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Ein Traum von fremden Ländern

Wenn einer eine Reise tut, ist die Begeisterung für ein Land manchmal so groß, dass man all die Informationen und Eindrücke auch anderen mitteilen möchte: in einem Reisebuch. Für Reisebuchautoren ist fundiertes Wissen über das Reiseland ist Grundvoraussetzung. Wer sich über einen Reiseführer seinen ersten Trip in ein fernes Land finanzieren will, hat schlechte Karten. Am liebsten sind dem Verlag auch Autoren, die schon mal ein Buch geschrieben haben und wissen, was das bedeutet. Unter anderem nämlich monatelanges Arbeiten am Schreibtisch.

Von Andrea Lueg | 18.08.2005
    " Ich bin ein paar Mal nach Madagaskar gereist, das war neben meiner beruflichen Tätigkeit und hatte nach drei Reisen, glaube ich, so viele schöne Reportagen gesammelt und so viele für mich interessante Themen, dass ich dann dachte, das reicht nicht nur für Zeitungsartikel und Hörfunkberichte, sondern das wäre vielleicht auch für andere Leute interessant, vielleicht mal interessant ein Buch zu schreiben."

    So wie der Journalistin Susanne Roessler geht es vielen Reisebuchautoren: Sie begeistern sich für ein Land und möchten all die Informationen und Eindrücke, die sie auf ihren Reisen gesammelt haben, auch anderen mitteilen. Und durchaus nicht alle Reisebuchautoren sind professionelle Schreiber, erzählt Michael Iwanowski, Geschäftsführer des gleichnamigen Verlages, sondern:

    " Fast alles was sie sich vorstellen können. Das kann ein Bundesbahndirektor sein, wie wir hier jemanden in unseren Reihen haben, das kann eine Künstlerin sein, das kann jemand aus dem Bereich Werbung/Marketing sein, das kann schlicht und einfach eine Hausfrau sein, die früher mal ein Studium gemacht hat."

    Fundiertes Wissen über das Reiseland ist natürlich Grundvoraussetzung. Wer sich über einen Reiseführer seinen ersten Trip in ein fernes Land finanzieren will, hat schlechte Karten. Am liebsten sind dem Verlag auch Autoren, die schon mal ein Buch geschrieben haben und wissen, was das bedeutet. Unter anderem nämlich monatelanges Arbeiten am Schreibtisch:

    " Die Arbeit ist zweigeteilt: Das eine ist das Reisen und recherchieren, das macht natürlich unglaublich viel Spaß, da trifft man ganz tolle interessante Leute und das andere ist wirklich die Fronarbeit, am Schreibtisch sitzen, das sind jetzt 622 Seiten geworden, das ist schon eine ganz harte Disziplinaufgabe und das habe ich mir so auch nicht vorgestellt, ich hatte das Glück und hatte nachher sehr viele Ko-Autoren, ob das Lemurenforscher sind oder Buschpiloten oder der Leiter des Goetheinstituts da, die waren alle bereit, kleine Kapitel mitzuschreiben."

    Als Susanne Roessler 1999 ihren ersten Führer zu Madagaskar veröffentlichte, gab es kaum andere Reiseliteratur zu dem Land. Einerseits ein Vorteil, eine Marktlücke, andererseits macht das auch die Recherche schwieriger, wenn es kaum Informationen gibt. Und zunächst mal müssen Autor und Verlag zusammenkommen.

    " Als ich dann die Idee hatte, ein Buch zu schreiben, bin ich einfach in die einschlägigen Buchhandlungen gegangen und habe mich erkundigt, was sind die besten Reiseführer, die besten Verlage, habe mich erinnert, welche ich selber am liebsten gelesen hatte, und hab dann empfohlen bekommen den Iwanowski Reisebuchverlag, der gefiel mir selber auch gut, der hat ein schönes Layout und war spezialisiert auf afrikanische Länder. Und dann hab ich einfach ganz dreist da hingeschrieben an den Verleger und ihm schon ein Konzept vorgelegt, wie ich mir das vorstellen könnte und der hat spontan zurück geschrieben und gesagt, ja machen wir gerne."

    So glatt klappt das natürlich nicht immer, erzählt Michael Iwanowski. Viele Autoren kommen mit falschen Vorstellungen, manch einer startet mit viel Enthusiasmus, der ihn dann aber schon vor Fertigstellen des Exposes verlässt. Der Verleger gibt viel auf den persönlichen Eindruck. Er will wissen, welche Beziehung jemand zu einem Land hat, denn einen Individualreiseführer zu schreiben heißt, unter Umständen auch mal Stellung zu beziehen, über eine Reiseroute, ein Hotel oder eine Sehenswürdigkeit.

    " Ein Buch lebt ja nicht nur von der Weitergabe von bestimmten Informationen, sondern auch von der Substanz der Erfahrung und Erfahrung das ist was sehr, sehr wichtiges, da verdichten sich Eindrücke und dieses Verdichtete muss ein Reisebuchautor seinem Leser nahe bringen und dann ist es ein fundiertes Urteil über ein Zielgebiet über ein Hotel über ein Restaurant, was auch immer, möglich."

    Jeder Verlag hat ein ganz bestimmtes Konzept für seine Reisebücher, das Korsett für den Autor kann enger oder großzügiger sein. Reisebuchautor, das klingt wie ein richtiger Beruf. Doch Cheflektor Michael Müller meint:

    " Ich weiß es von vielen Autoren, dass sie nur von dem Reisebuch schreiben nicht leben könnten. "

    Wer über Massenreiseziele wie Florida oder Andalusien schreibt, kann mit einer höheren Auflage und damit mit einem höheren Honorar rechnen. Denn das wird meist als Anteil am Verkaufspreis ausgehandelt. Viele Autoren arbeiten außerdem als Reiseleiter oder machen zum Beispiel Diavorträge. Manche müssen auch gar nicht von ihren Büchern leben. Susanne Roessler möchte Madagaskar, ein Land, das sie fasziniert und das auf den Tourismus angewiesen ist, mit ihrem Buch auch unterstützen. Und aus der Beschäftigung mit dem Land, sagt sie, entstehen dann oft weitere Jobs.

    " Es gibt immer die Möglichkeit der Zweit und Drittverwertungen, also wenn man dann wirklich Zeitungen und Hörfunk und wenn's geht dann auch noch einen Film machen kann, also man wird dann ja auch zum Experten zu so einem Land. Und es entstehen auch immer andere Projekte, sei es, dass die Botschaft einen anruft oder irgendwelche andere Sachen, wo man vielleicht am Anfang gar nicht dran gedacht hätte. Im Laufe der Zeit kommt da doch einiges zusammen."