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Drucksensoren in der Biometrie
Wenn der Gang die Identität verrät

Forscher der Universität Manchester könnten Sicherheitskontrollen an Flughäfen revolutionieren. Sie haben mittels Künstlicher Intelligenz ein System entwickelt, das Menschen allein an ihrem Gang identifizieren kann. Möglich macht das ein bestimmtes Verfahren, das den Druck des Fußes beim Gehen misst.

Von Nina Rink | 02.07.2018
    Futuristischer Ganzkörperscanner auf dem 67. IATA-Treffen im Jahr 2011
    Das Überqueren einer mit Drucksensoren ausgestatteten Bodenplatte könnte bald die Fingerabdruckkontrolle am Flughafen ersetzen (picture alliance / dpa / EPA)
    Anhand biometrischer Merkmale können Menschen eindeutig identifiziert werden: Beliebte Methoden sind der Abgleich der Fingerabdrücke, Iris-Scans oder Gesichtserkennung. Doch nicht nur diese körperlichen Merkmale machen uns einzigartig, auch unser Verhalten. Die Art, wie wir gehen, zum Beispiel.
    "Der Gang eines jeden Menschen ist einzigartig – der Laufstil, die Größe des Fußes und des Fußabdrucks, das Gewicht oder die Art, wie wir unsere Hände beim Gehen bewegen. Und auch die Größe – sie beeinflusst den Abstand der Beine und damit die Abstände, in denen wir auftreten. Das alles bestimmt unsere Art zu gehen. Das sind also eine Menge Faktoren."
    Jeder Gang ist einzigartig
    Omar Costilla-Reyes von der Universität Manchester ist Experte für Deep Machine Learning und Sensorsysteme. Gemeinsam mit Experten für Biometrie von der Universität Madrid entwickelte er fünf Jahre lang ein System zur Schritterkennung. In einem Versuch ließen sie 127 Personen wiederholt über eine spezielle Druckplatte laufen und legten die bislang größte Schritt-Datenbank an. Mehr als 20.000 Schritt-Signale wurden erfasst und analysiert. So identifizierten die Forscher 24 verschiedene Parameter, die den Gang eines Menschen unverwechselbar machen.
    "Um all diese Faktoren zu berücksichtigen, haben wir fortschrittliche Techniken des maschinellen Lernens genutzt. Für einen Menschen sind diese Merkmale kaum zu unterscheiden. Bei Menschen, die wir nicht gut kennen, können wir nicht so leicht an Hand des Gangs sagen, wer wer ist. Und unser System kann helfen, diese vielen Faktoren zu differenzieren."
    Sicherheitskontrollen bei Flughäfen könnten profitieren
    Anhand der charakteristischen Drucksignaturen am Boden kann die künstliche Intelligenz quasi in Echtzeit Menschen an ihrem Gang identifizieren. Eine Anwendung für die Schritterkennung wäre zum Beispiel bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen denkbar. Auf dem Weg zum Gate könnten die Passagiere einfach über eine kleine Fläche mit Sensoren im Fußboden laufen, statt ihre Fingerabdrücke einlesen zu lassen. Vorausgesetzt, ihr Gangmuster wäre zuvor einmal eingescannt und in einer Datenbank hinterlegt worden. Doch wie zuverlässig ist die Schritterkennung im Vergleich zu den bekannten Methoden?
    "Mal angenommen, Sie sind betrunken, sie rennen oder verändern ihren Gang absichtlich stark. Das könnte das System in die Irre führen. Wir haben aber gezeigt, das leichte Veränderungen – zum Beispiel barfuß laufen – kein Problem für das System sind. Aber bei extremen Änderungen kann das Einfluss auf die Leistung des Systems haben."
    Weniger aufwendig als das Einlesen der Fingerabdrücke
    Einige Testpersonen sollten versuchen, das System zu überlisten. Das gelang nicht, wenn sie zum Beispiel ihre Schuhe auszogen oder versuchten, den Gang einer anderen Person zu imitieren. Trotz der Manipulationsversuche konnten die Personen in beinahe 100 Prozent der Fälle eindeutig identifiziert werden. Damit sei ihr System um ein Vielfaches genauer als der Stand der Technik, berichten die Forscher. Es zeige sich zudem, dass der Gang schwer zu verfälschen ist. Ein weiterer Vorteil: Das Verfahren wäre weniger aufwendig und zeitsparender als beispielsweise das Einlesen der Fingerabdrücke. Costilla-Reyes hat neben der Flughafensicherheit auch weitere Anwendungen im Visier.
    "Mein Forschungsinteresse ist in zwei Feldern: im Bereich der Sicherheit, aber auch im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Interessant ist hier zum Beispiel die Möglichkeit, neurodegenerative Krankheiten frühzeitig zu erkennen.
    Bei Alzheimer ändert sich das Verhalten der Personen – sie werden zum Beispiel vergesslich. Meine Idee ist, die Krankheit aus der Perspektive der Bewegungsmuster zu erforschen. Und da ist die Art zu Gehen ein Indikator. Wir könnten dann frühzeitig am Gang erkennen, ob eine Person später an Alzheimer erkranken wird."