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Ein Meister der noblen Salon-Musik

Zu den bedeutendsten Cellisten des 19. Jahrhunderts gehörte David Popper aus Prag - ein Mann, der schon in jungen Jahren in den europäischen Metropolen gefeiert wurde. Er hinterließ nach seinem Tod am 7. August 1913 eine ansehnliche Schatztruhe von Salon- und Charakterstücken.

Von Frieder Reininghaus | 07.08.2013
    Pablo Casals, Maurice Gendron und andere große Cello-Virtuosen des 20. Jahrhunderts schätzten den Kollegen David Popper. Sie würzten ihre Solo-Recitals nicht selten mit dessen brillanten und ländlich-böhmisch-charakteristischen Salon-Stücken. Im April 1925 zum Beispiel spielte Casals das "Chanson villageois" aus op. 62 ein.

    Popper war ein Mann des eleganten Tons und des bürgerlichen Salons, weder homme de lettre noch ein symphonisch oder gar auf dem Feld der Oper ambitionierter Komponist. Er verstand sich als musikalischer Handwerker und avancierte, nicht zuletzt von Johannes Brahms immer wieder bei (Ur-) Aufführungen eingesetzt, zum Spitzen-Interpreten. Er war und blieb, wenn er selbst zur Feder griff und Cello-Konzerte oder -Piècen schrieb, ein "anwendender" Künstler mit Gespür für den Zeitgeschmack nicht nur einer kleinen Elite.

    "Popper verfügte über eine geschliffene Technik, einen vollen, warmen Ton und eine klassisch geprägte stilsichere Musikauffassung",

    resümierte Lynda LLyod Rees im klassischen Grove’s Lexikon.

    "Er publizierte mehr als sechs Dutzend Kompositionen, die Mehrzahl von ihnen für sein Instrument (darunter vier Cellokonzerte); sie sind zwar nicht besonders tiefschürfend, aber allemal melodiös und mit einer eigenen Idiomatik ausgestattet."

    Geboren wurde der nachmalig in ganz Europa bekannte Cellist Popper 1843 als Sohn eines Synagogen-Kantors in Prag, ausgebildet am dortigen Konservatorium. Als Hans von Bülow den 18-Jährigen auf dessen erster Deutschlandtournee hörte, diente er sich ihm spontan als Klavierbegleiter an und verschaffte ihm die Stelle eines Kammervirtuosen der fürstlich-hohenzollerschen Kapelle zu Löwenberg in Schlesien. Das Wiener Konzert-Debüt 1867 wurde mit der Ernennung des gerade 25-Jährigen zum Solocellisten des Hofopernorchesters honoriert.

    Mit Leidenschaft widmete sich Popper der Kammermusik und wurde Mitglied im Wiener Helmesberg-Quartett. Um sich verstärkt dem Konzertieren und dem für ihn höchst lukrativen Unterrichten widmen zu können, nahm er bereits 1873 beim Hofopernorchester seinen Abschied und tourte mit seiner ersten Frau, der Pianistin Sophie Menter, durch Europa.

    Von ihr trennte er sich 1886, heiratete die 23 Jahre jüngere Olga Löbl und ging als Dozent an das Konservatorium in Budapest, wo er auch mit dem Geiger Jenö Hubay ein neues Streichquartett gründete, das drei Jahrzehnte lang auf seinem Terrain die Führungsrolle behauptete. Popper betätigte sich nebenbei vielfältig als Arrangeur. Zum Schluchzen schön zum Beispiel seine Fassung von Anton Rubinsteins "Melodie in F" – mit Casals.
    Die Instrumental- und Bearbeitungs-Künste David Poppers, der am 7. August 1913 in Baden bei Wien starb, gehören einer Sphäre an, die als authentische Kultur mit dem Ersten Weltkrieg zerstoben ist und nurmehr in Nostalgie-Häppchen überdauert. Nicht überlebt haben auch die Nachfahren – die Witwe und ihre Angehörigen wurden in deutschen Konzentrationslagern umgebracht. Zum versunkenen Archipel der noblen Salon-Musik gehört das Stück, das in der angelsächsischen Welt als Poppers Hauptwerk gilt:

    "In London gab Popper 1891 erstmals ein Konzert, bei dem er auch sein Requiem für drei Celli op. 66 uraufführte; es ist bis heute eine seiner bekanntesten Arbeiten geblieben."