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Ein glühender Patriot

Er gilt als Schöpfer der tschechischen nationalen Musik und glühender Patriot. Friedrich Smetana gelang es mit seinen Werken, sich einen festen Platz sowohl im nationalen, als auch im internationalen Repertoire zu sichern. Mit insgesamt acht Opern und zahlreichen symphonischen Dichtungen hat er den Boden geebnet für die Musik Antonín Dvořáks und Leoš Janáčeks. Vor 125 Jahren starb Smetana.

Von Renate Hellwig-Unruh | 12.05.2009
    Mit der symphonischen Dichtung "Die Moldau" aus dem Zyklus "Mein Vaterland" hat Friedrich Smetana seiner Heimat Böhmen ein musikalisches Denkmal gesetzt. Die Komposition ist das Bekenntnis eines glühenden Patrioten. Sie begründet, gemeinsam mit seiner Oper "Die verkaufte Braut" den Ruf Smetanas als Schöpfer einer tschechischen Nationalmusik.

    Deutschsprachig aufgewachsen, hatte der Komponist erst im Erwachsenenalter zu seinen tschechischen Wurzeln zurückgefunden. Danach nannte er sich Bedřich und vereinte in seiner Musik volkstümliche Elemente mit moderner Kompositionsweise. An einen ehemaligen Schüler schrieb der 36-jährige:

    "Es war mir bis zum heutigen Tage nicht gegönnt, mich in meiner Muttersprache zu vervollkommnen, sodass ich tschechisch weder ordentlich zu sprechen noch zu schreiben vermag. Doch brauche ich vielleicht nicht zu versichern, dass ich mit Leib und Seele Tscheche bin."

    Am 2. März 1824 in eine Handwerkerfamilie hineingeboren, entwickelt sich Friedrich Smetana bereits früh zu einem musikalischen Talent: Er spielt Geige, Klavier und komponiert. Mit 19 Jahren geht er nach Prag, nimmt Kompositionsunterricht bei Josef Proksch und schlägt sich als Klavierlehrer mehr schlecht als recht durch. Da er in Prag keine Zukunftschancen sieht, lässt er sich 1856 für einige Jahre in Göteborg nieder und avanciert als Pianist und Dirigent schnell zum musikalischen Mittelpunkt der Stadt. Die symphonischen Dichtungen "Richard III.", "Wallensteins Lager" und der Zyklus "Mein Vaterland" entstehen. Danach schreibt Smetana fast ausschließlich für die Bühne und erzielt gleich mit seiner zweiten Oper "Die verkaufte Braut" einen fulminanten Erfolg.

    "'Die verkaufte Braut' ist eigentlich nur eine Spielerei, die ich mir dereinst erlaubt habe. Ich komponierte sie nicht aus Ehrgeiz, sondern aus Trotz, weil mir nach meinen 'Brandenburgern' vorgeworfen wurde, dass ich ein Wagnerianer sei, und im nationalen, leichteren Stil nichts fertig bringen würde","

    berichtet Smetana in seiner Dankesrede anlässlich der 100. Aufführung der "Verkauften Braut". Er gibt seinen Opern "Dalibor", "Libuše" und "Der Kuss" den Vorzug und spielt den Erfolg der "Verkauften Braut" bewusst und gerne herunter. Neben insgesamt acht Opern komponiert er in den letzten Jahren noch zwei bedeutende Streichquartette, die bekenntnishaften Charakter besitzen. Dem ersten Streichquartett in e-Moll gibt er den Titel "Aus meinem Leben" und fügt ein Programm hinzu.

    ""Erster Satz: Hang zur Kunst in meiner Jugend, romantische Stimmung; Zweiter Satz: das heitere Leben meiner Jugendzeit; Dritter Satz: das Glück der ersten Liebe; Vierter Satz: Beginn der Taubheit, Ausblick in eine freudlose Zukunft."

    "Die Taubheit wäre verhältnismäßig noch ein erträglicher Zustand, wenn es dabei im Kopfe still bliebe. Die größte Qual bedeutet mir jedoch das fast ununterbrochene Getöse im Inneren, das mir im Kopfe braust und sich bisweilen bis zu einem stürmischen Rasseln steigert."
    Vertraut Smetana seiner Librettistin Eliška Krásnohorská an. Der Komponist verbringt seine letzten Jahre abgeschieden auf dem Gut seiner Tochter, verarmt und vergessen. Am 12. Mai 1884 stirbt er - sechzigjährig - in einer psychiatrischen Klinik. Friedrich Smetana hat den Grundstein zu einer national geprägten tschechischen Musik gelegt und den Weg geebnet für Antonín Dvořák und Leoš Janáček. An seinem Todestag beginnt seit 1946 in Prag alljährlich ein Musik- und Kulturfest, das unter dem Namen Prager Frühling international bekannt wurde.