteres Problem: Ihre Reichweite beträgt nur wenige Kilometer. Gerade in städtischer Umgebung oder in Wäldern ist sie noch kleiner, weil Funk- oder Radarsignale von Häusern oder Bäumen "abgeschattet" werden.
Nähert sich nun eine Drohne mit 70 oder 80 Kilometern pro Stunde, bleibt kaum noch Zeit zum Reagieren. Der AMBOS-Detektor besitzt immerhin auch gleich noch Instrumente zum Ausschalten der Drohne, zum Beispiel Netzwerfer oder Funksignalstörer, sogenannte Jammer. Deren Einsatz ist aber riskant, denn wenn eine Drohne möglicherweise einen Sprengsatz trägt, wäre ein unkontrollierter Absturz hochgefährlich. Und eine Drohne "vom Himmel holen" darf ohnehin nur eine Polizeibehörde.
Volkswagen jedenfalls benutzt den Detektor, um sich vor frühzeitigen und neugierigen Blicken auf Testfahrzeuge und Prototypen zu schützen, so Andreas Fietze.
"Gerade jetzt, wo man ja vor großen Umbrüchen steht in den Fahrzeugmodellreihen und so weiter, ist es für uns sehr wichtig, dass wir diejenigen sind, die darüber aussagekräftig sind, wann wird das Fahrzeug wie eingeführt."