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"E"-Lebensmittelnummern zum Anfassen

Zusatzstoffe - die "E"-Zusätze bei Lebensmitteln - kennen Sie. Wofür sie stehen, wohl kaum. Jetzt können Sie sie besichtigen: in einem Museum in Hamburg.

Von Verena Herb | 20.08.2009
    Mitten auf dem Hamburger Großmarkt, zwischen Kühlhäusern und Lagerflächen, findet sich das erste deutsche Zusatzstoffmuseum Deutschlands. Zusatzstoffe sind in "aller Munde" – und in Hamburg kann man sich seit Mai 2008 auch museal darüber informieren:

    "Wir haben das Ziel über das Thema Zusatzstoffe aufzuklären und über die Zubereitung von Nahrungsmitteln heutzutage und die Qualität, damit man eine Vorstellung davon hat ..."

    … beginnt Christian Niemeyer, er ist Diplom-Biologe, die Führung durch das Museum. An diesem Tag ist eine Gruppe Landfrauen aus dem nahegelegenen Allermöhe zu Besuch. Eine Fahrradtour mit Ziel "Zusatzstoffmuseum" – schließlich kennen sich die Damen aus mit Lebensmitteln und deren Zubereitung.
    Christian Niemeyer startet mit einer Portion Geschichte:

    "Über die Jahrtausende hat man immer schon irgendwas gemacht mit Lebensmitteln um sie haltbar zu machen, um sie zu färben. Auch wenn´s keine Zusatzstoffe waren. Wenn sie vom Räuchern ausgehen, eines der ältesten Konservierungsverfahren, das hat man vor 90.000 Jahren schon gehabt. Oder hier: 3500 vor Christus, die Ägypter haben die ersten Farbstoffe verwendet ..."

    Die Landfrauen lauschen aufmerksam, während der Museumsführer an der Zeittafel entlang spaziert. Von der Vergangenheit geht es dann in die Gegenwart, und hinein in den eigentlichen Ausstellungsraum.
    Der Schrank am Eingang wirkt bedrohlich: Plastikflaschen mit mehreren Hundert Zusatzstoffen stehen in langen Reihen hinter Glas. Wie in einem Giftschrank eines Chemielabors.

    "Wir nennen uns ja deutsches Zusatzstoffmuseum. Ist die Frage: Was ist denn überhaupt ein Zusatzstoff? Das bezieht sich immer nur auf den Bereich der Lebensmittel. Die Lebensmittelzusatzstoffe. Da sehen Sie hier im Regal eine Auswahl: Das sind derzeit rund 319 Stoffe, die eingesetzt werden dürfen zur Produktion von Lebensmitteln. Das ist, einfach gesagt, alles, was eine E-Nummer trägt. Was eine E-Nummer trägt, ist ein Zusatzstoff. Dieses E steht für Europa, 319 Stoffe. Es kommen immer welche, die neu zugelassen werden und ab und zu werden auch welche verboten."

    Experten gehen von etwa 3000 Zusatzstoffen aus, die in Lebensmitteln Verwendung finden: Aromen, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker oder Enzyme. Einige Gruppen von Zusätzen benötigen keine Kennzeichnung auf der Packung, erklärt Christian Niemeyer und hält als Beispiel einen Glasbehälter mit weißem Pulver hoch: Carageen ist darauf zu lesen. Dieser Stoff wird beispielsweise als Stabilisator in Sahne benutzt. Auf der Sahnepackung muss es deklariert werden: Dies entfällt jedoch, wenn die Sahne weiterverarbeitet wird: wie etwa in Rahmspinat.
    Der Rest der überschaubaren Ausstellungsräume ist im Stil eines Supermarktes gestaltet: eine Abteilung für Obst und Gemüse, Milch und Sahne oder Brot, Fertigprodukte und Joghurt. Die Exponate und Infotafeln sind vor einer Art Fototapete ausgestellt, auf der Regalreihen mit bekannten Lebensmittelprodukten abgebildet sind. Niemeyer hält vor einem Foto mit Backwaren. Und prompt meldet sich eine der Landfrauen:


    "Ich habe eine Frage zu den Konservierungsmitteln, was Brot betrifft. Ich stelle immer wieder fest, dass auf den Packungen aus dem Supermarkt immer wieder steht: ohne Konservierungsstoffe. Und trotzdem hält sich dieses Brot bis St. Nimmerlein ...
    Also, was damit zu tun hat, ist das Natriumdiacetat."

    ... antwortet Niemeyer prompt. Dies seien die Salze der Essigsäure, alles, was man ansäuert, hält länger – so der Experte. Und deshalb werde die Kundin auf der Packung finden: Säurestabilisator: Natriumdiacetat.

    Oft guckt Christian Niemeyer in erschrockene Gesichter, wenn er von den Kniffs und Tricks der Lebensmittelindustrie erzählt und die Besucher-Damen-Gruppe aufklärt.
    Die ist zum Schluss ganz angetan:

    "Also ich fand das sehr interessant. Wo man sich ja am Anfang zu Hause auch schon Gedanken gemacht hat. Ich habe auch so ein E-Nummern-Heft zu Hause. Und schlag dann häufig interessehalber mal was nach. Da liest man Dinge, wo man sich fragt: Ja, kann ich überhaupt noch das Essen oder dies Essen ...?"

    Und wer genau das wissen will, der kann zum Deutschen Zusatzstoffmuseum auf dem Hamburger Großmarkt kommen: Denn dort wird gezeigt, wo nicht deklarierte Zusatzstoffe enthalten sein können, wie sie manchmal verschleiert werden und welche Möglichkeiten bestehen, auf derartige Zusätze zu verzichten.