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EEG-Reformpläne
Biogasbauern fürchten Totalverluste

Energieminister Sigmar Gabriels Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sieht beim Biogas massive Vergütungseinschnitte vor, zum Unmut Bayerns und Baden-Württembergs. Schon jetzt scheuen Bauern wegen der drohenden Verluste Neuinvestitionen.

Von Susanne Lettenbauer | 29.01.2014
    Rund acht Meter hoch ragt der Silage-Berg auf dem Hof von Josef Götz. Daneben das Gärrestelager, sieben Meter tief im Boden lagern die zwei Fermenter. Einen zweistelligen Millionenbetrag hat Biogaspionier Götz seit 2001 in die Anlage investiert. Einer von wenigen in Bayern, die noch nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind:
    "Wir haben jetzt hier circa 900 kW elektrisch installiert. Wir wollen zusätzlich noch mal 500 kW installieren, das sind 1,4. Jede Stunde könnte man dann 400 kW fahren und könnte die Leistung drosseln oder komplett abstellen und könnte schlagartig auf 1,4 hochfahren bei Bedarf.
    Anders als Windkraftanlagen oder Solaranlagen produziert die Biogasanlage Strom und Warmwasser unabhängig vom Wetter und kann jederzeit bei Bedarf gedrosselt oder hochgefahren werden.
    "Jetzt kommt ein großer Gasspeicher mit 6000 Kubikmeter und wir wollen eben dann stärker unsere Leistung absenken, sprich: Diese Gasproduktion können wir ja nicht regeln, deshalb wollen wir das Gas speichern, wir wollen es zwischenspeichern, und dann in den Abendstunden, wenn die PV-Anlagen wieder vom Netz weggeht, wenn es dunkel wird, da ist ja oft eine hohe Last, da würden wir wieder hochfahren."
    Biogasbauer Götz versorgt seit 2011 die kommunale Grundschule und das Gewerbegebiet mit Warmwasser und Strom, der Rest wird ins Netz eingespeist. Die vier Kilometer lange Leitung hatte Götz vorfinanziert, die Verträge mit den Abnehmern laufen gut. In diesem Jahr wollte er noch einmal eine Million in die Modernisierung seiner Biogasanlage investieren. Doch das Projekt steht wegen der geplanten massiven Einschnitte bei der Vergütung von Anbaubiomasse und der Deckelung des Bioenergieausbaues auf 100 Megawatt pro Jahr auf der Kippe:
    "Aktuell bin ich von dem Zeitplan betroffen, weil wir die Pläne eingereicht haben, man hat ja da verschiedenste Momente, die da drauf einwirken: Baugenehmigungen, Netzanschluss und, und, und ... Man muss diese Dinge anschieben. Momentan steht dieses Zeitfenster, wo Gabriel sagt 1.8. Alles ist neu. 1. August - völlig neue Bedingungen."
    "Jedes kW, das man zubaut, würde die Anlage in Probleme bringen"
    Sein Problem: das aktuelle Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. Darin schlägt Bundesenergieminister Gabriel vor, Vergütungsbestandteile für Biogas vollständig zu streichen. Betroffen wäre nicht nur die Vergütung von Mais, sondern auch von Siedlungsabfällen, Gülle, Mist oder neuen Energienutzpflanzen wie die durchwachsene Silphie oder das Riesenweizengras.
    Im neuen EEG soll außerdem der Bioenergieausbau auf 100 Megawatt pro Jahr bundesweit gedeckelt werden. Das Ziel: den Strompreis für den Verbraucher kostengünstiger zu gestalten und den Anbau von Monokulturen wie Mais zu verringern. Für Biogasbauer Götz vor Ort heißt das: Eine Investition in effizientere Maschinen lohnt nicht, der Ausbau in Speicheranlagen lohnt nicht.
    "Also wenn Gabriel, so wie man es sehen könnte, wie er es im Papier stehen hat: Jedes kW, das man zubaut, würde die Anlage in Probleme bringen und es könnte soweit gehen, dass sogar die gesamte Anlage ein Problem bekommt."
    Rund 180 Biogasanlagen sollten in diesem Jahr deutschlandweit neu gebaut werden. Verglichen mit dem Jahr 2011 mit 1270 Neuanlagen ein drastischer Einbruch. Sollten die Pläne der Bundesregierung umgesetzt werden, rechnet Stefan Rauh Geschäftsführer des Bundesverbandes Biogas, mit dem Verlust von circa 40.000 Arbeitsplätzen. Große Biogasanlagenhersteller wie die Biogas Nord AG oder die Hallesche EnD-I meldeten im November 2013 bereits Insolvenz an.
    Dass die Überförderung der vergangenen Jahre reguliert werden müsse, sehen Geschäftsführer Rauh wie auch Biogasbauer Götz ein. Ihre Forderung in Richtung Berlin lautet:
    "Also wichtig wäre uns eine längere Übergangsfrist, also nicht eine Deadline mitten im Jahr zum 1. August, sondern zum Ende des Jahres, dass alle Projekte noch in aller Ruhe zu Ende gebracht werden können und Planungskosten nicht hinfällig werden."