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Ein Weinglas voll Europa

Schengen - das steht für guten Wein und große Politik. Am 14. Juni jährt sich zum 25. Mal die Unterzeichnung des Schengener Abkommens - ein Europa ohne Grenz- oder Zollkontrollen.

Von Sabine Wuttke | 13.06.2010
    11.45 Uhr startet das Ausflugsschiff "Princess Marie-Astrid" von Wasserbillig nach Schengen. Links liegen die deutschen Moseldörfer, rechts die luxemburgischen. Hinter der Schleuse bei Grevenmacher beginnen die Weinberge. Auf deren Scheiteln die farbigen Häuser der Winzer, manche von ihnen recken sich wie ein Ausrufezeichen als wollten sie ihren besonderen Standort betonen. Hier ist Schengen! Ein Ort mit 530 Einwohnern, viele davon Winzer wie Henri Ruppert. Der bewohnt ein futuristisch wirkendes Haus, das sich wie eine Kanzel hoch über dem Ort wölbt.

    "Wir schauen jetzt direkt auf Schengen, ins Moseltal. Auf der anderen Seite haben wir Appach in Frankreich, und auf der deutschen Seite haben wir dann Perl. "

    Der Berg gegenüber ...

    "... ist der Stromberg. Er prägt halt hier die ganze Gegend. Und, wenn man von Remich her kommt, da ist er zehn Kilometer entfernt, da sieht man ihn schon, weil es ein relativ spitzer Kegel ist, er ist eigentlich schon bisschen wie der Korken im Flaschenhals hier oben. "

    Ein passender Vergleich, denn um Wein dreht sich auch an der "Moselle luxembourgoise" alles. Bei Henri Ruppert liegt der Weinberg vor der Tür, beginnt gleich hinter dem Swimmingpool. Er selbst schätzt an der Lage im Dreiländereck:

    "Wir sind auch hier in der Gegend kulinarisch verwöhnt, sag ich mal, sonntags, wenn ich Zeit habe, fahre ich meine frischen Baguettes nach Frankreich holen, auf dem Rückweg fahre ich über Perl bringe eine Schwarzwälderkirschtorte mit. "

    Eher die Landschaft rings um Schengen bezauberte schon 1871 einen prominenten Besucher - Victor Hugo. Das Schloss verewigte er in einer Zeichnung, die heute als Weinetikett dient. Das Schloss ist seit diesem Jahr Hotel. Für den dazu gehörenden runden Turm von 1370 will Marcel Göres, der Chef des Schlosshotels, in Zukunft ebenfalls nutzen.

    "Wir wollen ihn im Zustand lassen, genau, wie er innen ist. Da liegen die Blätter drin von einigen Jahren, da sind Spinnengewebe. Ich habe an Personal ausdrücklich Instruktion gegeben, da darf nie was geputzt werden, muss so bleiben."

    Dazu Kerzen- und Fackelschein. In dieser authentischen Atmosphäre aus dem Mittelalter werden sich künftig Winzer der Region mit ihren Weinen präsentieren. Im Dreiländereck Schengen werden das - natürlich - Winzer aus Luxemburg, Frankreich und Deutschland sein.

    "Schauen Sie sich hier die Mosel an, da sehen Sie Deutschland, da sehen Sie Frankreich. Da sehen Sie echt die Dreiländerecke. Und so habe ich insgesamt fünf Etagen. Und überall hat man Aussichtstürme. Hier ist der Interessanteste, und aus diesem Grund möchte ich auch auf dieser Etage den Winzern zur Verfügung stellen."

    Vielleicht ist dann sogar Bürgermeister Roger Weber dabei, denn auch er ist natürlich - Winzer. Im Haus des früheren Schlossverwalters dokumentiert eine Ausstellung von Schwarz-Weiß-Fotos die Geschichte der Schengener Abkommen. Hier empfängt der Bürgermeister und Winzer zu einer Weinprobe:

    "Das ist ein Weißburgunder, und der hat Geschichte hier in Schengen. Und die Schengener Winzer haben eine Eigenart. Sie haben die Weinberge nicht nur in Luxemburg, sie haben die Weinberge in Frankreich und in Deutschland. Wie gesagt, der Wein kennt auch keine Grenzen, das ist ein typischer Schengener Wein, und ich würde jetzt vorschlagen, dass wir den mal probieren, ob das ein Vor- oder Nachteil des Weines ist."

    "Auf letzeburgisch sagt man 'prost'."