Sprachen und Sprachverwandtschaften zu verstehen, ihre verblüffenden Gemeinsamkeiten entdeckt und ihre Wandlungsfähigkeit demonstriert zu bekommen, gehört zu den wahrhaft aufklärerischen Genüssen der geistigen Welt. Dass es gerade Englisch zur Lingua franca gebracht hat, nimmt einen angesichts der breiten lokalen Varietäten kaum Wunder. Keine andere Sprache hätte sich so willfährig auf einzelne Rudimente reduzieren lassen (wie im Pidgin-Englisch), ohne dabei ihre Verständlichkeit einzubüßen. Dies ist augenscheinlich ein stärkerer Grund für den Vormarsch des Englischen als der politische Vorrang englischsprachiger Nationen im 19. und 20. Jahrhundert. Kein Wunder allerdings, dass die Kunstsprachen Volapük und Esperanto just Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, als der Neid der übrigen Europäer auf die begünstigten englischen Muttersprachler zum Nationalismus anschwoll. Viel Erfolg war den künstlichen Sprachen nicht beschieden, und spätestens seit die Hauszeitschrift der Esperanto-Anhänger "Language Problems and Language Planning" heißt, dürfte es jedermann klargeworden sein, dass man zur Einführung neuer Weltsprachen eine gemeinsame alte benötigt.
In vielen Ländern ist Englisch ohnehin schon heimliche Zweitsprache, auch wenn man sich offiziell mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Wer beneidet die skandinavischen Völker nicht um ihre vokabelreichen Englischkenntnisse, weil die meisten Filme unsynchronisiert im heimischen Fernsehen laufen? Wir Deutschen haben da einen erheblichen Entwicklungsbedarf: Durch Synchronisation und Übersetzung schneiden wir uns selbst von den Quellen des spielerischen Spracherwerbs ab. Unglaubliche 72,2% der Übersetzungen von Büchern ins Deutsche entstammen dem englischen Sprachraum. Zum Selbstbetrug, wir seien kein Einwanderungsland, gesellte sich jahrzehntelang die Einschätzung, flüssige Englischkenntnisse seien für eine gewachsene Kulturnation entbehrlich. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Als Regionalsprache dient Deutsch dem häuslichen Gebrauch und wird um so poröser, je mehr man es abschottet. Zur heilsamen Konfrontationstherapie sollten Sprachpuristen das vorliegende Buch lesen. Oder um mit dem Vorwort zu schließen: "Möge sich dieser Atlas als nützlich erweisen und eine weite Verbreitung finden."