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E-Learning erweitert Wissensspielräume

Lernen an der Uni ist nicht immer einfach: Wie oft haben sich Studierende nach einer schlechten Veranstaltung gefragt, ob man sich die Inhalte nicht anders schneller aneignen kann. Eine solche Möglichkeit bietet das e-Learning - das elektronische Lernen außerhalb der Seminarräume. Auf einer Fachtagung in Darmstadt ging es auch um die Frage, ob elektronisches Lernen die gemeinsame Wissensaneignung ersetzen kann.

Von Ludger Fittkau | 12.09.2006
    " Ich denke, der heutige Trend ist ganz stark, nicht Seminare zu ersetzen. Wir haben gelernt, dass ein Live-Kontakt eine sehr wichtige Rolle spielt."

    Was Dr. Irina Gurevych, die Leiterin des Bereichs "Elektronisches Lernen" der TU Darmstadt beschreibt, kann man schon auf den Fluren vor Seminar-Räumen bestätigt finden, in denen die 4. e-Learning-Fachtagung der Gesellschaft für Informatik stattfindet. Hier sitzen etwa 40 Studierenden der Elektrotechnik in Kleingruppen und helfen sich gegenseitig beim Lösen von Übungsaufgaben.

    "Aber ich hätte sonst nicht gewusst, wie tangential das steht…."

    Sarah Günger, die im 4. Semester Elektrotechnik studiert, lässt sich von Tobias Kühnel und Lorenz Halt, die schon einige Semester weiter sind, etwas anhand von Bleistiftzeichnungen erklären. Die drei können sich nicht vorstellen, nur über Computer zu lernen:

    "Zusammensetzen ist besser. Da hat man immer direkt jemanden, den man fragen kann und wenn man alleine zuhause sitzt, vor dem Computer ist niemand direkt da, den man fragen kann."

    " Das e-Learning sollte eher eine Ergänzung dazu sein, zum Zusammensitzen und Lernen. Nur über e-Learning ne Prüfung zu lernen, halte ich nicht für sinnvoll."

    " Na ja gut, man kann natürlich kommunizieren, man kann sich Nachrichten schreiben oder man kann auch so ähnlich wie telefonieren, aber man generell eigentlich das Problem, das man auch oft was zeichnen muss, oder irgendetwas zeigen muss an einer Skizze. Und so was ist immer schwierig oder braucht unheimlich viel Peripherie am Computer."

    Jens Seeboth arbeitet in Rostock bei einer kleinen Informatik-Firma, die eng mit der dortigen Universität kooperiert. Vielleicht brauche man im Rhein-Main-Gebiet nicht so sehr auf e-Learning zu setzen, glaubt er. Aber in Mecklenburg-Vorpommern sei das schon anders:

    " Es wird gerade in ländlichen Gegenden oder in Gegenden, wo die Studenten weit auseinander liegen oder gerade bei geburtenschwachen Jahrgängen immer wichtiger, dass man auch Möglichkeiten schafft, Wissen a) zu konservieren und b) jederzeit abrufbar zu machen."

    Fächer, für die e-Learning-Methoden in ihrer alltäglichen Forschungspraxis besonders geeignet seien, nennt Ulrike Lucke, Assistentin am Informatik-Institut der Uni Rostock:

    "So gerade jetzt, was in den biologischen oder medizinischen Bereich reingeht, wo Visualisierung ein Thema ist, wo man beispielsweise nicht unbedingt experimentieren sollte, da ist natürlich ein virtuelles Medium deutlich besser geeignet."

    Ein aktueller Trend beim e-Learning sei auch das kooperative Lernen, ergänzt Irina Gurevych. Dabei arbeiten Studierende und Wissenschaftler übers Internet zum Beispiel mit Teams von anderen Universitäten zusammen, die an ähnlichen Problemen sitzen.

    " Und deswegen finden auf der Tagung diverse Workshops zum Thema Unterstützung des kollaborativen Lernens mit Wiki und Audio-Podcasting statt."

    Lernen "on the move" sei ein weiteres Stichwort – unterwegs zum Beispiel Tonaufnahmen von Vorlesungen hören. Das kann auch schon mal beim Kinderwagenschieben sein. Denn vor allem für junge Mütter, die nicht aus Wissenschaft herausfallen wollen, sei e-Learning eine große Chance, glaubt Irina Gurevych, die selbst ein Kind großzuziehen hat:

    "Früher gab es diese Möglichkeit gar nicht und der Gang zur klassischen Bibliothek kostet oft sehr viel Zeit, die Frauen, die Kinder erziehen, oft gar nicht aufbringen. Und mit den heute existierenden technischen Möglichkeiten und Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen und anderen e-Learning-Materialien, die ohne weiteres zuhause am Computer verfügbar sind, kann e-Learning ganz neue Dimensionen erreichen."

    Kerstin Mahlow, e-Learning-Koordinatorin an der Philosophischen Fakultät der Uni Zürich, hält die Konzepte für elektronisches Lernen in Deutschland im Grunde nicht für schlechter als in der Schweiz. Aber:

    " Was in der Schweiz natürlich so ist, dass es da im Moment noch mehr Geld gibt, um zu forschen, Sachen auszuprobieren, als es in Deutschland der Fall ist. Aber das ist auch in anderen Gebieten auch so und da wird Deutschland, hoffe ich, noch einiges aufholen können."