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Ein Marktplatz für Speicher und Rechenleistung

Im kommenden Jahr will die Deutsche Börse zusammen mit dem Unternehmen Zimory einen Handelsplatz für internetbasierte Speicherkapazitäten und Rechenleistung eröffnen. Die systematischen Schnüffeleien vor allem angelsächsischer Geheimdienste könnten das Geschäft allerdings bremsen.

Von Michael Braun | 06.07.2013
    Zuerst hat er das Netz für seinen Arbeitgeber geknüpft. Für die Deutsche Telekom hat Maximilian Ahrens deren weltweit verteilte Rechenzentren auf einem unternehmensinternen Marktplatz zusammengefasst, die vorhandenen Kapazitäten sozusagen auf einem internen Marktplatz angeboten. Mit dem Know-how hat er sich dann mit Kollegen in der Berliner Zimory GmbH selbständig gemacht. Ab Februar 2014 will die Deutsche Börse zusammen mit Zimory einen internationalen Handelsplatz für Speicherkapazitäten und Rechenleistung, für Cloud-Computing betreiben. Maximilian Ahrens:

    "Das Abrechnungsmodell nach Nutzung – das ist ein wesentlicher Faktor, weil es einfach dazu führt, dass ganz andere Geschäftsmodelle funktionieren können. Und die hohe Flexibilität, die ist auch entscheidend. Ich kann Ressourcen, auch riesige Mengen, dann bekommen, wenn ich sie brauche, ohne große Vorlaufzeiten. Wir reden hier über Tausende von Servern innerhalb kürzester Zeit."

    Wer seine Server einbringen will, muss gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen, etwa bei der Einbruchs- und Ausfallsicherheit. Außerdem muss er natürlich über genügend freie Kapazitäten bei der Rechner- und Speicherleistung verfügen.

    Die Software für den Marktplatz heißt "Zimory Cloud Suite". Sie soll sicherstellen, dass Anbieter und Nachfrager für Cloudcomputing-Infrastruktur flexibel und schnell nach einheitlichen technischen und rechtlichen Standards bedient werden. Sie ist in drei Komponenten aufgeteilt: Kern ist die Handelsplattform, die alle Marktteilnehmer verwaltet und vor allem für die Preisbildung sorgt. Für die Anbieter- und Käuferseite gibt es jeweils eigene Software-Klienten, die angebotene beziehungsweise nachgefragte Ressourcen steuern. Mit diesen Klienten können aber nicht nur Provider und Abnehmer agieren, sondern auch Broker, die als Zwischenhändler für Unternehmen tätig werden.

    Dass sich Anbieter und Abnehmer von Rechenleistungen technisch verstehen, sei kein Problem, meint der Informatiker und Finanzanalyst Ulrich Trabert vom Bankhaus Metzler:

    "Ich sehe technologisch die geringsten Hürden. Auf Basis des Internets können Dienste weltweit auf jeder technischen Einheit, auf jedem technischen Gerät wie PC oder Mobilfunkgeräte oder Tablets angeboten werden."
    Das Internethandelshaus Amazon hatte 2006 den Markt geöffnet, als es seine Rechnerkapazitäten gegen Geld vermietete. Damit dürfte Amazon Web Services dieses Jahr 3,8 Milliarden Dollar umsetzen. Der Weltmarkt für Rechenkapazitäten im Netz wird dieses Jahr auf gut 130 Milliarden Dollar, der deutsche auf nur 7,4 Milliarden Euro geschätzt. Die systematischen Schnüffeleien vor allem angelsächsischer Geheimdienste dürften das Geschäft bremsen, aber nicht zerstören, meint Trabert:

    "Es gibt möglicherweise aufgrund der Ereignisse mehr Bedenken als vorher. Allerdings sehe ich den Trend in seiner Dimension ungebrochen. Ich glaube, die Risiken müssten den IT-Entscheidern weitgehend bekannt sein. Daran hat sich nicht viel geändert. Denen stehen Vorteile gegenüber wie Effizienzgewinne oder zusätzliche Funktionalität. Und es gilt nach wie vor, diese eben abzuwägen."

    Die Deutsche Börse und ihr Partner Zimory setzen für den Handel mit frei verfügbaren Rechnerkapazitäten zwar Standards - juristische etwa, damit Verträge per Mausklick abgeschlossen werden können -, aber eigene Sicherheitstechnologien entwickeln sie nicht. Sie lassen aber zum Beispiel das eigene Marktplatzsystem zertifizieren und verlangen dies auch von den Anbietern von Rechenkapazitäten. Dazu haben sie den TÜV Rheinland ins Boot geholt. Der vergibt das Zertifikat "Certified Cloud Service" und orientiert seine Prüfarbeit sowohl an den Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes als auch am Informationssicherheits-Managementsystem nach ISO 27001 und am IT-Grundschutz des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Dennoch, sagt der Cloud-Vermarkter von der Deutschen Börse, es müsse ja nicht alles in die Cloud:

    "Es gibt ganz viele Workflows, die heute in der Cloud ausgeführt werden, die sind jetzt nicht super sicherheitsrelevant. Es gibt Sachen, die sind sehr sicherheitsrelevant, personenbezogene Daten – das muss auch jedes Unternehmen im Zweifel selbst entscheiden: Werden die in der Cloud ausgeführt oder werden die bei sich im Rechenzentrum ausgeführt."

    Die ersten Nutzer, die early adopter, mit denen das System nun erprobt wird, kommen aus der IT-, der Auto-, Luftfahrt- und Beratungsbranche. Genannt wurden die Telekom-Tochter T-Systems, CloudSigma, Devoteam, Equinix, das Leibniz-Rechenzentrum oder auch der Zertifizierer TÜV Rheinland.