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Ein Machtkampf aller gegen alle

In der libyschen Stadt Sirte beginnt an diesem Samstag eine Friedenskonferenz für die sudanesische Krisenprovinz Darfur. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union soll nach Angaben des UN-Darfur-Gesandten Jan Eliasson versucht werden, zumindest ein Ende der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung sowie eine Rückkehr der Vertriebenen zu erreichen.

Von Esther Saoub und Rainer Sütfeld | 26.10.2007
    Am Abend des 29. September, mitten im Fastenmonat Ramadan, stoppen gut 30 Fahrzeuge, beladen mit mehreren Hundert Kämpfern, vor dem Militär-Stützpunkt Haskanita im Norden Darfurs. Im Innern des Camps haben rund hundert Soldaten der Afrikanischen Union gerade das Fastenbrechen beendet. Zunächst können sie den Angriff abwehren. Dann werden sie in einer Ecke des Camps zusammengedrängt und feuern nur noch ziellos in die Nacht, bis ihre Munition zu Ende ist. Zehn Soldaten sterben, andere fliehen in den Busch. Die Angreifer plündern das Lager.
    Ein Überfall wie dieser ist symptomatisch für die chaotische Situation in Darfur, sagt der ägyptische Journalist und Politologe Hani Raslan. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem immer komplizierteren Machtgefüge in der Krisenregion, in der die Rebellen inzwischen zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, um auf sich aufmerksam zu machen:

    Raglan: "”Es gibt ein Wettrennen oder einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Rebellengruppen: Jede Fraktion will von den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union als rechtmäßige Partei anerkannt werden. Eine Partei, die das Recht hat an Verhandlungen teilzunehmen, denn dann hat die Gruppe ihr Auskommen. Sollte ein Abkommen zustande kommen, werden Entwicklungsgelder verteilt, und politische Posten. Jede Rebellengruppe will ein Stück vom Kuchen haben. Das war auch das Hauptmotiv für den Angriff auf die AU in Haskanita: Eine der Splittergruppen wollte damit sagen: "Hier sind wir und wir wollen einen Platz am Verhandlungstisch." Das war ihr Motiv.""

    Eine Woche nach dem Überfall wird Haskanita von einer anderen Gruppe geplündert und zerstört. Mindestens 7000 Menschen fliehen aus der Stadt. Gleichzeitig brechen etwas weiter östlich Kämpfe aus, in einer Stadt, die von Rebellen kontrolliert wird. Bilanz: mindestens 45 Tote. Auch in einem Flüchtlingslager in Süddarfur geraten die Bewohner aneinander: mindesten fünf Menschen sterben. Am Anfang des Konflikts vor vier Jahren haben arabische Janjawid-Milizen – finanziert von der Regierung – die Bevölkerung terrorisiert. Dieser Streit um Wasser und Weideflächen, zwischen Nomaden und Sesshaften hat über 250 000 Menschen das Leben gekostet und sich allmählich in einen Machtkampf aller gegen alle verwandelt. Klare Fronten gibt es in Darfur seit Jahren nicht mehr. Johan van der Kamp, Regionalkoordinator der deutschen Welthungerhilfe im Sudan, beschreibt per Handy aus Khartoum das tägliche Chaos, in dem seine Organisation arbeitet:

    "Die Grenze zwischen - was eigentlich Rebellenbewegung ist und was kriminelle Banden sind - die Grenze ist schon lange nicht mehr sichtbar. Das heißt, wir haben es hauptsächlich mit kriminellen Banden zu tun, die dann die Hilfsorganisationen und die Bevölkerung terrorisieren. Und wir wissen einfach nicht mehr, zu welchen Rebellengruppen oder anderen Militäreinheiten sie gehören. Und auch die politische Ebene; es ist einfach so, dass man überhaupt nicht mehr weiß, wer jetzt noch die Macht hat, um bestimmte Gruppen zu repräsentieren."

    26 rivalisierende Rebellengruppen gibt es mittlerweile in Darfur; hervorgegangen aus zwei Organisationen, der islamistischen Bewegung für Gleichheit und Gerechtigkeit, und der säkularen Sudanesische Befreiungsbewegung SLM. Ein Teil dieser SLM hat mit der Regierung in Khartoum Frieden geschlossen. Der Führer des anderen Teils, Abdel Wahid Nur, hat aus dem Pariser Exil mitgeteilt, er werde an keiner Friedenskonferenz mehr teilnehmen, so lange die Regierungstruppen in Darfur Angriffe fliegen und die Reitermilizen aufrüsten:

    Nur: "”Wenn wir die Gespräche mit der Regierung wiederholen, sind wir entweder dumm oder wir missachten das Leben unseres Volkes. Denn jemanden, der das Leben meines Volkes und dessen Sicherheit nicht respektiert, den kann ich meinerseits auch nicht achten, egal wer es ist. Ich will wirklichen Frieden und der beginnt mit Sicherheit. Ohne Sicherheit wird der ganze Prozess scheitern.""

    Doch der Frieden hängt längst nicht mehr nur von der Regierung in Khartoum ab. Die Rebellen untereinander sind nicht nur politisch zerstritten, sie fechten auch uralte Stammeskonflikte aus. Zusätzlich mischen sich die Nachbarstaaten Tschad, Libyen und Zentralafrikanische Republik ins Geschehen, sie befürchten, dass die Darfur-Krise sich ausweiten könnte. Und auch die Regierung in Khartoum greift nicht nur militärisch ein, sondern beeinflusst zudem die Rebellengruppen – nach dem Prinzip "teile und herrsche", erklärt der Politologe Hani Raslan:

    "Der Geheimdienst hat die Rebellen durch heimliche Kontakte ermutigt, sich abzuspalten. Diese Teilung nutzte die Regierung aus, um weitere Konflikte zwischen den Rebellengruppen zu schüren und auf diese Weise deren Verhandlungsposition zu schwächen. Doch damit hat Khartoum es unmöglich gemacht, eine politische Lösung zu finden: Keine Gruppe, die sich mit der sudanesischen Regierung an den Verhandlungstisch setzt, wird in der Lage sein, ein dort geschlossenes Abkommen zu Hause umzusetzen. Es ist eine offene und fortgesetzte Krise entstanden, die die Einheit der sudanesischen Regierung bedroht, und das gesamte Land in Gefahr bringt, auseinander zu brechen."

    Nach Ansicht des Menschenrechtsanwalts Salih Osman, der in Darfur für Flüchtlingsrechte kämpft, können die Rebellen längst nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten.

    Osman: "”Die Millionen von Betroffenen in den Flüchtlingslagern sollten an künftigen Verhandlungen teilnehmen, ihre Stimmen sollten gehört werden. Rebellengruppen, die intern zersplittert sind, bringen nicht unbedingt die Forderungen der Bevölkerung Darfurs zum Ausdruck. Einigen von ihnen geht es nur um Posten oder Titel. Ich denke, es ist Zeit für die internationale Gemeinschaft, die Stimmen derjenigen zu berücksichtigen, die ein wirkliches Interesse daran haben, die Krise zu beenden.""

    Omar Ihsas, einer der bekanntesten Sänger Darfurs, singt seit zehn Jahren für den Frieden in seinem Land – in seiner Großen Heimat Sudan, wie er sagt, und in der kleinen Heimat Darfur.

    Ihsas: "Meine liebe Mutter Darfur, Trennung passt nicht zu uns. Wir sind alle in deinem Schoss aufgewachsen und haben fröhlich im Wohlstand gelebt. Was uns nun passiert, wäre nie geschehen, wenn wir aufgepasst hätten.”"

    Niemand wollte auf ihn hören, als er die Menschen vor dem Konflikt gewarnt hat. Heute tritt Omar Ihsas in Flüchtlingslagern auf: Er singt für alle Ethnien und Stämme, ob in Khartoum, Kairo oder Europa. Er verkündet seine Vision vom Frieden:

    ""Die einzige Lösung ist, alle an einen Tisch zu setzen, und einen Weg zu finden, wie wir zusammenleben können. Eine sehr schwierige Aufgabe, nach allem was passiert ist, nach all den Verbrechen und der Gewalt zwischen den Gruppen. Dennoch: Als Künstler verliere ich nie die Hoffnung! Ich werde nicht aufhören, für eine Vereinigung aller zu singen, bis zum letzten Atemzug..."

    Genau so verzweifelt optimistisch wie der Sänger sind auch die Hilfsorganisationen, die die mittlerweile rund vier Millionen Flüchtlinge mit Lebensmitteln versorgen. Die deutsche Welthungerhilfe ist seit drei Jahren vor Ort. Sie verteilt Nahrung und unterstützt rückkehrwillige Flüchtlinge. Noch erreicht die Organisation jeden Monat eine halbe Million Menschen. Doch die Bedingungen werden täglich schwerer.


    Regionalkoordinator Johann van der Kamp: "Für uns heißt es konkret, dass wir nicht mehr mit unserem normalen Geländewagen überhaupt noch in unsere Gebiete fahren können. Wir sind vielmehr auf die Unterstützung der Helikopter der UN angewiesen. Und wir benutzen jetzt unsere Lastwagen, um überhaupt Personal zu transportieren. Es ist zu gefährlich, um mit einem normalen Geländewagen durch die Gebiete zu fahren und wenn die Situation sich verschlechtert oder wenn einer unserer Mitarbeiter – oder sogar mehrere – zu Schaden kommen, dann müssen wir die ganze Operation von uns aus stilllegen. Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt, aber wir sind fast tagtäglich an unserer Grenze."

    Vor kurzem wurden drei Fahrer des Welternährungsprogramms in ihren Lastwagen erschossen, die Ladung gestohlen. Mehrere Hilfsorganisationen haben sich im letzten Jahr nach ähnlichen Überfällen ganz aus Darfur zurückgezogen und auch "Ärzte ohne Grenzen" musste eine Medizinstation schließen, weil es zu gefährlich wurde.

    Doch wenn die Hilfsorganisationen gehen, bleibt die Bevölkerung allein zurück. Täglich, so schätzt UNICEF, sterben in Darfur 75 Kinder durch Hunger, Krankheiten und Gewalt. Die 7000 Soldaten der Afrikanischen Union, die eigentlich für Frieden sorgen sollten, müssen mittlerweile um ihr eigenes Leben fürchten. Der Ruf nach UN-Truppen wird immer lauter, Menschenrechtsanwalt Osman:

    "Was die Einwohner Darfurs brauchen, ist Schutz, den Schutz von UN-Truppen, die Afrikanische Union reicht nicht aus."

    Kamp: "Es wird jetzt eine Friedenstruppe gebraucht und nicht erst in einem Jahr. Die Situation ist jetzt schlecht, und sie entwickelt sich immer schlechter."

    Hani Raglan: "”Es ist sehr wichtig, ein Friedensabkommen zu erreichen, bevor die internationalen Truppen eintreffen. Wenn die UN-Soldaten nach Darfur kommen, ohne dass es einen Friedensvertrag gibt, wird der Bandenkrieg weitergehen, und die Truppen werden zum Ziel für Anschläge, genau wie in Somalia. Wenn die Soldaten dann ihrerseits zu den Waffen greifen, um sich zu verteidigen, rufen sie damit weitere gewalttätige Reaktionen hervor. Die "amerikanisch finanzierte Besetzung eines muslimischen Landes" wird dann weitere Widerstandsgruppen entstehen lassen. Die ganze Situation könnte eskalieren, denn um Darfur herum, im Norden des Tschad und in Südlibyen, gibt es Zellen von Al-Kaida.""

    Ein Szenario, das dringend nach einer Lösung verlangt. Doch es ist ein Teufelskreis: Ohne eine politische Einigung gibt es keine Sicherheit, ohne Sicherheit weigern sich die Rebellen zu verhandeln. Je länger diese Situation andauert, desto mehr Gruppen streiten sich um die Macht in Darfur. Während die, um die es eigentlich geht, in ihren armseligen Lagern verhungern oder zwischen den zahllosen Fronten zerrieben werden.

    "Im Sudan spielt sich in Darfur eine Tragödie ab."

    Sprach Berlins einstiger UN-Botschafter Gunter Pleuger, nachdem Deutschland das Thema Anfang 2004 erstmals in den Sicherheitsrat gebracht hatte.

    Kofi Annans Stellvertreterin Louise Fréchette mahnte nach 100.000 Toten, dass etwas schrecklich in Darfur vorginge. Generalsekretär Annan selbst warnte vor einem zweiten Ruanda, schnelles Eingreifen sei nötig. Die EU sprach von einem drohenden Genozid, forderte Sanktionen, wenn es keinen positiven Fortschritt gäbe.

    Und der damalige US-Botschafter Danforth versprach, dass sich das oberste UN-Gremium weiter mit Darfur beschäftigen werde, dass dies Thema nicht vom Hufeisentisch fallen dürfe. Ist es auch nicht, ganz im Gegenteil: Auch über 150.000 Tote später folgt Sudanbericht auf Sudanbericht, einer trostloser als der andere. Politischen Druck gab es in der 15er Runde zunächst nur aus Washington, war die Runde der Vetomächte doch auch hier gespalten, konnte und kann sich das Regime in Khartum doch auf die schützende Hand Pekings verlassen. Chinas UN-Botschafter Wang würde diese immer heben, würde sein Veto einlegen, wenn es zu Sanktionen gegen den Ölstaat Sudan kommen sollte.

    Es war nie der richtige Moment für Wang, zunächst nicht für Resolutionen, dann nicht für einen wirklich robusten UN-Einsatz unter Kapitel 7 der UN-Charta – und schon gar nicht für Sanktionen. Ein Grund dafür, warum ‚windelweich’ noch ein zu hartes Wort für die ersten Sicherheitsrats-Schritte in Sachen Darfur wäre. Wärend die humanitäre Hilfe im Laufe des Jahres 2004 anfing zu greifen, war der Rat blockiert. Was den damaligen recht undiplomatischen US-Botschafter zur Verzweiflung und später zur Aufgabe seines Amtes trieb.

    Jeder der fünf Vetomächte kann sein Veto einlegen, aber jeder der es tut, muss die weitergehende Tragödie von Darfur erklären. Wenn sich jemand von dieser Verantwortung abkehren will, sich einfach zurücklehnt oder es gibt Leute die sterben; von Hubschraubern aus niederschießen und vergewaltigen lassen will. Ich wüsste nicht, wie man das erklären könnte.

    Die Entsendnung von ein paar 1000 schlecht ausgebildeten und noch schlechter ausgerüsteten Soldaten unter der Flagge der Afrikanische Union schien ein billiger Ausweg aus diesem Verantwortungs-Dilema. Dass der den neuen Opfern und Millionen Flüchtlingen teuer zu stehen kam, erkannte niemand schneller als Kofi Annan. Er, der die Verpflichtung zu Schützen,
    nach Ruanda als neue Grundlage für Blauhelmeinsätze auch bei innerstaatlichen Konflikten wie im Sudan geschaffen hatte, er sah die Schutzlosen und forderte eine wirkliche
    Friedensmission für die Krisenregion:

    Ich möchte eine hochmobile Truppe in Darfur sehen. Solch eine Truppe verlangt nach der Teilnahme von Regierungen mit optimal ausgebildeten Einheiten und guter Ausrüstung. Es ist nicht einfach möglich, für mächtige Staaten mit Armeen, dies an Dritt-Welt-Länder zu delegieren. Sie haben ihre Rolle zu übernehmen, wenn wir das Blutbad stoppen wollen, das wir in Darfur sehen.

    Kofi Annan im Januar 2006. Selbst wenn damals die Regierung in Khartum einem solch massiven UN-Einsatz zugestimmt hätte oder wenn der Sicherheitsrat den Mut gefunden hätte, gegen den Willen der mitschuldigen sudanesischen Machthaber, gegen die Reitermilizen vorzugehen, die mächtigen Staaten mit ihren Armeen - allen voran die USA - hätten und haben eine Teilnahme abgelehnt; ließen den lauten Worten keine Taten folgen.

    So wurde Annans Forderung mehr und mehr verwässert. Hybridtruppe hieß das neue Zauerberwort und sollte umschreiben, dass die Fußtruppen überwiegend aus Afrika kommen
    und die mächtigen Staaten für Infrastruktur und Mobilität sorgen sollten. Selbst dagegen sträubte sich Khartum noch heftig, wohl wissend, dass der Druck aus New York nicht zu groß werden würde. Annans Nachfolger setzte auf Diplomatie, machte Darfur zur Chefsache und bejubelte die endlich beschlossene Hybridtruppe aus Blauhelmen und Afrikanischer Union.

    "Wir senden ein klares und machtvolles Zeichen für unsere Verpflichtung, das Leben der Menschen in der Region zu verbessern und dieses tragische Kapitel in Sudans Geschichte zu schließen."

    Ban Ki-Moon mag an sein diplomatisches Geschick geglaubt haben, als er selbst mit Sudans Präsident Bashir verhandelte, mag den Zusagen hinter verschlossenen Türen zu Khartum geglaubt haben, die Realität sieht anders aus. Das Regime erfüllt weder UN-Resolutionen, noch beeilt es sich Friedensprozess und Friedenstruppen zu unterstützen. Auch heute noch nicht. Mit Nachdruck pochte Khartum darauf, dass die neue Darfur Truppe afrikanisch sei - und zwar, wie der Außenminister im September auf dem UN-Gipfel forderte, 190-prozentig - was, so sein UN-Botschafter, nicht verhandelbar sei.

    "95 Prozent der Truppen stehen bereit, und natürlich sind alle afrikanisch. Dass zeigt den afrikanischen Charakter der Mission – und da gibt es keine Kompromisse."

    So lehnte Khartum jüngst Soldaten aus Skandinavien schlicht ab. Und die Weltgemeinschaft nahm es hin. Der Truppenstellerkonferenz fehlt so immer noch ein Hauptbestandteil: die Mobilität. Hubschrauber, Transportflugzeuge und schnelle, militärische Geländefahrzeuge bringen die afrikanischen Truppen jedenfalls nicht mit in das Gebiet, das so groß ist wie Frankreich. Wie die USA, drängelt sich auch die EU nicht besonders vor. 2500 Soldaten schickt sie - nein nicht nach Darfur - sondern in die Nachbarländer Tschad und Zentralafrikanische Republik, und auch hier 1500 weniger als geplant; mehr Soldaten bekam die Union nicht zusammen. Immerhin sind die EU-Einheiten dort willkommen, während Khartum bisher weder Land noch Zugang für die Hybrid-Truppe zur Verfügung gestellt hat, Überflugrechte und Einsatzgebiet ungeklärt sind. Soweit so schlecht die militärischen Darfur-Bilanz, noch schlechter die politische. Hatte Ban Ki-Moon noch zumindest den Abschluss eines Waffenstillstandes von der Friedenskonferenz in Sirte erhofft,
    den abschließende Weg zu einer Verhandlungslösung signalisiert, dämpfte sein eigener Sondergesandte höchst frustriert - nach monatelangen Verhandlungen - den Optimismus seines Generalsekretärs:

    "Die Probleme, die aufgetaucht sind, die meinen gäenderten Ton - und die Notwendigkeit, die Erwartungen dämpfen zu müssen - erklären mögen, beruhen auf der Realität außerhalb unserer Kontrolle. Die äußeren Umstände waren sehr negativ in den letzten Monaten."

    Man könnte auch sagen katastrophal. Trotzdem seien die Vertreter der Zivilgesellschaft, die Stammesfürsten, die Lagersprecher die, die am ehesten an den Friedensgesprächen interessiert seien und nach Sirte kommen wollten, ganz im Gegensatz zu den wichtigsten Rebellenführern.

    "Die Realitäten haben sich unglücklicherweise in verschiedene Richtungen entwickelt, aber wir müssen den Kurs halten, müssen den jetzigen Status quo akzeptieren. Und ich hoffe sehr, dass die Vernunft siegt."

    Das jahrelange Warten rächt sich nun also, die Taktik Khartums, auf Zeit zu spielen, zahlt sich aus, zerfleischen sich die Gegner doch inzwischen auch untereinander, ist eine Verhandlungslösung zu Ungunsten des Regimes doch unwahrscheinlich. An den Todeszahlen und der katastrophalen Lage der Flüchtlinge, ändert dies jedoch nichts.

    Bekannte Töne - mit Nachdruck ausgesprochen - von einem
    neuen britischen Premierminister. Gewalt und Tragödie sollten zu einem Ende kommen und zwar jetzt.