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Ein Europa-Skeptiker tritt ab

In Brüssel und Berlin war er als scharfer EU-Kritiker gefürchtet: Vaclav Klaus, Tschechiens scheidender Präsident, prägte ein Jahrzehnt lang die Politik seines Landes. Sein europaskeptischer Kurs kam an der Moldau gut an. Trotzdem ist Klaus am Ende seiner Amtszeit alles andere als beliebt.

Von Stefan Heinlein | 09.01.2013
    Der Präsident als Lachnummer: Die Komödie "Die Beerdigung von Vaclav Klaus" ist ein Erfolg im Studententheater von Brünn. Die bitterböse Satire über den Prager Burgherrn begeistert das junge Publikum. Nach zehn Jahren haben viele Tschechen genug von ihrem Präsidenten. Eine Mehrheit wünscht sich inzwischen seinen möglichst raschen Abgang. Der populäre Schriftsteller Michael Viewegh gehört zu den Wortführern der Klaus-Gegner:

    "Was hören wir in den letzten Jahren für bizarre Meinungen aus der Prager Burg. Wir machen uns damit zum Gespött der Welt. Alle denken wir haben einen verrückten König"

    Schon 2009 sorgt Vaclav Klaus mit seiner monatelangen Weigerung den EU-Reformvertrag von Lissabon zu unterzeichnen, für eine handfeste europäische Krise. Leidenschaftlich kämpft der Präsident gegen den Euro und eine weitere Vertiefung der europäischen Integration;

    "Es ist unsere Pflicht, das wir diese Tendenzen nicht nur stillschweigend ablehnen, sondern das wir lauter und deutlicher als bislang unsere Traditionen und die geistig-moralischen Werte unserer Nation verteidigen."

    Doch nicht nur sein unermüdlicher Feldzug gegen Brüssel machen Vaclav Klaus zum Außenseiter in Europa. Der neoliberale Wirtschaftsprofessor kämpft mit Büchern und Vorträgen auch gegen den angeblichen Mythos Klimaerwärmung:

    "Ich bin fest davon überzeugt. Das Klima ist nicht bedroht, sondern die menschliche Freiheit. Das Modethema Erderwärmung führt zu einer regelrechten Hysterie."

    Im Frühjahr 2011 sorgt der tschechische Präsident während eines Staatsbesuchs in Chile aus ganz anderen Gründen für weltweite Schlagzeilen. Während ihn sein Gastgeber Pinera überschwänglich begrüßt, lässt Klaus einen wertvollen Kugelschreiber in seiner Sakkotasche verschwinden. Das Youtube-Video wird im Internet millionenfach angeklickt. Die Kuli-Klau-Affäre wird für einen wachsenden Teil der Bevölkerung zum Symbol für die fatale Außenwirkung ihres Präsidenten. Er hat seinem Land definitiv geschadet, meint auch der Politikwissenschaftler Jiri Pehe:

    "Immer hat er versucht, mit Kontroversen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Niemand versteht seine extremen Positionen."
    Das Ende der Ära von Vaclav Klaus wird deshalb nach Meinung aller Beobachter das politisch-gesellschaftliche Klima in Tschechien verändern. Auch Brüssel und Berlin dürfte der Abschied vom tschechischen Präsidenten leicht fallen. Schon jetzt ist klar – nach der Wahl wird auf der Prager Burg die Europafahne wieder selbstverständlich neben der tschechischen Flagge wehen.