Donnerstag, 18. April 2024

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Edathy-Affäre
Hartmann verweigert die Aussage

Mit Spannung war die zweite Vernehmung des Zeugen Michael Hartmann im Edathy-Untersuchungsausschuss erwartet worden. Der SPD-Politiker ist zwar erschienen, er verweigert aber die Aussage. Der Ausschuss überprüft nun, ob Hartmann nicht dazu verpflichtet ist, Auskunft zu geben.

05.02.2015
    Michael Hartmann steht am 05.02.2015 als Zeuge in der Sitzung des Untersuchungsausschuss des Bundestages.
    Der Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann (SPD) steht am 05.02.2015 als Zeuge in der Sitzung des Untersuchungsausschuss des Bundestages in Berlin. (Maurizio Gambarini, dpa picture-alliance)
    Der unter Druck geratene SPD-Abgeordnete Michael Hartmann will nicht im Edathy-Untersuchungsausschuss aussagen, sondern von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Hintergrund ist offenbar, dass die Staatsanwaltschaft Hannover wegen des Verdachts auf Strafvereitelung gegen Hartmann ermittelt. Dem Ausschuss soll laut Medienberichten ein entsprechendes Fax der Anwälte Hartmanns vorliegen. Darin wirft Hartmann außerdem "tragenden Mitgliedern" des Ausschusses vor, kein Interesse an Aufklärung und Wahrheitsfindung zu haben. Aus politischen Motiven würde er als "Lügner" gebrandmarkt.
    "Ungeheuerliches Vorgehen"
    Am späten Nachmittag erschien Hartmann in Begleitung einer seiner Anwälte persönlich im Ausschuss. Dort bekräftigte er sein Recht auf Auskunftsverweigerung. Im Ausschuss ist die Frage strittig, ob Hartmann tatsächlich von einem "umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht" Gebrauch machen kann. Darüber wird jetzt beraten.
    Die Abgeordneten reagierten äußerst irritiert und mit großer Verärgerung auf Hartmanns Vorgehen. Der Unions-Obmann, Armin Schuster (CDU), sprach von einem Affront gegenüber dem Ausschuss und dem Parlament. Hartmanns Glaubwürdigkeit werde dadurch nur weiter untergraben. Der SPD-Obmann Uli Grötsch nannte Hartmanns Verhalten sehr enttäuschend. Der Linke-Obmann Frank Tempel warf Hartmann vor, er habe "offensichtlich den Bezug zur Realität verloren". Tempel sagte, Hartmann habe mit seiner Aussageverweigerung eine große Chance vertan.
    Edathys Anwalt belastet Hartmann
    Zuvor hatte ein weiterer Zeuge die Version des Ex-SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy zum Informationsfluss in der Kinderporno-Affäre gestützt. Edathys Anwalt Christian Noll bestätigte, dass sein Mandant im November 2013 frühzeitig über Ermittlungen informiert worden sei. Als Informanten habe Edathy den damaligen SPD-Innenexperten Hartmann genannt. Hartmann bestreitet dies vehement. In seiner ersten Aussage vor dem Ausschuss im Dezember hatte er sich allerdings in Widersprüche verwickelt.
    Edathy hatte seinen Anwalt für die Anhörung von der Schweigepflicht befreit. Noll schilderte, wie sein Mandant Edathy ihn über regelmäßige Informationen durch Hartmann berichtet haben soll. So habe Hartmann Edathy gesagt, dass er seine Informationen von der Spitze des Bundeskriminalamts erhalten haben soll. Auch SPD-Spitzenpolitiker seien eingeweiht gewesen.
    "Wahnsinnig viele Leute wussten Bescheid"
    Edathy habe nach und nach erfahren, dass der heutige SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann mehrere Leute von den Ermittlungen gegen Edathy in Kenntnis gesetzt habe. So habe Oppermann, der damals SPD-Fraktionsgeschäftsführer war, auch seinen Büroleiter informiert. Edathy habe daher die Befürchtung gehabt, dass sich die Information nun noch weiter verbreite. "Es wussten schon wahnsinnig viele Leute Bescheid", berichtete der Anwalt. Edathy habe zu ihm gesagt, wem Oppermann es eigentlich nicht erzählt habe, "vielleicht auch seiner Putzfrau".
    Warnung an Edathy?
    Edathy hatte vor einem Jahr sein SPD-Bundestagsmandat niedergelegt. Kurz danach waren Kinderpornografie-Vorwürfe gegen ihn ans Licht gekommen. Der SPD-Politiker soll entsprechendes Material gekauft haben und muss sich wegen dieses Verdachts bald vor Gericht verantworten. Der Ausschuss geht unter anderem der Frage nach, ob Edathy vorab vor den Ermittlungen gegen ihn gewarnt wurde.
    (tzi/ach)