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E-Zigarette
Hoch gefährlich oder harmlos?

An sogenannten E-Zigaretten scheiden sich die Geister. Die einen halten sie für eine große Gesundheitsgefahr, weil mithilfe der Röhrchen unterschiedlichste Stoffe inhaliert werden. Für andere sind sie die deutlich schonendere Alternative zu klassischen Rauchwaren. Uneinig über die Einstufung der E-Zigarette ist sich indes auch die Wissenschaft.

Von Volker Mrasek | 13.08.2015
    Ein Mann raucht eine elektrische Zigarette.
    Die meisten der aromatisierten Flüssigkeiten, die mit E-Zigaretten verdampft werden - die sogenannten Liquids -, enthalten das Suchtmittel Nikotin. (picture alliance / dpa / Frank Leonhardt)
    Raucher und Nichtraucher - beide greifen zur E-Zigarette. Die einen, weil sie vom Glimmstängel wegkommen wollen und auf eine Alternative hoffen, die nicht so gesundheitsschädlich ist. Die anderen, weil sie Geschmack daran finden, Dämpfe zu inhalieren, die nach Schokolode oder Gummibärchen schmecken. Denn genau das geschieht bei der E-Zigarette: Aromatisierte Flüssigkeiten werden in einer Kartusche, die im Filter sitzt, elektrisch verdampft. Es entsteht kein Rauch, sondern ein Aerosol.
    Für beide Nutzergruppen ist die Risikoeinschätzung unterschiedlich. Katrin Schaller, Biologin in der Stabsstelle für Krebsvorbeugung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg:
    "Wenn man nur den Raucher alleine ansieht, dann ist es natürlich so, dass dieses Aerosol von E-Zigaretten weniger Schadstoffe enthält als Tabakrauch. Da gehört aber auch nicht viel dazu. Man muss ja bedenken: Tabakrauch enthält über 70 krebserzeugende Substanzen."
    Nicht anders sieht man das beim BfR, beim Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Der Biochemiker Frank Henkler arbeitet dort in der Abteilung für Produktsicherheit:
    "Durch den Umstieg zur E-Zigarette kann die Gesamtbelastung doch deutlich reduziert werden. Also, die Studien zeigen eigentlich für ausgewählte Schadstoffe, dass die Schadstoff-Niveaus in einer E-Zigarette 400- bis neunfach unter dem Niveau der Tabak-Zigarette liegen."
    Frei von gesundheitsschädlichen Substanzen sind die verdampfbaren Flüssigkeiten in den Kartuschen von E-Zigaretten aber eben auch nicht! So enthalten die meisten der sogenannten Liquids ebenfalls das Suchtmittel Nikotin. Weil die Hersteller von Anfang an Raucher als Käufer im Visier hatten. Laut Frank Henkler ist davon auszugehen, ...
    "... dass die modernen Geräte schon vergleichbare Nikotin-Mengen freisetzen können. Es gab jetzt gerade eine aktuelle Studie von der Gruppe Eisenberg. Das ist eine Gruppe in den USA, wo noch mal bestätigt wurde, dass eine vergleichbare Nikotin-Aufnahme durch E-Zigaretten erfolgen kann."
    "Beim Erhitzen der Liquids entstehen zum Teil krebserzeugende Substanzen"
    Und was sagen die bisher vorliegenden Studien zu Liquids ohne Nikotin? Auch sie produzieren beim Verdampfen Verbindungen, die als kritisch anzusehen sind, so Katrin Schaller:
    "Beim Erhitzen der Liquids entstehen zum Teil krebserzeugende Substanzen wie zum Beispiel Formaldehyd, Acetaldehyd. Die Mengen sind geringer als im Tabakrauch. Aber bei krebserzeugenden Substanzen, insbesondere wenn es sich um solche Gemische handelt, gibt es keinen Wert, unterhalb dessen die als unbedenklich bezeichnet werden können."
    Bei neueren Modellen der E-Zigarette lässt sich die Akku-Spannung variieren. Hier sollten Nutzer lieber drei statt fünf Volt einstellen. Denn wie sich zeigte, entstehen bei höheren Spannungen auch mehr Formaldehyd- und ähnliche Verbindungen. Das Gleiche geschieht, wenn nur noch wenig Aroma-Liquid in der Filterkartusche ist und die Lösung deshalb sehr heiß wird: Auch das steigert die Bildung von Formaldehyd & Co und sollte vermieden werden.
    Es gibt also Möglichkeiten, die Belastung mit Schadstoffen zu verringern. Die E-Zigarette empfehlen wollen aber weder das Krebsforschungszentrum noch das BfR:
    "Klar ist, dass E-Zigaretten-Aerosol alles andere ist als einfach nur Wasserdampf. Das wird ja gerne behauptet: Das sei nur Wasserdampf. Empfehlen kann das Krebsforschungszentrum E-Zigaretten zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Das ist eindeutig. Der wichtigste Faktor ist das Nikotin. Schlimmstenfalls würde man durch den Gebrauch der E-Zigarette eine Nikotinsucht entwickeln und durch die Experimentierfreudigkeit dann letztlich bei Tabak-Erzeugnissen landen."
    Von der E- zur echten Zigarette?
    Ob das wirklich so ist, kann aber auch Katrin Schaller im Moment noch nicht sagen. Aussagekräftige Studien dazu fehlen bisher:
    "Das wäre dringend nötig, das zu untersuchen: Ob Jugendliche durch E-Zigaretten-Konsum zum Rauchen verführt werden."
    Auch welche Folgen der Langzeit-Konsum hat, ist noch nicht geklärt. E-Zigaretten werden ja noch nicht lange vermarktet. Schwer einzuschätzen ist zudem das Risiko für Passivraucher bzw. Passivdampfer. In Heidelberg verweist man hier auf Analysen, wonach E-Zigaretten Krebsgifte auch in die Raumluft abgeben.
    Bisher sind die Geräte frei verkäuflich. Ab Mai 2016 aber wird ihr Nikotin-Gehalt beschränkt: Die Liquids dürfen dann höchstens noch 20 Milligramm pro Milliliter enthalten. Das sieht die neue Tabak-Rahmenrichtlinie der EU vor. Sie soll aber nicht die Nutzer der E-Zigarette schützen, sondern Kinder davor bewahren, sich zu vergiften, wenn sie die aromatisierten Flüssigkeiten versehentlich trinken.