Dienstag, 19. März 2024

Archiv


Ein spanischer Ingenieur im Schwabenland

Über das europäische Job-Netzwerk Eures suchen deutsche Unternehmen im krisengeplagten Spanien nach Fachkräften - mit Erfolg. Jordi García beispielsweise ist aus Barcelona in die schwäbische Provinz gezogen. Dort verdient er mehr als in seiner Heimat - und lernt auch noch schwäbisch.

Von Julia Macher | 02.04.2012
    Jordi García sitzt in einem Großraumbüro im schwäbischen Erdmannhausen, auf dem Bildschirm ein Hardwaremodell, darunter kleben zwei Fotos – eine Erinnerung an Zuhause, seine Frau und seine beiden Söhne, die noch in Spanien leben. Seit Mitte März arbeitet er bei iTronic, einem Unternehmen für Mess-, Prüf- und Automatisierungstechnik.

    In Spanien sei die Krise überall zu spüren, auch beim Optoelektronik-Unternehmen, bei dem er beschäftigt war, sagt Jordi Garcia. Der Umzug nach Deutschland war eine Flucht nach vorn: Hier habe er bessere Entwicklungschancen - und verdiene 700 Euro netto mehr.

    In seinem früheren Job war Jordi Garcia für Fertigung und Arbeitsabläufe verantwortlich, jetzt entwirft er Schaltbilder und Leiterplatten, plant Prüf- und Messgeräte für Kunden aus der Automobilindustrie.

    "An seinem Profil war interessant, dass er ein Macher und Problemlöser ist und diese Aufgabenstellung haben wir hier."

    Sagt Firmengründer und Inhaber Ingmar Troniarsky. Der genaue akademische Werdegang seines neuen Mitarbeiters aus Spanien war für ihn ebenso wenig relevant wie die Frage, ob die Abschlüsse in Deutschland als gleichwertig anerkannt sind.

    Kennengelernt hat Troniarsky Jordi Garcia im Dezember, bei von der Region und der Arbeitsagentur organisierten Rekrutierungstagen. 40 Firmen aus dem Wirtschaftsraum Stuttgart suchten dort nach Fachkräften aus Spanien, den Kandidatenpool hatten die <li_1577094>Eures-Fachagenturen<li_1577094> zusammengestellt. Für den mittelständischen Betrieb die eleganteste Möglichkeit, insgesamt drei Stellen zu besetzen:

    "Wir sind hier mit den ganz Großen in einer Region, die sind zum einen unsere Kunden, aber zum anderen auf dem Arbeitsmarkt unsere Konkurrenten. Ein kleiner Laden wie wir hat es schwer, bei der Anwerbung gegen einen Daimler oder Bosch zu bestehen. Klar beinhaltet es ein gewisses Risiko, andererseits hat man auch schon Erfahrungen gemacht, was die Rekrutierung anbelangt: Wenn man in der Stuttgarter Zeitung eine Annonce schaltet, kostet das 5000, 6000 Euro: Ergebnis Null."

    Die 1500 Euro Vermittlungsgebühr zahlt er gern, er ist sich sicher, dass Garcia und seine beiden Kollegen bleiben.

    "Wenn jemand aus Spanien herkommt und wirklich Haus, Hof und Heimat verlässt, der wird auch nicht bei kleineren Schwierigkeiten sofort aufgeben und sagen, nö, das lass ich jetzt lieber."
    Jordi Garcia gefällt es bisher gut in der schmucken 5000-Einwohner-Gemeinde bei Marbach am Neckar. Lediglich das Schwäbisch mancher Kollegen mache ihm zu schaffen, dafür reiche sein Deutsch-Sprachniveau B1 nicht aus.

    Über Ostern kommt seine Familie zum ersten Mal zu Besuch, der Umzug ist für Juni geplant.

    "Als ich meinem Sohn erzählt hab, dass man in Deutschland nur vormittags in die Schule geht, konnte er das kaum glauben. Er hat gefragt: Ich habe dann den ganzen Nachmittag zum Spielen? Das wird ihm gefallen."

    Seine Frau, eine Grundschullehrerin, hat sich für zwei Jahre beurlauben lassen. So lange wollen sie auf jeden Fall in Baden-Württemberg bleiben. Findet seine Frau einen Job, gerne auch länger.

    Für seine Kinder wird der Dialekt dann kein Problem sein.</li_1577094></li_1577094>