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Ein Jahr Energiewende

Am 6. Juni 2011 präsentierte das schwarz-gelbe Bundeskabinett sein Energiewende-Konzept, mit hohen Zielen: 2020 sollen 35 Prozent unseres Stroms durch Wind- und Sonnenenergie sowie Biomasse und Wasserkraft sichergestellt sein. Umweltschützer zogen heute Zwischenbilanz.

Von Dieter Nürnberger | 23.05.2012
    Die beiden Umweltverbände zogen heute eine sachliche Bilanz – orientiert an den vielen Baustellen, die mit dem Stichwort Energiewende in Deutschland verbunden sind.

    Das vergangene Jahr sei nicht umsonst gewesen, die Grundlagen seien gelegt worden, aber es hapere eben am Tempo und an weiteren wichtigen Weichenstellungen. Wobei Greenpeace und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der BUND, natürlich auch anerkennen, dass die Energiewende eine wahre Jahrhundert- oder Mammutaufgabe sei. Somit keine vernichtende Kritik an Schwarz-Gelb.

    Zuallererst wurde aber festgestellt, dass die Horrorszenarien nicht eingetreten sind, die damals vor allem aus der Wirtschaft, der Industrie gekommen waren. Auch hoch entwickelte Länder wie Deutschland, so Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND, könnten einen Ausstieg aus der Atomenergie durchaus stemmen. Und gerade das Beispiel Japan zeige, das dies auch geht.

    "Wir haben die Situation, dass in Japan - ein Jahr nach Fukushima – alle Atomkraftwerke abgeschaltet sind. Und dass durch eine beispiellose Kampagne es gelungen ist, dort den Stromverbrauch um bis zu 20 Prozent zu senken. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt."

    Der BUND mahnt vor allem eine weitere Steigerung bei der Energieeffizienz an. Hier fehlten leider zu oft noch konkrete Vorgaben. Und beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energie müsse vermehrt auch die Wärmenutzung vorangetrieben werden, nicht nur die Erzeugung von Strom. Das heißt konkret, dass beim weiteren Ausbau der Alternativ-Energien passgenauer geplant werden müsse. Hubert Weiger macht dies vor allem anhand der Nutzung der Biogasanlagen deutlich.

    "Damit tatsächlich die Wärme, die zwangsläufig bei der Stromproduktion mit erzeugt wird, auch genutzt wird. Das geschieht über die Kraft-Wärme-Kopplung. Große Biogasanlagen gehören deshalb nicht in die freie Landschaft, sondern in Industrie- und Gewerbegebiete. Damit tatsächlich auch die dort erzeugt Wärme optimiert genutzt werden kann. Wir müssen zudem planvoller mit der Landschaft umgehen. Hier geht es auch um eine Qualitätsplanung bei der Nutzung der Windkraft-Standorte. Hier sind vor allem Ministerpräsidenten und die Länder gefordert."

    Ein weiterer Kritikpunkt ist der Klimaschutz. Greenpeace beispielsweise betont die Richtigkeit der deutschen und auch europäischen Klimaschutzziele, vermisst aber in diesem Zusammenhang entsprechende Richtungsentscheidungen. So müssten in den kommenden Jahren die Emissionen noch einmal um 15 Prozent gesenkt werden, damit das 40-Prozent-Gesamt-Ziel bis 2020 erreicht werden kann. Roland Hipp, Kampagnenleiter bei Greenpeace.

    "Aus Sicht von BUND und Greenpeace sollten keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. Wir haben dies nicht mehr nötig und wir können uns das auch nicht mehr leisten. Wenn wie Klimaschutzziele einhalten wollen – 40 Prozent weniger Emissionen bis 2020 – dann können wir künftig keine Kohlekraftwerke mehr bauen."

    Und man müsse auch über eine Aufstockung der finanziellen Mittel nachdenken, sagt Hipp. Die Energiewende sei nicht zum Nulltarif zu haben – und gerade bei Maßnahmen zur Energieeffizienz zeige sich dies ganz besonders. So müssten beispielsweise die gegenwärtigen Fördergelder von 1,5 Milliarden Euro jährlich für die energetische Gebäudesanierung aufgestockt werden.

    Es gibt somit viele Baustellen auf dem Gebiet der Energiewende. BUND und Greenpeace hoffen nun auf einen neuen Schub durch den neuen Umweltminister, empfehlen aber gleichzeitig der Bundeskanzlerin, dieses große Thema auch zur Chefsache zu machen – und gemeinsam innerhalb der Bundesregierung an einem Strang zu ziehen.

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