Dienstag, 16. April 2024

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Ein Jahr nach dem Anschlag
Barcelona gedenkt der Opfer des Terrors auf den Ramblas

Ein Jahr nach dem Terroranschlag auf den Ramblas, die berühmteste Flaniermeile Barcelonas, wird heute der Opfer gedacht. 14 Menschen kamen damals ums Leben. Bei vielen Bewohnern hält das Trauma aber an. Ihr Vorwurf an die Behörden, um die Menschen mit Spätfolgen werde sich nicht ausreichend gekümmert.

Von Christopher Plass | 17.08.2018
    Zahlreiche Menschen stehen am 19.08.2017 auf der Flaniermeile Las Ramblas in Barcelona (Spanien) im Kreis um niedergelegte Blumen und Kerzen.
    Vor einem Jahr in Barcelona: Nach dem Terroranschlag gedenken Menschen auf den Las Ramblas der Opfer (dpa / Matthias Balk)
    Irgendwann hat Jaume Doncos Chopin aufgelegt. Um die Leute zu beruhigen, die sich damals in seinen kleinen Musikalienladen geflüchtet hatten - in die Casa Beethoven. Nicht weit vom Schauplatz des Terrors am 17. August. Als ich Jaume aufsuche, ist auch Laurent aus Paris gerade da. Er war damals einer von denen, die sich in Panik in dem kleinen Laden von Jaume drängten:
    "Er hat uns Wasser gegeben, und Kekse. Und er hatte WLAN für uns, so dass wir unsere Familien informieren konnten", erzählt Laurent, sichtlich berührt.
    Auf der anderen Straßenseite der Ramblas von Barcelona arbeitet Claudia als Kellnerin. Auch hier suchten Passanten in den chaotischen Minuten gegen fünf Uhr nachmittags Zuflucht. Die Rolläden wurden schnell heruntergelassen. Niemand wusste, was draußen geschah:
    "Wir waren ungefähr fünf Stunden eingesperrt", berichtet Claudia.
    Trauma hält an: "Ich höre den Aufprall der Menschen"
    Am Schlimmsten sind bis heute die dran, die Angehörige verloren haben oder dem Lieferwagen damals auf den Ramblas knapp entkommen konnten. Das Trauma hält an: Susana Lopez beispielsweise merkt man an, wie tief der Schock bis heute sitzt.
    "Ich sehe, wie der Wagen im Zickzack fährt. Ich höre den Aufprall der Menschen", so ihre angstvolle Schilderung.
    Schnell kommen bei ihr schlimme Erinnerungen hoch, so wie bei Edita Cedono. Auch sie hat alles gesehen, ihr Leben habe sich total verändert:
    "Ich habe keine Kraft mehr, ich bin so traurig", schluchzt Edita.
    Selbsthilfegruppen versuchen bis heute, den Opfern mit Traumata psychologische Hilfe zu besorgen. Sie beklagen, dass die Behörden sich um die Menschen mit Spätfolgen nicht ausreichend kümmern würden. Überhaupt: in Katalonien sei der Anschlag viel zu schnell aus den Schlagzeilen verschwunden. Weil sich polititisch ab dem Herbst letzten Jahres in Katalonien alles um die angestrebte Unabhängigkeit drehte und das Land in eine politische Krise stürzte.
    Chopin gegen den Terroralarm
    Heute findet das Gedenken auf den Ramblas statt: eine bescheidene Zeremonie mit Musik, ohne große Ansprachen. Der König wird kommen. Die katalanischen Nationalisten wollen daher nicht an dem zentralen Gedenken teilnehmen, weil sie die Monarchie ablehnen. Man hofft, dass die Andacht nicht durch Pfiffe gegen den König gestört wird.
    Und haben sich die Ramblas verändert? Es gibt jetzt Sicherheitspoller an den Rändern. Für eine offizielle Gedenktafel am Ort des Schreckens hat es bisher nicht gereicht.
    Kellnerin Claudia sieht es so: "Es ist wieder normales Leben, eher mehr Touristen."
    Jaume aus dem Musikladen "Casa Beethoven" wird nicht zur Gedenkfeier um die Ecke gehen. Er meint, das sei eine Inszenierung für die Medien, eine Show. Jaume bleibt in seinem kleinen Laden, wo am 17. August letzten Jahres Chopin ertönte, als draußen Terroralarm war.