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Ein Oldie im Weltall

"Pioneer 10" ist noch immer unterwegs. Gestartet am 2. März 1972 war es Aufgabe der Sonde, den Jupiter zu erkunden. Sie übertrug erstmals Daten und Fotos des Planeten. Dann flog sie weiter. Ein letztes Signal erreichte die Erde vor neun Jahren.

Von Anke Wilde | 02.03.2012
    Schon seit dem Altertum fasziniert der Jupiter als eines der hellsten Objekte am nächtlichen Himmel die Menschen. Zusammen mit seinen 65 bislang bekannten Monden umrundet der Planetenriese die Sonne. 1969 nahm die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA den Jupiter ins Visier. Nachdem Forschungsmissionen zum Mars und zur Venus geglückt waren, sollten nun zum ersten Mal zwei Raumsonden ins äußere Sonnensystem vordringen. Am 2. März 1972 startete die erste von ihnen vom Cape Canaveral: Pioneer 10. Mit 50.000 Kilometern pro Stunde näherte sie sich dem Jupiter. Dabei war längst nicht klar, ob Pioneer 10 ihr Ziel überhaupt erreichen würde. Zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter nämlich liegt ein Asteroidengürtel mit Millionen von Gesteinsbrocken.

    Zudem wurde Pioneer 10 vom Boden aus gesteuert, und die Bordtechnik war längst nicht so ausgefeilt wie bei späteren Raumfahrtmissionen. Die Befehle mussten in kleinen Paketen zur Sonde geschickt werden, und bis von der Sonde eine Antwort kam, verging einige Zeit. Ulrich Köhler, Planetenforscher beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:

    "Das Funksignal bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 300.000 km/s durch das Weltall, und nun ist der Jupiter 700 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt. Das heißt, jedes Signal braucht eine halbe Stunde, bis es dort ankommt, und dann muss die Sonde das Signal verarbeiten und eine Bestätigung zu Erde schicken, und das dauert dann wieder eine halbe Stunde."

    Doch der Flug durch den Asteroidengürtel gelang ohne Zwischenfälle, und nach zwanzig Monaten erreichte die Sonde das Jupitersystem. Über 500 Fotos vom Jupiter und seinen Monden wurden aufgenommen. Der innerste der großen Monde, Io, entzog sich allerdings der Kamera: Die extreme Strahlung des Planeten führte dazu, dass die Sonde vorübergehend keine Befehle von der Bodenstation verarbeiten konnte.

    Die Mission brachte eine Flut von Erkenntnissen. Erstmals konnte das Magnetfeld des Planeten vermessen werden. Ebenso erhielten die Wissenschaftler Daten über den Teilchenstrom des Sonnenwindes und über die chemische Zusammensetzung des Jupiter, der vor allem aus Wasserstoff und Helium besteht. Zudem bestätigte sich, was die Forscher bereits vermutet hatten:

    "Dass der Jupiter mehr Energie abstrahlt, als er von der Sonne empfängt, nämlich zweieinhalb mal mehr Energie, das heißt, er hat eine Wärmequelle im Inneren. Und das bestätigte Überlegungen, dass, wenn der Jupiter nur wenig größer, etwa zwanzig Mal größer geworden wäre, dann wäre er zu einer zweiten Sonne vielleicht geworden."

    Am 4. Dezember 1973 flog Pioneer 10 in einem Abstand von etwa 132.000 Kilometern am Jupiter vorbei. Noch bis zum Neujahrstag 1974 übertrug die Sonde Bilder und Daten des Planeten, dann begann für sie die Reise an die Außengrenzen des Sonnensystems.

    "Als Pioneer praktisch am Jupiter vorbeigeflogen war, wurde die Sonde durch die Schwerkraft dieses Planetenriesen ganz stark beschleunigt, um 90 Grad abgelenkt, das heißt in der Bahnebene fast im rechten Winkel mit erhöhter Geschwindigkeit weggeschleudert. Das war auch so geplant, weil dadurch konnte Pioneer praktisch weiter ins All vordringen."

    Mit der Zeit wurde ein Messinstrument nach dem anderen abgeschaltet, um die Batterien an Bord zu schonen. Im Juni 1983 passierte die Sonde den Planeten Neptun und verließ schließlich das Sonnensystem. Auch weiterhin nutzte die NASA die Sonde, vor allem zur Ausbildung von Bodenpersonal. Längst jedoch waren Missionen mit weitaus besserer Technik zum Jupiter und zu den anderen Planeten des äußeren Sonnensystems gestartet, die zwei Voyagersonden zum Beispiel und Galileo und Cassini.

    Am 23. Januar 2003, nach 31 Jahren Mission, erreichte ein letztes Signal von Pioneer 10 die Erde. Doch die Sonde fliegt weiter in Richtung Aldebaran im Sternbild Stier, einem roten Riesen 68 Lichtjahre von uns entfernt. Für uns stumm, verfolgt Pioneer 10 einen letzten Auftrag. Wie spätere Missionen auch wurde die Sonde mit einer Nachricht an einen eventuellen Finder in den Weiten des Alls versehen. Eine goldene Plakette mit Darstellungen eines Mannes und einer Frau sowie eines Lageplans für das Sonnensystem soll weit entfernten Lebensformen von der Erde und den Menschen künden.