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E-Zigaretten
Einstieg und Ausstieg zugleich

Sieben Prozent der Gesamtbevölkerung und rund ein Viertel der rauchenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben eine E-Zigarette schon einmal ausprobiert. Der Markt dafür wächst. Dabei sind die Gesundheitsrisiken der E-Zigarette noch nicht klar ermittelt.

Von Anja Nehls | 26.05.2015
    Ein Mann raucht eine elektrische Zigarette.
    Ein Mann raucht eine elektrische Zigarette. (picture alliance / dpa / Frank Leonhardt)
    Die Flüssigkeit in dem großen bunten Glaskolben blubbert. Vier junge Leute sitzen vor einer Bar in Potsdam rund um eine Shisha und rauchen:
    "Das ist der Tonkopf, hier ist der Kamin und hier ist der Rauchabzug, dann zieht man das hier raus, der Rauch geht hier rein, ins Wasser zieht runter und kommt wieder zu ihm. Oben in dem Kopf drin ist Kaktus/Minze als Tabakform."
    Ab und zu wird Kohle nachgelegt, 1 ½ bis 2 Stunden reicht eine Shisha. Für die vier der perfekte Ausklang eines Arbeitstages. 1 bis zweimal pro Woche treffen sie sich hier, alle vier lehnen normale Zigaretten ab. Das Shisharauchen hat eine jahrhundertealte Tradition, etwas Modernes wie die E-Shisha käme für die vier niemals infrage:
    "Auch schon ausprobiert, aber richtige Shisha ist besser. Ja. Diese E-Shisha, im Endeffekt ist da ein Akku drin. Du hast da solche kleine Aromaampulle, die läuft dann durch einen Verdampfer, der macht dann sozusagen den Wasserdampf durch das Aroma und dadurch hat man halt den Geschmack aber der Geschmack ist nicht vergleichbar, der Geschmack ist nicht so intensiv, auf jeden Fall nicht. Ich meine wir können uns auch alle hier mit einer E-Zigarette hinsetzen aber das wäre einfach nicht dasselbe, das ist einfach auch der Flair."
    Dennoch dienen E-Shisha und E-Zigarette immer häufiger als Einstiegsdroge, besonders für Kinder und Jugendliche, warnt die Deutsche Krebshilfe. E-Shishas und E-Zigaretten gibt es in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen zum Beispiel Kaugummi, Himbeere oder Gummibärchen und auch in nikotinfreien Versionen. Eingeatmet wird dabei eine durch Batteriebetrieb verdampfte Flüssigkeit, das sogenannte Liquid, sagt Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie und Gesundheitsforschung in Kiel. Verlässliche Studien zu den Gesundheitsgefahren durch die Flüssigkeiten gebe es aber bislang nicht.
    "Da sind tatsächlich Chemikalien drin, die krebserregend sein können. Die einzelnen Liquids, die einzelnen Flüssigkeiten unterscheiden sich eben sehr stark. Also von daher kann man keine generelle Aussage treffen, sondern müsste wirklich jedes einzelne Produkt detailliert unter die Lupe nehmen. Also von daher kann da gesundheitlich keine Entwarnung gegeben werden."
    Vier E-Shishas mit verschiedenen Aromen
    E-Shishas sind auch wegen ihrer Fruchtaromen bei Jugendlichen sehr beliebt. (dpa / picture alliance / Daniel Reinhardt)
    Laut einer Studie des Instituts für Therapie und Gesundheitsforschung haben schon fast fünf Prozent der 12- und 13-Jährigen Erfahrungen mit E-Zigaretten gemacht. E-Shishas und E-Zigaretten unterliegen im Gegensatz zu normalen Shishas und Zigaretten bisher keiner gesetzlichen Regelung. E- Zigaretten gibt es seit 2006 in Deutschland über das Internet, inzwischen auch in Supermärkten oder Spezialläden. Unklar ist, ob diese Produkte an Orten, wo Rauchverbot gilt, verwendet werden dürfen. Reiner Hanewinkel sieht E-Shisha und E-Zigarette jedenfalls als verbreiteten Wegbereiter für einen späteren Umstieg auf richtige Zigaretten und Shishas. Vorbild könnte die Entwicklung in den USA sein:

    "Auf Hawaii ist es mittlerweile so, dass die Jugendlichen mehr E-Zigaretten oder E-Zigaretten plus konventionelle Zigaretten rauchen als konventionelle Zigaretten alleine. Wie bei vielem ist es ja häufig so, dass die USA Trendsetter sind und so eine Entwicklung dann zehn Jahre später in Europa und bei uns in Deutschland ankommt, aber die aktuellen Zahlen in den USA sind schon sehr besorgniserregend."
    Die vier erwachsenen Shisha Raucher aus Potsdam halten E-Shisha und E-Zigarette in Deutschland für eine vorübergehende Modeerscheinung. Die Gesundheitsgefahren durch ihre ganz normale Shisha sind ihnen zwar bewusst, bei der E-Shisha wären sie allerdings noch misstrauischer:
    "In Richtung Tabak ist man da schon eher auf der sicheren Seite, weil es da so viele Vorgaben gibt, die man da einhalten muss. Die ganze E-Shisha Geschichte ist einfach zu unerforscht, um das so klar heraus zu sagen. Also meine ganze Freunde haben damit alle mal angefangen, dann haben sie so drei, vier Monate, dann ist das Ding in irgendeiner Schublade verschwunden, nie mehr angerührt."
    Immerhin: Sieben Prozent der Gesamtbevölkerung und rund ein Viertel der rauchenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben eine E-Zigarette schon einmal ausprobiert. Der Markt dafür wächst, sagt die deutsche Krebshilfe. Zusammen mit dem Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. fordert sie jetzt klare gesetzliche Regelungen. Ein Verbot der Abgabe von nikotinhaltigen E-Zigaretten und E-Shishas an unter 18-Jährige wird bereits diskutiert.