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Ein Twen mit großer Vergangenheit

An diesem Sonntag vor genau zwanzig Jahren stellten Entwickler der International Business Maschine Corporation (IBM) ein neues Produkt vor, das wie kein anderes vor ihm die Welt dramatisch veränderte: Am 12. August 1981 erblickte der PC das Licht der Öffentlichkeit. Doch nicht nur in technischer Hinsicht war das Konzept schon damals in vielen Punkten ein Kompromiss - auch bei der Vermarktung traf IBM Entscheidungen, die dem Unternehmen selbst nicht nur Vorteile einbrachten.

Oliver Buschek |
    "IBM war Anfang der 80er Jahre der absolute Monopolist bei großen Computern und betrieb sozusagen die Computertechnik der Zukunft. Doch beim Einstieg in Produkte für die breite Masse begrüßte beispielsweise Apple – selbst schon fünf Jahre früher mit Kleinrechnern am Markt – IBM mit einer riesigen Anzeige: Welcome IBM", erinnert sich Rainer Korbmann, ab 1981 Chefredakteur der Zeitschrift Chip. Auch der Journalist war damals auf das Debüt des Branchenriesen in der Welt der Mikrocomputer sehr gespannt. Doch das Gerät, das IBM an jenem 12. August 1981 vorstellte, war allerdings in seinen technischen Leistungsdaten schon aus damaliger Sicht wenig beeindruckend: "Der erste IBM-PC besaß noch keine Festplatte, sondern lediglich zwei Floppydisk-Laufwerke mit jeweils gerade 360 Kilobyte Kapazität." Lediglich eine besondere Schnittstelle ermöglichte die Speicherung größerer Datenmengen auf herkömmlichen Tonbandkassetten, wenn auch nur im Schneckentempo. Auch die Rechengeschwindigkeit des verwendeten Mikroprozessors von Intel vom Typ 8086 mutet heute mit seinen 0,7 Megahertz bedächtig an.

    Mit diesen Eckdaten konnten damalige Konkurrenzprodukte, etwa von Apple, Commodore, Sirius oder Tandy, leicht mithalten und waren teilweise sogar überlegen. Trotzdem gehören die meisten dieser Anbieter heute der Computer-Geschichte an. Zwar schlägt sich Apple noch wacker gegen die Intel-Übermacht, doch die heutigen Standards schuf überwiegend IBM. Der wichtigste Grund dafür war, dass schon bald sehr viele Hersteller daran gingen, den PC des Branchenriesen einfach nachzubauen. "Als zwei Jahre später Compaq auf die Bühne trat, wurde damit der Grundstein für den Durchbruch des MS-DOS-Standards und die IBM-Welt geschaffen. Das war äußerst wichtig, denn für nur wenige Tausend Computer hätte niemand die nötigen Programme programmiert", konstatiert Korbmann. Nur weil die so genannten "Kompatiblen" den Massenmarkt in Bewegung setzten und fernöstliche Produzenten massenhaft sehr preiswerte Produkte in Umlauf brachten, wurde das eher konservative IBM-Konzept schließlich zum Industrie-Standard.

    Doch für den Monopolisten in der Welt der Großrechner selbst wurde diese Entwicklung Segen und Fluch zugleich: Denn mit dem Aufkommen der digitalen Klone sank der Marktanteil der eigenen PCs. Dem konnte IBM nichts entgegensetzen, denn auf die im PC verwendete Technik besaß das Unternehmen keinerlei Patente. Zum ersten Mal hatte IBM nämlich mit dem bis dahin "heiligen" Prinzip gebrochen, neue Produkte komplett eigenständig zu entwickeln. "Da das Unternehmen den PC selbst wohl nicht allzu ernst nahm, verließ sich IBM weniger auf eigene Entwicklungen, sondern setzte die Geräte aus Komponenten anderer Hersteller zusammen", so Rainer Korbmann. Damit aber war IBMs Abschied aus dem Zentrum der Computerindustrie eingeläutet. Ein letzter Versuch, die verlorene Vorherrschaft wieder zurück zu gewinnen, war die Baureihe PS2, die viele IBM-eigene Entwicklungen und Patente beinhaltete – ein Nachbau wäre für die preiswertere Konkurrenz zwangsläufig mit Lizenzzahlungen verbunden gewesen. Die Rechung ging jedoch nicht auf und PS2 verschwand weitgehend aus dem Markt.

    Heute ist IBM in diesem Segment nur noch ein Anbieter unter vielen. Den Takt geben heute dagegen jene an, von denen IBM damals die wichtigsten Komponenten für den PC bezog: Intel lieferte den Mikroprozessor und Microsoft das Betriebssystem MS-DOS. Dabei kam Intel nur zum Zuge, weil der wichtigste Konkurrent, Motorola, zu diesem Zeitpunkt Lieferschwierigkeiten hatte. Der damals 25jährige Bill Gates besaß sogar selbst gar kein eigenes Betriebssystem, sondern bewerkstelligte, dass die Firma Sierra Computer Products ihm ihr Produkt QDOS lizenzierte. Das Gates selbst quasi nur als Zwischenhändler fungierte und den Weiterverkauf an IBM anvisierte, verschwieg der geschäftstüchtige Newcomer geflissentlich. "Entscheidender Moment für Microsoft war dabei weniger, dass IBM das Betriebssystem von ihnen bezog, sondern das weitreichende Zugeständnis, das Betriebssystem auch an andere Computerhersteller vertreiben zu dürfen. Ohne dieses Privileg stände Microsoft heute nicht an seiner einzigartigen Marktposition."